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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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Ein Kasten Bier ging polternd zu Boden, es wurde irrsinnig gelacht. Musik ertönte, jemand fummelte am Lautstärkeregler herum, jemand anders am Lichtschalter.
    »Scheiße«, sagte David.
    ▶◀

Lisa die Listige, Cord-Cordula und Tyra die Treue
    Die Rede ist von meinen … Handtaschen. Ist es nicht merkwürdig, dass Gegenstände so etwas wie eine eigene Seele entwickeln können? Nicht alle Gegenstände, wohlgemerkt. Mit meinem Nachttisch bin ich noch nie in Resonanz gegangen, mit meiner Nachttischlampe schon, denn sie gibt immer dann ihren Geist auf, wenn ich noch gemütlich im Bett lesen will und keine Ersatzglühbirnen im Haus habe. Auch mein Geschirrspüler ist ein brummiger Kauz, der recht penibel auf seine Entkalkung pocht, sonst hat er schlechte Laune und schludert.
    Aber heute soll es um meine Handtaschen gehen, die alle einen recht ausgeprägten Charakter entwickelt haben, und ich muss leider sagen, nicht immer den besten. Da gibt es, wie bereits im Titel erwähnt, Lisa die Listige. Sie ist violett, aus feinstem Kalbsleder gearbeitet, mit aufreizend geschwungenen Henkeln, und sie hat es sich zur Angewohnheit gemacht, sich von Stuhllehnen zu werfen. Auch vom Autositz schmeißt sie sich mit großer Regelmäßigkeit. Und dann liegt sie da unten und spuckt aus, was ihr zu schwer im Magen liegt. Mein Handy, ein Taschenbuch, eine Schachtel Tic Tac. Neulich saß ich mit einem überaus netten Herrn im Café, und wir unterhielten uns angeregt. Und da hat Lisa die Listige es wieder getan: Sie hat sich wie ein trotziges Kind auf den Fußboden geworfen und
    War das jetzt lustig oder völlig daneben? Natalie wusste es nicht. Wer konnte schon beurteilen, ob das, was man selber schrieb, witzig war? Täglich verhungerten Kinder in dieser Welt, und sie schrieb Kolumnen über kotzende Handtaschen. Sie löschte den Text, bereute es sofort. »Davon wird auch keiner satt«, murmelte sie und begann von vorn, sie bekam aber die Sätze nicht mehr zusammen, und nach einer Viertelstunde gab sie auf. Dann würde sie jetzt erst mal für La Cuisine schreiben. Vielleicht etwas über … Pfeffer. Malagetta-Pfeffer zum Beispiel, oder Szechuan-Pfeffer? Beides ein Muss in jeder Küche. Aber eine ganze Kolumne über Pfeffer? Natalie stöhnte und beschloss, über … Buttersoßen zu schreiben.
    Buttersoßen kann man nicht wieder aufwärmen, was ein genau kalkuliertes Koch- und Serviertiming voraussetzt. Die Soße an sich ist relativ leicht zuzubereiten, wenn man folgenden kleinen Trick beachtet, den ich Ihnen jetzt gleich verraten werde. Aber bevor ich das tue, sollten wir uns darauf einigen, dass SAUCE HOLLANDAISE besser klingt als Buttersoße, meinen Sie nicht? Wenn die Holländer auch keine große Ahnung vom Kochen haben,
    Ist das alles hohl, dachte Natalie und ging in die Küche. Sie widerstand der Versuchung, den Tiefkühlschrank zu öffnen und einen Schluck Wodka direkt aus der Flasche zu nehmen. Es wirkte so versoffen. Stattdessen aß sie zehn After-Eight-Täfelchen. Verfressen, dachte sie, auch nicht viel besser. Warum bin ich eigentlich immer so unzufrieden mit mir?
    Weil du allen Grund dazu hast , meldete sich das fiese Stimmchen prompt zu Wort. Du magst keine Männer, du magst keine Frauen, du magst nicht mal dich selbst.
    »Schon gut«, murmelte Natalie. Und dann trank sie doch Wodka aus der Flasche, was sich mit dem After Eight nicht gut vertrug. Ich gehe ein bisschen spazieren, beschloss sie.
    Auf dem Weg nach unten traf sie einen Paketzusteller von DHL .
    »Wollen Sie zu mir?«, fragte sie ihn.
    »Frau Schilling?«
    »Genau.«
    »Bitte sehr. Eine Eilzustellung für Sie.«
    »Danke.« Natalie nahm das Paket entgegen und wartete, bis der Mann gegangen war. Dann setzte sie sich auf den Treppenabsatz und riss mit zitternden Händen den Karton auf. Gleich würde sie die Bücher zu Gesicht bekommen, die die Rüttgers für ihren Live-Auftritt ausgewählt hatte. »Bitte kein Mittelalter«, flüsterte sie flehend, »keine Huren, keine Hexen …«
    Ein Cover mit einer leuchtenden Sonne kam zum Vorschein. Sei glücklich – wünsch es dir jetzt! stand darauf. »Ach neeeee!« Natalie hob das schwere Buch an, um zu sehen, welches darunter lag. Zum Glück war es nur ein dünnes Taschenbuch. Aber Cover und Titel hatten es in sich. Eine dümmlich grinsende Frau verkündete: Na klar bin ich eine erfolgreiche Frau!
    »Sieht man dir gar nicht an«, murmelte Natalie und hatte die Hoffnung, noch irgendetwas Brauchbares in der von der

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