Ein Hut voller Sterne
Männern die Zehennägel und geben ihnen eine warme Mahlzeit?«, fragte Tiffany ein wenig sarkastisch.
»Ja«, sagte Frau Grad. »Wir tun, was getan werden kann. Frau Wetterwachs meinte, du musst lernen, dass die Hexerei meistens aus ganz gewöhnlichen Dingen besteht.«
»Und du musst tun, was sie sagt?«, fragte Tiffany.
»Ich nehme ihren Rat entgegen«, erwiderte Frau Grad kühl.
»Frau Wetterwachs ist die oberste Hexe, nicht wahr?«
»O nein!«, widersprach Frau Grad schockiert. »Hexen sind alle gleich.
Bei uns gibt es keine oberste Hexe oder etwas in der Art. Das verstieße völlig gegen den Geist der Hexerei.«
»Oh, ich verstehe«, sagte Tiffany.
»Außerdem würde Frau Wetterwachs so etwas nie zulassen«, fügte Frau Grad hinzu.
Plötzlich verschwanden Dinge aus den Haushalten im Kreideland. Es waren keine vereinzelten Eier oder Hühner. Kleidungsstücke verschwanden von Wäscheleinen. Ein Paar Stiefel unter dem Bett von Nasig Hinds, des ältesten Mannes im Dorf, lösten sich in Luft auf. »Und es waren verdammt gute Stiefel, sie konnten ganz allein von der Kneipe nach Hause gehen, wenn ich ihnen die Richtung zeigte«, klagte er gegenüber jedem, der ihm zuhörte. »Und sie marschierten zusammen mit meinem alten Hut davon. Und der war genau so, wie ich ihn wollte, schön weich und schlaff!«
Eine Hose und ein langer Mantel verschwanden von einem Haken, der dem Frettchenzüchter Immerfort Schwindell gehörte, und der Mantel hatte in den Innentaschen lebende Frettchen enthalten. Und wer war durchs Schlafzimmerfenster von Clem Doins geklettert und hatte ihm den Bart abgeschnitten, der lang genug gewesen war, dass er ihn hinter den Gürtel stecken konnte? Nicht ein Haar blieb übrig. Er musste die untere Gesichtshälfte unter einem Schal verbergen, um zu verhindern, dass sein armes rosarotes Kinn Damen erschreckte.
Vermutlich steckten Hexen dahinter, kamen die Leute überein, und weitere Fluchnetze wurden angefertigt und in die Fenster gehängt.
Allerdings.
Auf der anderen Seite des Kreidelands, wo die langen grünen Hänge ins Flachland übergingen, wuchsen große Dickichte aus Brombeer- und Hagedornbüschen. Normalerweise zwitscherten Vögel darin, aber in diesem einen hier erklangen Flüche.
»Ach, Potzblitz! Kannste nich' aufpassen, wohin du den Fuß stellst, du Heini!«
»Ich konnte nich' anders! Es is' nicht leicht, 'n Knie zu sein!«
»Du glaubst, du hast es schwer? Hier unten in den Stiefeln würde es dir noch viel weniger gefallen! Der alte Schwindell muss seine Füße jahrelang nich' gewaschen haben! Hier unten stinkt's!«
»Ach, es stinkt? Versuch mal, in dieser Tasche zu stecken! Die Frettchen haben sich nie die Mühe gemacht, aufs Klo zu gehen, wenne verstehst, was ich meine!«
»Pot%blit%! Wollt ihr Blödköppe endlich die Klappe halten?«
»Ach nee! Hört euch den an! Du glaubst wohl, alles zu wissen, nur weil du im Kopf steckst? So tief hier unten bisse nichts als Ballast, Kumpel!«
»Ja, genau! Ich bin hier beim Ellenbogen! Wo wärst du wohl, wenn wir dich nicht herumtragen würden? Für wen hältst du dich?«
»Ich bin Rob Irgendwer Größter, wie ihr sehr wohl wisst, und ich habe genug von eurem Genörgel!«
»Na schön, Rob, aber hier drin isses wirklich ziemlich stickig!«
»Ach, und es reicht mir auch, dass sich der Magen beschwert!«
»Meine Herren.« Dies war die Stimme der Kröte. Niemandem sonst käme es in den Sinn, die Wir-sind-die-Größten mit »meine Herren« anzusprechen. »Meine Herren, Zeit ist von entscheidender Bedeutung. Der Karren wird bald hier sein! Ihr dürft ihn nicht verpassen!«
»Wir brauchen mehr Zeit zum Üben, Kröte! Wir gehen wie jemand, der keine Knochen hat, dafür aber das große Zittern!«, sagte jemand, der ein wenig höher stand als die anderen.
»Wenigstens geht ihr. Das muss genügen. Ich wünsche euch viel Glück, meine Herren.«
Ein Ruf erklang aus einem andere Dickicht — von dort aus behielt ein Beobachtungsposten die Straße im Auge.
»Der Karren kommt den Hügel herunter!«
»Also gut, Jungs!«, rief Rob Irgendwer. »Kröte, du kümmerst dich um Jeannie, hörst du? Sie braucht einen Denker, auf den sie sich verlassen kann, während ich nich' da bin! Na schön, ihr Blödis! Jetzt geht's ums Ganze! Ihr Jungs an den Seilen, zieht uns hoch!« Die Büsche wackelten. »Gut! Becken, bist du so weit?«
»Ja, Rob!«
»Knie? Knie? Ich habe Knie gefragt?«
»Ja, Rob, aber.« »Füße?«
»Ja, Rob!«
Die Büsche wackelten
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