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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Tapete eine Symphonie aus Streifen in Kornblumenblau und Ocker. Der Teppichboden war dick, cremefarben und wogend, als würden zarte Winde über ihn streifen. Es gab alle möglichen Vorrichtungen, Steckdosen, polierte Teaktische, Feuerlöscher, alle erdenklichen Zutaten des kultivierten Wohnens.
    Verwirrt und ungläubig fand er Nummer 501 und klopfte an die Tür. Sie öffnete sich unverzüglich, als hätte der Mann, der einen Anzug und allem Anschein nach eine Ascotkrawatte trug, den ganzen Tag die Hand an der Klinke gehabt.
    – Mr Clay, nehme ich an. Er war ungefähr in Alans Alter, glatt rasiert, mit einer Brille auf der Nase und einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen.
    – Hasan?
    – Wie schön, Sie kennenzulernen.
    Sie schüttelten sich die Hände.
    – Ich hatte schon Sorge, Sie hätten sich verlaufen.
    – Das habe ich auch, glaube ich.
    – Kommen Sie herein.
    Seine Wohnung war geräumig und offen und in bernsteingelbes Licht getaucht. Sie nahm die volle Breite des Gebäudes ein, Panoramafenster an Panoramafenster. Die Einrichtung war elegant, glänzendes Parkett, maßgefertigte Teppiche, ein Arrangement von niedrigen Couches und Tischen aus der Jahrhundertmitte, hier und da eine Antiquität als Akzent – ein riesiger Spiegel mit Blattgold und einem blitzförmigen Riss durch die Mitte. Über dem Kamin ein Quartett Zeichnungen von jemandem, der entweder Degas war oder Tänzerinnen genauso zeichnete, wie er es getan hatte. Klassische Musik raunte aus jeder Ecke.
    – Geht es Ihnen gut?, fragte Hasan. Sie sehen aus, als hätten Sie einen Langstreckenlauf hinter sich.
    Alan hörte keine Geräusche vom Korridor und war sicher, dass seine Verfolger nicht hierherkommen würden. Er war weg, in Sicherheit. Das hier war etwas ganz anderes.
    – Danke, ja, sagte er. Bloß die Treppen. Ich bin nicht in Form.
    Alan trat an das Fenster mit Blick aufs Meer und stand dann da und schaute hinaus. Er konnte das Zelt sehen, direkt unten, und es wirkte kleiner, als es aus nur fünf Stockwerken Höhe möglich schien. Dahinter war der Strand, und er konnte genau sehen, wo er seine Tage am Wasser verbracht hatte.
    – Tee?
    Alan drehte sich um, wollte schon antworten.
    Hasan hob eine Augenbraue. – Oder vielleicht etwas Verlockenderes?
    Alan lächelte, weil er das für einen Scherz hielt, aber Hasan stand vor einem gut bestückten Barwagen aus Glas und Gold, eine Hand an einer Kristallkaraffe.
    – Ja, bitte.
    Alan verstand nichts in diesem Land. Er hatte nicht eine einzige Regel gesehen, die konsequent befolgt wurde. Noch wenige Augenblicke zuvor war er inmitten einer Armee verarmter Malaysier gewesen, die sich offenbar in einem unfertigen Gebäude eingenistet hatten, und jetzt war er zwei Stockwerke höher und in der edelsten Wohnung, die man sich nur vorstellen konnte. Und trank Alkohol mit einem Mann, von dem er annehmen musste, dass er Muslim war und einigermaßen einflussreich.
    Hasan reichte ihm ein Glas mit etwas, das aussah wie Scotch, und deutete auf die Couch. Sie nahmen einander gegenüber in einer u-förmigen Anordnung aus weißem Leder Platz.
    – Soooo, sagte Hasan und dehnte das Wort, bis es jede Menge Dinge implizierte, allesamt geschmacklos. Mit einer Bewegung, die Eleganz nur knapp verfehlte, schlug er das linke Bein über das rechte. Hasan hatte etwas leicht Verstörendes an sich, und Alan fand raus, was es war – ein nervöser Tick, genauer gesagt zwei Ticks, die zusammenwirkten. Sein linkes Auge zuckte, woraufhin sich sein Mund verzog, als würde er sich wieder und wieder über die Störung ärgern, die das Zucken des Auges verursachte. Da war es wieder: blinzeln, ärgern.
    – Haben Sie schon mehr von dem Gebäude gesehen?
    Alan erzählte ihm von den Männern, auf die er im dritten Stock gestoßen war. Er erzählte nichts von dem Streit, da man die Arbeiter vermutlich für austauschbar hielt, und daher die Möglichkeit bestand, dass man sie alle zusammen rausschmeißen würde, um sie dann rasch zu ersetzen.
    – Das tut mir leid. Wie sind Sie denn in den Teil des Gebäudes geraten?
    – Ich hab mich wohl einfach verirrt, schätze ich.
    – Was haben Sie bei den Arbeitern gesehen?
    – Ich hab sie einfach bloß da gesehen, wissen Sie, wie sie so rumgelaufen sind.
    – Waren Sie schockiert?
    – Eigentlich nicht. Hier überrascht mich nichts mehr.
    Hasan lachte. – Gut. Das ist wirklich gut. Die Übrigen sind außerhalb der Baustelle untergebracht. Vielleicht haben Sie ein paar von den Trailern

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