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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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einreißen ließe. In wenigen Tagen, dachte er, könnte er auf diese Weise wahrscheinlich sogar eine Art Haus bauen. Er könnte alles bauen. Er war beschwingt.
    Doch dann kam Besuch vom Bauordnungsamt. Als er am nächsten Tag aufwachte, klebte ein roter Zettel an seiner Haustür. Es war eine Aufforderung, ins Rathaus zu kommen, Baupläne vorzulegen, eine Genehmigung zu beantragen. Alles für eine ein Meter hohe Mauer. Und dann kamen die Diskussionen mit dem Mistkerl im Planungsamt, die alle nutzlos waren. Alan hatte sich beim Bau der Mauer nicht an die Vorschriften gehalten, hatte nicht mit einem zugelassenen Bauunternehmer gearbeitet, und daher musste die Mauer abgerissen werden. Sie zwangen ihn, zwei Männer dafür zu bezahlen, dass sie seine Mauer, seinen Garten, mit dem Presslufthammer bearbeiteten, bis nur noch Schutt übrig war. Sie zertrampelten sein Gemüse, traten alles nieder. Die Pflanzen waren tot. Der Anblick des Fiaskos war unerträglich. Und dann musste er zwei weitere Männer dafür bezahlen, dass sie alles abtransportierten.

XXVII.
    ALS ALAN WACH WURDE , war der Himmel kränklich grau. Er ging nach unten. Er hörte keine Stimmen und sah keine Bewegung, keine Anzeichen von Sonnenaufgang. Die Bankettsäle waren leer, die Küche verwaist. Irgendwer hatte schließlich doch noch das Licht ausgemacht. Er überlegte, wieder ins Bett zu gehen, war aber sicher, das würde nichts bringen.
    Er öffnete die Haustür und sah unten das Tal, blau und braun in dem schwachen Licht. Er setzte sich auf die Brüstung und bemerkte zum ersten Mal, dass auf dem Grundstück, auf einer anderen ebenen Fläche fünfzehn Meter tiefer, eine Herde Schafe stand. Sie waren eingepfercht, und der Boden unter ihnen bestand nur aus Sand und Steinen mit ein paar vereinzelten Stellen Gras. Eine Rauchfahne durchtrennte den blauen Himmel jenseits der Berge. Alan ging ins Haus und holte seine Kamera.
    Er ging auf die Zufahrt und machte Fotos von der Straße den Hügel hinab, von den Bergen, die sich hinter dem Haus bis ans Grundstück drängten. Er ging die Zufahrt hinunter, gelangte auf die Hauptstraße und machte sich auf den Weg Richtung Ort.
    Das Tal war still. Er blieb stehen und fotografierte einen stacheligen Baum, eine Ansammlung von weißen Blumen, einen alten pakistanischen Bus, der bunt bemalt war, ausrangiert und an den Straßenrand geschoben. Er fotografierte eine herrenlose Ziege.
    Eine Staubwolke stieg über einem Hügel in der Nähe auf. Es war ein Lieferwagen, ein kleiner weißer Pick-up. Er kam auf ihn zu und hielt neben ihm an. Ein Fenster senkte sich. Ein Mann von etwa vierzig in einem sauberen grauen Thawb saß am Steuer. Er sah ein bisschen aus wie Yousef, war aber größer und schlanker.
    – Salam, sagte er.
    – Salam, sagte Alan.
    – Kann ich Sie irgendwohin mitnehmen?
    – Nein, danke. Ich geh bloß spazieren.
    – Machen Sie Fotos?
    – Ja, richtig. Wunderschöner Morgen.
    – Ich habe Sie von oben beobachtet, sagte er.
    Alan sah sich um und versuchte abzuschätzen, von welcher Stelle weiter oben der Mann ihn beobachtet haben könnte. Der Mann lächelte grimmig.
    – Sie machen viele Fotos.
    – Kann sein, sagte Alan.
    Irgendwas passierte hier, aber er konnte nicht den Finger drauflegen. Dann wusste er es.
    – Amerikaner?, fragte der Mann.
    Ah. Wie immer verspürte Alan spontan die Lust zu lügen.
    – Ja, sagte er.
    – Die vielen Fotos. Arbeiten Sie für die CIA oder so?
    Das Lächeln des Mannes wirkte jetzt echter, und das schien irgendwas in Alan zu lösen.
    – Bloß freiberuflich, witzelte Alan. Nicht fest angestellt.
    Der Kopf des Mannes schnellte ein wenig zurück, als hätte er irgendwas Unangenehmes gerochen, irgendwas Unnatürliches. Dann legte er den Gang ein, und weg war er.
    Als Alan zurück zum Haus kam, waren Yousef und Salem wach und angezogen, und Hamza hatte das Teeservice gedeckt. Salem war draußen auf der Terrasse, wie am Abend zuvor, und spielte Gitarre. Yousef sah Alan näher kommen.
    – Alan! Wir dachten schon, Sie wären entführt worden.
    Yousef und Salem grinsten.
    – Bloß ein kleiner Spaziergang. Ich bin früh wach geworden. Wunderschön hier im Morgengrauen.
    – Das ist es, ja. Wir frühstücken draußen. Einverstanden?
    Hamza breitete ein großes weißes Tischtuch auf der Terrasse aus, und sie setzten sich. Er brachte mehr Tee und Brot und Datteln. Die Luft war kühl, aber die Sonne ging auf, und Alan konnte die kommende Hitze schmecken, die Wärme der Felsen rings um sie

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