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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Juwelier gelungen, die Darstellung in Silber nachzubilden. Das Pferd war flach, so wie am Hügel, und wie beim Original waren einige Teile nicht mit dem Rest des Körpers verbunden. Der Juwelier hatte sie kunstvoll an einer Silberkette befestigt, und als Tiffany sie staunend hob, war alles da und bewegte-sich-während-es-unbewegt-blieb im Morgenlicht.
    Sie musste die Kette anlegen. Und. es gab keinen Spiegel, nicht einmal einen kleinen. Na gut.
    »Sehe mich«, sagte Tiffany.
    Und weit entfernt, unten im Flachland, erwachte etwas, das die Spur verloren hatte. Einen Moment lang geschah nichts, und dann teilte sich der Nebel auf den Feldern, als sich etwas Unsichtbares in Bewegung setzte und ein Geräusch verursachte, das wie ein Fliegenschwarm klang...
    Tiffany schloss die Augen, trat zwei kurze Schritte zur Seite, einige nach vorn, drehte sich und hob die Lider wieder. Sie stand vor ihrem Körper so reglos wie ein Bild. Das Pferd passte sehr gut zu dem neuen Kleid, Silber auf Grün.
    Sie fragte sich, wie viel die Kette Roland gekostet hatte. Sie fragte sich auch nach dem Warum.
    »Sehe mich nicht«, sagte sie. Langsam nahm sie die Kette ab, wickelte sie wieder in das Seidenpapier und legte sie zu den Dingen von zu Hause in das Kästchen. Dann holte sie eine der beiden Postkarten von Zweihemden und einen Stift hervor und schrieb Roland einige sorgfältig gewählte Dankesworte. Als sich ihr schlechtes Gewissen regte, nahm sie auch die andere Postkarte, um ihren Eltern mitzuteilen, dass sie noch vollkommen lebendig war.
    Dann ging sie nachdenklich nach unten.
    Am vergangenen Abend war es dunkel gewesen, deshalb hatte sie die Plakate an der Treppenwand nicht bemerkt. Sie stammten von Zirkussen, zeigten Clowns, Tiere und jene Art von altmodischer Typographie, bei der die Schriftarten der einzelnen Zeilen unterschiedlich sind.
    Tiffany las:

    Und so ging es bis zum Kleingedruckten weiter. Die bunten Plakate wirkten sonderbar in einer kleinen Hütte im Wald.
    Tiffany betrat die Küche. Sie war kalt und still, bis auf das Ticken einer Wanduhr. Beide Zeiger waren abgefallen und lagen unten in der gläsernen Abdeckung. Zwar maß die Uhr noch immer die Zeit, aber sie gab niemandem mehr darüber Auskunft.
    Für eine Küche war alles erstaunlich gut aufgeräumt. In der
    Schublade des Geschirrschranks neben der Spüle lagen Gabeln, Löffel und Messer in ihren jeweiligen Fächern, was Tiffany ein wenig beunruhigend fand. Jede ihr bekannte Küchenschublade mochte einmal dazu bestimmt gewesen sein, Dinge ordentlich aufzubewahren, aber im Lauf der Jahre hatten sie viele Objekte aufgenommen, die nicht richtig hineinpassten, zum Beispiel große Schöpfkellen und verbogene Flaschenöffner, und deshalb klemmten die Schubladen immer, wenn man nicht den Trick kannte, sie richtig zu öffnen.
    Versuchsweise nahm Tiffany einen Löffel aus dem Löffelfach, legte ihn zu den Gabeln und schloss die Schublade. Dann drehte sie sich um.
    Sie hörte ein kratzendes Geräusch und dann ein Klimpern, genau wie von einem Löffel, der zu den anderen Löffeln zurückkehrt, die ihn vermisst haben und von ihm hören möchten, wie das Leben bei den erschreckend spitzen Leuten ist.
    Diesmal legte Tiffany ein Messer zu den Gabeln, schloss die Schublade — und lehnte sich dagegen.
    Eine Zeit lang geschah nichts, und dann hörte sie, wie das Besteck zu rasseln begann. Das Geräusch wurde lauter. Die Schublade erzitterte. Die ganze Spüle erbebte.
    »Na schön«, sagte Tiffany und sprang zurück. »Ich lasse dir deinen Willen!«
    Die Schublade öffnete sich mit einem Ruck, das Messer sprang wie ein Fisch von einem Fach zum anderen, und die Schublade schloss sich wieder.
    Stille.
    »Wer bist du?«, fragte Tiffany. Niemand antwortete. Doch das Gefühl in der Luft gefiel ihr nicht. Jemand ärgerte sich jetzt über sie. Es war ohnehin eine dumme Sache gewesen.
    Rasch trat Tiffany in den Garten hinaus. Das Plätschern, das sie am vergangenen Abend gehört hatte, stammte von einem kleinen Wasserfall nicht weit von der Hütte. Ein Wasserrad drehte sich dort und pumpte Wasser in eine große steinerne Zisterne, und von dort führte ein Rohr ins Haus.
    Im Garten wimmelte es von Figuren, recht traurige und billige: irre grinsende Häschen, Porzellanrehe mit großen Augen, Gnome mit spitzen roten Hüten und einem Gesichtsausdruck, der darauf hinwies, dass sie bittere Medizin bekamen.
    Dinge hingen in den Apfelbäumen oder waren überall an Pfählen festgebunden. Tiffany

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