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Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Ein Hummer macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Hummer macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Wekwerth
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jetzt wirklich weiter. Der Kaffee wird kalt.«
    »Hör mir zu, mein Junge, die Frau mit den schlimmen Füßen …«
    Klick.
    »… ist bis über beide Ohren in dich verliebt. Theodor? Theodor! Na, dann eben nicht.«
    Theodor hatte der Versuchung, endlich einmal schneller als sein Gesprächspartner aufzulegen, nicht widerstehen können.
    Hertha legte das Telefon beiseite und gab sich kopfschüttelnd wieder ihrer Fernsehsendung hin. »Jetzt heult das dumme Ding, schau dir das an, Feivelchen. Also, früher hat es so was nicht gegeben. Im Fernsehen jedenfalls nicht.«
    Ein wenig kindisch, mein Verhalten, gab Theodor in Gedanken zu, aber ungemein erhebend. Plötzlich besserte sich seine Stimmung.
    Ob es das Zuviel an Codein ist, das mich so merkwürdig heiter und gelassen sein lässt?, fragte er sich. Man könnte sich daran gewöhnen. Sollen sie doch alle ihrer verdammten Wege gehen. Ich werde meinen schon finden.
    Umwege erweitern die Ortskenntnis , hatte er neulich auf einem Autosticker gelesen. »Haha.«
    Grinsend kam er an den Tisch zurück, wo Natalie gerade auf anmutige Weise ihre Tasse zum Mund führte.
    »Wo waren wir stehen geblieben?«, fragte Theodor und griff zur Kaffeekanne.
    »Sie sagten, dass alles, was Sie berühren, zu Asche wird, und dass Sie sich am Ende Ihres Lebens befinden, und dass …«
    »Schon gut, schon gut«, unterbrach Theodor hastig.
    Natalie traute sich nicht, ihm noch einmal das Du anzubieten. Er hatte es wohl überhört. Vielleicht wollte er ja nicht? Fragend sah sie zu ihm hin. In aller Seelenruhe schenkte er Kaffee nach, verspeiste dann sein Croissant und schien gedanklich weit von ihr entfernt zu sein.
    »Und von dem Ende einer Brücke sprachen Sie auch.« Natalie war versucht, ihre Hand auf Theodors Unterarm zu legen, aber in diesem Moment wischte er energisch einige Croissantkrümel vom Tisch.
    »Meine Expartnerschaft ist wieder neu liiert«, sagte er.
    »Nein!« Natalie riss die Augen weit auf. Sie versuchte möglichst schockiert auszusehen und zu verbergen, wie diebisch sie sich freute. »Das ging aber schnell!«, rief sie. »Da lässt ja jemand nichts anbrennen.«
    »Ach, wissen Sie…«, Theodor hatte plötzlich den Eindruck, David in Schutz nehmen zu müssen, »…ich überinterpretiere das nicht. Dieser neue lover scheint außerordentlich dämlich zu sein. Ich hatte ihn aus Versehen am Telefon. Er stand unter Drogen, sang ein Lied und traf keinen Ton.«
    »Vielleicht ist er gut im Bett?«, streute Natalie ein wenig Salz in die Wunde.
    Theodor zuckte mit den Schultern. »Solange er dabei nicht singt.«
    »Und das macht Sie nicht rasend vor Zorn?«, schürte sie.
    »Irgendwie nicht. Ich habe den Eindruck, dass sich hinter dem Ganzen eine Lektion verbirgt.«
    »Herr Silberstadt, lassen Sie sich bloß nicht an der Nase herumführen.«
    Er schnäuzte sich. »Groß genug ist sie ja«, sprach er ins Taschentuch. »Aber jetzt zu Ihnen. Was ist mit der Büchershow?«
    »Darüber muss ich noch nachdenken.« Natalies Gesicht verschloss sich. »Ich habe keine endgültige Entscheidung getroffen.«
    »Denken Sie doch an die vielen Möglichkeiten, die sich durch eine so große Fernsehpräsenz ergeben können«, fuhr Theodor fort. »Und denken Sie auch ans Geld.«
    »Ja, ja. Haben Sie die Aprikosentörtchen schon probiert?«
    »Sie wollen nicht darüber sprechen?«
    »Nein. Aber danke für das Angebot.«
    Theodor lächelte und beugte sich über den Tisch. »Was ich aber noch erfahren möchte: Wie ist Ihnen die Loslösung Ihrer Zwergen-Identifikation so schnell gelungen?«
    »Ich habe ihn ermordet«, flüsterte Natalie.
    »Wie bitte?« Theodor zuckte zurück. War er so betriebsblind geworden, dass er nicht mitbekommen hatte, wie gestört Frau Schilling eigentlich war? Er schluckte.
    »Also, hören Sie zu«, sagte Natalie, die seinen Adamsapfel hüpfen sah. »Aber bitte nicht unterbrechen.«
    Und dann erzählte sie, wie sie am Vortag mit wunden Füßen und zahlreichen Tüten aus dem Asia-Laden nach Hause gekommen war. »Ich nahm eine Dusche, klebte mir Pflaster auf die Füße, legte eine Miles-Davis- CD ein, dann aß ich eine halbe Wassermelone. Aber das tut eigentlich nichts zur Sache, ich hätte auch Mozart hören und eine Ochsenschwanzsuppe essen können, wichtig ist bloß, dass ich mich dazu ans Küchenfenster gestellt hatte und in den Hof hinuntersah. Plötzlich fiel mein Blick auf einen … Zwerg. Ich erstarrte. Es war ein Gartenzwerg, einer von der besonders verachtenswerten Sorte, mit

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