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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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hier in letzter Zeit ein paar Wölfe rum, die Schafe reißen. Es wird eine Jagd organisiert. Man braucht Leute, die schießen können.
    Alan hatte seit Jahren keine faszinierendere Einladung gehört.
    – Und ob ich Lust dazu habe, sagte er.
    – Na bitte, sagte Yousef zu Salem.
    – Ich hab’s nicht bestritten, sagte Salem. Er nahm seine Gitarre und komponierte spontan einen Song über Alan und die Jagd.
    Der Song war gar nicht so übel.

XXVIII.
    NACH DEM ESSEN hielten zwei Pick-ups vor dem Haus. Wieder versteckte Salem hastig seine Gitarre. Beide Fahrzeuge waren weiß, aber keiner wurde von dem Mann gesteuert, der Alan verdächtigt hatte, ein CIA -Agent zu sein. In jedem saßen etwa vier Männer, so alt wie Alan oder älter, dazwischen ein paar Teenager.
    Alan wurde angeboten, in dem ersten Pick-up vorne zu sitzen, aber er wollte lieber an der frischen Luft sein. Es war ein kühler und klarer Abend, und er wollte alles sehen. Die Männer debattierten laut, doch schließlich schaltete Yousef sich ein und versicherte ihnen, dass Alan das wirklich wollte, dass ihre Gastfreundschaft am besten dadurch zum Ausdruck käme, wenn sie ihm den Wunsch gewährten. Normalerweise hätte er nicht darauf bestanden, aber heute Abend war es ihm wichtig, denn nach Wochen in dem sterilen Hotel war ihm nach Nachtluft und Sternen und er wollte auf der Ladefläche des Pick-ups durchgerüttelt werden.
    Also kletterte er hinten drauf zu den zwei jüngsten Cousins und einem älteren Mann. Alle drei hatten Gewehre. Yousef setzte sich auf den Beifahrersitz.
    – Kommen Sie mit?, fragte Alan Salem.
    – Soll das ein Witz sein?, sagte Salem. Bis später.
    Der Pick-up sprang rumpelnd an und holperte dann langsam die Zufahrt hinunter. Der Mann gegenüber von Alan, ungefähr im selben Alter und mit derselben Statur, lächelte ihn an. Alan streckte die Hand aus. – Alan, sagte er.
    Der Mann schüttelte sie. – Atif.
    Ein Schlagloch ließ sie alle in die Luft fliegen. Als sie wieder landeten, lachten alle. Atif, so hoffte Alan, war nicht von der Möglichkeit in Kenntnis gesetzt worden, dass Alan bei der CIA war. Alan wollte schlicht und ergreifend der sein, der er war: niemand.
    Atif zeigte mit dem Kinn auf Alan. – Haben Sie schon mal einen Wolf gejagt, Mr Alan?
    Alan schüttelte den Kopf.
    – Aber Sie haben …
    Der Mann konnte das Wort für schießen nicht finden, daher tat er stattdessen so, als würde er sein eigenes Gewehr abfeuern. – Sie machen das?
    – Ja, sehr oft, sagte Alan.
    Der Mann legte den Kopf schief, wurde nicht ganz schlau daraus.
    – Aber nicht Tier töten?
    – Nein, sagte Alan.
    Der Mann lächelte. Ihm fehlten die meisten Zähne.
    – Mensch töten?
    Alan lachte. – Nein.
    – Tier essen? , fragte der Mann.
    – Ja, antwortete Alan.
    Der Mann schien einen Moment zufrieden, dann blitzte Verschmitztheit in seinen Augen auf. – Mensch essen?
    Alan entschied sich zu lachen. – Nein.
    Der Mann lächelte. – Nicht einmal Mensch essen?
    Alan entschied sich erneut zu lachen.
    Der Mann griff nach Alans Hand und schüttelte sie wieder.
    – Gut, sagte er.
    Die Straßen waren eine Katastrophe und wurden immer schlimmer, je höher sie in die Berge kamen. Der Pick-up wieherte und grunzte, und Alan fragte sich laut, ob bei dem Lärm, den ihr Konvoi veranstaltete, nicht sämtliche Wölfe längst das Weite gesucht hatten.
    Schließlich hielten sie hoch oben auf dem Kamm an, und die Cousins stiegen aus und halfen Alan hinunter. Yousef kam von dem anderen Pick-up. Er lud sein Gewehr.
    – Auf dem Hof da unten wurden zuletzt Schafe gerissen.
    Alan nahm das Gehege in Augenschein und schätzte, dass sie etwa siebzig Meter entfernt waren.
    – Und der Plan?
    – Einfach hier warten, schätze ich.
    – Aber wittern die uns nicht?, fragte Alan. Niemand antwortete, und er vermutete, dass die Frage irrelevant war.
    – Sie und ich gehen da rüber, sagte Yousef.
    Sie gingen hundert Meter zu einer Ansammlung Felsbrocken, niedrig und glatt, und Yousef legte sich auf einen. Alan tat es ihm gleich, und beide richteten sie ihre Gewehre auf das Gehege unterhalb von ihnen. Sie hatten freie Schussbahn. Der Bauer hatte einen Scheinwerfer angelassen, der die Wölfe zuvor nicht abgeschreckt hatte, wie die Männer sagten, und es war nur wenig Wind, daher konnte Alan der Schuss gelingen, wenn der Wolf sich langsam und vorhersehbar bewegte. Er hatte nicht viel Erfahrung mit beweglichen Zielen, aber ohne Hindernisse, in einem flutlichterhellten offenen

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