Ein Hut voller Sterne
Du musst lernen, schnell zu lernen.
Aber. sie hätten ihr doch wenigstens eine Chance gegeben.
Natürlich.
Wahrscheinlich.
Sie hatte den Napf mit der Garantiert-kein-Menschenfleisch-nein-bestimmt-nicht-Brühe fast geleert, als etwas versuchte, ihn wegzuziehen. Tiffany fühlte einen sanften Zug, der sofort aufhörte, als sie den Napf automatisch zurückzog.
Na schön, dachte sie. Eine weitere sonderbare Sache. Nun, dies ist die Hütte einer Hexe.
Etwas zog am Löffel und hörte sofort auf, als Tiffany ihn zurückzog.
Tiffany stellte den Napf aufs Tablett und legte den Löffel daneben.
»In Ordnung«, sagte sie und hoffte, dass sie nicht ängstlich klang. »Jetzt bin ich fertig.«
Das Tablett stieg auf, schwebte zur Tür und landete dort mit einem leisen Klingeln.
Weiter oben glitt der Riegel zurück.
Die Tür öffnete sich.
Das Tablett stieg erneut auf und flog in den Flur.
Die Tür schloss sich.
Der Riegel schob sich vor.
Tiffany hörte das Klappern des Löffels, als das Tablett seinen Flug im dunklen Flur fortsetzte.
Sie hielt es für äußerst wichtig, erst nachzudenken, bevor sie irgendetwas unternahm. Und so dachte sie: Es wäre dumm, schreiend umherzulaufen, weil das Tablett weggebracht worden ist. Was auch immer dafür verantwortlich war: Es hatte sogar die Tür hinter sich verriegelt, was bedeutete, dass es ihre Privatsphäre respektierte, selbst nachdem es sie missachtet hatte.
Tiffany putzte sich die Zähne am Becken, streifte das Nachthemd über, schlüpfte ins Bett und pustete die Kerze aus.
Nach einem Moment stand sie wieder auf, zündete die Kerze an und schob mit einiger Mühe die Kommode vor die Tür. Sie wusste nicht genau warum, aber anschließend fühlte sie sich besser.
Dann lag sie wieder im Dunkeln.
Tiffany war daran gewöhnt zu schlafen, während draußen Schafe »Mäh« riefen und gelegentlich Schafsglocken bimmelten.
Hier oben in den Bergen mähten keine Schafe, und es bimmelten auch keine Glocken, und jedes Mal, wenn solch ein Geräusch ausblieb, erwachte Tiffany und dachte: Was war das?
Aber schließlich schlief sie ein, denn sie erinnerte sich daran, dass sie mitten in der Nacht aufgewacht war und gehört hatte, wie die Kommode ganz langsam zu ihrer ursprünglichen Position zurückrutschte.
Tiffany erwachte, lebendig und nicht zerhackt, als der Morgen graute. Unbekannte Vögel sangen.
Es war völlig still in der Hütte, und sie dachte: Ich bin hier der Lehrling. Ich sollte alles aufräumen und das Feuer anzünden. Ich weiß, wie es eigentlich zugehen müsste.
Sie setzte sich auf und ließ den Blick durchs Zimmer schweifen.
Ihre alte Kleidung lag sorgfältig zusammengelegt auf der Kommode. Das Fossil, der Glücksstein und die anderen Dinge waren verschwunden, und nach einer hektischen Suche fand Tiffany sie in ihrem Koffer im Holzkästchen.
»Also bitte«, wandte sie sich an das Zimmer im Großen und Ganzen. »Ich bin eine Hexe. Wenn irgendwelche Wir-sind-die-Größten hier sind, so zeigt euch, jetzt sofort!«
Nichts geschah. Tiffany hatte auch nicht damit gerechnet, dass etwas passierte. Die Wir-sind-die-Größten waren ohnehin nicht sonderlich daran interessiert aufzuräumen.
Sie entschloss sich zu einem Experiment, nahm den Kerzenleuchter vom Nachtschränkchen, stellte ihn auf die Kommode und trat zurück. Erneut geschah nichts.
Sie drehte sich um, sah aus dem Fenster und hörte ein leises Geräusch.
Als sie herumwirbelte, stand der Kerzenleuchter wieder auf dem Nachtschränkchen.
Nun. an diesem Tag beabsichtigte Tiffany, Antworten zu bekommen. Sie genoss ihren Ärger, denn so dachte sie nicht darüber nach, wie sehr sie nach Hause zurückwollte.
Sie zog ihr Kleid an und bemerkte dabei etwas Weiches und Knisterndes in der Tasche.
Wie konnte sie das vergessen haben? Aber es war ein ereignisreicher Tag gewesen, ein sehr ereignisreicher Tag, und vielleicht hatte sie es vergessen wollen.
Sie holte Rolands Geschenk hervor und öffnete vorsichtig das Seidenpapier.
Ihr Blick fiel auf eine Halskette.
Sie zeigte das Pferd.
Tiffany starrte darauf hinab.
Nicht, wie ein Pferd aussieht, sondern was ein Pferd ist... Es war in die Kreidefelsen gehauen worden, bevor die Geschichte begann, von Menschen, die mit einigen fließenden Linien zum Ausdruck gebracht hatten, was ein Pferd war: eine Mischung aus Stärke, Eleganz, Schönheit und Schnelligkeit, die sich bemühte, vom Hügel loszukommen.
Und jetzt war es einem geschickten — und damit sicher auch teuren —
Weitere Kostenlose Bücher