Ein Hologramm für den König
schrecklichen Straßen rauf und runter. Irgendwann kamen sie an einer Reihe auffälliger Felsformationen vorbei. Zwei Stockwerke hohe Gesteinsbrocken, die halb ausgehöhlt waren und wie leere Helme aussahen. Sie fuhren zu dem Höhenrücken über dem Tal von Yousefs Vater und blickten hinunter auf das Dorf. Von ihrem Aussichtspunkt aus wirkte es unwahrscheinlich klein und zart, wie die Art von Siedlung, die binnen Sekunden von einer Blitzflut weggeschwemmt oder von jeder kleineren Lawine völlig verschüttet werden würde. Es schien grotesk, auch nur zwei oder drei Tage dort zu leben, geschweige denn Jahrhunderte. Die Menschen hier waren mit Sicherheit hilflos, wenn eine Dürre kam, wenn Schlamm oder herabstürzende Felsen die einzige Straße, die hinausführte, auch nur zeitweilig unpassierbar machten. Während Alan über das Tal schaute, wo das Werk von Menschen so klein war im Vergleich zu dem Werk von Wind und Wasser, empfand er die Reaktion, die er schon so oft empfunden hatte, und die besagte: Menschen sollten hier nicht leben. Menschen sollten sich nicht in felsigem Terrain niederlassen, wo es an Wasser oder Regen fehlte. Aber wo sollten sie dann leben? Die Natur sagt dem Menschen, dass sie ihn sowieso tötet. Im Flachland tötet sie ihn mit Tornados. Lebst du an der Küste, schickt sie Tsunamis, die die Arbeit von Jahrhunderten vernichten. Erdbeben machen alle Baukunst, alle Vorstellung von Dauerhaftigkeit zum Gespött. Die Natur will töten, töten, töten, unsere Werke verlachen, sich rein waschen. Aber die Menschen lebten, wo immer sie wollten, und sie lebten auch hier, in diesem unmöglichen Tal, und es ging ihnen gut damit. Es ging ihnen gut? Sie lebten. Sie überlebten, vermehrten sich, schickten ihre Kinder in die Städte, um Geld zu verdienen. Ihre Kinder verdienten Geld und kamen zurück, um in demselben unmöglichen Tal Bergkuppen einzuebnen und Burgen zu bauen. Des Menschen Werk entsteht hinter dem Rücken der Natur. Wenn die Natur es bemerkt und die Energie aufbringen kann, macht sie wieder reinen Tisch.
Auf der Rückfahrt zur Festung kamen sie an zwei Männern vorbei, die eine Steinmauer errichteten. Das Ganze erinnerte Alan stark an seinen Mauerbau – ein Stapel Steine, eine Schubkarre mit Mörtel.
– Können wir kurz halten?, fragte Alan, ehe er selbst richtig wusste, warum.
Hamza hielt an. Die zwei Männer blickten von ihrer Arbeit auf und winkten. Yousef begrüßte sie von seinem Fenster aus und machte irgendeinen Scherz auf Arabisch. Die Männer lachten und kamen herüber.
– Fragen Sie, ob sie Hilfe brauchen, sagte Alan.
– Ich helfe ihnen nicht! Yousef war für einen Moment verwirrt. Soll das heißen, Sie? Sie wollen ihnen helfen?
– Ja. Das will ich wirklich.
Und nachdem Yousef und Salem ein paar Minuten versucht hatten, Alan zur Vernunft zu bringen, machte Yousef den Männern das Angebot, und die Männer nahmen an. Sie sagten Alan, was er tun sollte, und Hamza und Yousef und Salem fuhren davon.
Alans Aufgabe war es, dafür zu sorgen, dass der Mörtel nicht hart wurde, ihn zu rühren, regelmäßig Wasser zuzugeben, und als das erledigt war, sollte er helfen, die jeweils passenden Steine zu finden, die als Nächstes auf die Mauer gelegt werden sollten. Die Arbeit ging langsam voran, und die Sprachbarriere war frustrierend für beide Seiten, aber Alan war froh, im Freien zu sein, Arme und Beine zu benutzen, Hemd und Kakihose durchzuschwitzen, und als es Abend wurde, hatten sie ungefähr fünf Meter Mauer geschafft. Sie war gut einen Meter hoch, sie war fest, sie war weit besser als die, die er in seinem Garten gebaut hatte. Sie nickten ihm zu, schüttelten ihm die Hand, und er war fertig.
Die Sonne stand tief, als er zurück zur Burg ging. Sich zu verlaufen war unmöglich: Die Festung war von jedem Winkel des Tals aus zu sehen. Nach zwanzig Minuten war Alan da, und Yousef und Salem hockten wie immer auf der Mauer der Terrasse, und Salem klimperte auf seiner Gitarre.
– Hat es Spaß gemacht?, fragte Yousef.
– Eine Weile, ja. Dann war es eine Scheißplackerei, sagte er.
Yousef und Salem lachten beide. Vor ihnen stand ein Idiot.
Yousefs Augen leuchteten. – Nach dem Abendessen hab ich was ganz Besonderes für Sie. Sie werden begeistert sein.
Salem, der Bescheid wusste, zog die Augenbrauen hoch und bestätigte, dass Alan sehr glücklich gemacht werden würde.
– Was ist es denn?
– Haben Sie Lust, ein paar Wölfe zu jagen?
– Wieso? Wo?
– Anscheinend treiben sich
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