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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sagte Tiffany.
    Die Welt wurde völlig still. Das war nie zuvor geschehen. Doch Tiffany ging auf Zehenspitzen herum, bis sie wusste, dass sie sich selbst gegenüberstand. Dann öffnete sie die Augen.
    Und dort war sie, und ebenso der Hut, ganz deutlich zu sehen.
    Und das Bild der Tiffany darunter, eines jungen Mädchens in einem grünen Kleid, öffnete die Augen, lächelte und sagte:
    »Wir sehen dich. Jetzt sind wir du.«
    Tiffany versuchte, »Sehe mich nicht!« zu rufen, aber es gab keinen Mund, mit dem sie rufen konnte .
    Ein Blitz schlug irgendwo in der Nähe ein. Das Fenster flog auf. Die Kerzenflamme wurde zu einerflatternden Fahne und verschwand.
    Und dann gab es nur noch Dunkelheit und das Zischen des Regens.

6
    Der Schwärmer
     
    Donner rollte über das Kreideland.
    Vorsichtig öffnete Jeannie das Paket, das sie von ihrer Mutter bekommen hatte, an ihrem letzten Tag beim Clan des Langen Sees. Es war ein traditionelles Geschenk, das jede Kelda bekam, wenn sie für immer ging. Keldas kehrten nie nach Hause zurück. Sie waren das Zuhause.
    Das Geschenk bestand aus Erinnerungen.
    Der Beutel enthielt ein Dreieck aus gegerbtem Schafsleder, drei Holzpflöcke, Fäden aus Nesselfasern, eine kleine Lederflasche und einen Hammer.
    Jeannie wusste, wie man damit umging, denn sie hatte ihre Mutter oft dabei beobachtet. Mit dem Hammer wurden die Pflöcke am schwelenden Feuer in den Boden getrieben. Mit den Fäden band man die Ecken des Lederdreiecks so an die Pflöcke, dass die Mitte durchhing und Wasser aufnehmen konnte — Jeannie hatte es selbst aus dem tiefen Brunnen geholt.
    Sie kniete nieder und wartete, bis das Wasser ganz langsam durch das Leder sickerte. Dann schürte sie das Feuer.
    Sie fühlte die Blicke aller Größten in den schattigen Galerien um sie herum. Niemand von ihnen würde sich ihr nähern, während sie am Kessel arbeitete. Eher würden sie sich ein Bein abhacken. Dies war das Geheimnis der Kelda.
    Und das bedeutete ein Kessel, damals, als Menschen noch kein Kupfer oder Eisen verwendet hatten. Es wirkte wie Magie. Und das sollte es auch. Aber wenn man den Trick kannte, konnte man beobachten, wie der kochende Kessel trocken wurde, bevor das Leder verbrannte.
    Als das Wasser im Schafsleder dampfte, erstickte Jeannie die Flammen und fügte dem Wasser den Inhalt der kleinen Lederflasche hinzu: etwas Wasser aus dem Kessel ihrer Mutter. So war es von Anbeginn an weitergereicht worden, von der Mutter zur Tochter.
    Jeannie wartete, bis der Kessel noch etwas mehr abgekühlt war, nahm dann eine Tasse, füllte sie und trank. Ein Seufzen kam von den Größten im Schatten.
    Sie legte sich zurück, schloss die Augen und wartete. Nichts geschah, abgesehen vom Donner, der das Land schüttelte, und den Blitzen, die die Welt schwarz und weiß machten.
    Und dann, so sanft, dass es bereits geschehen war, noch bevor sie begriff, was geschehen würde, schloss die Vergangenheit zu ihr auf. Die alten Keldas waren bei ihr, angefangen mit ihrer Mutter, gefolgt von ihren Großmüttern und deren Müttern. so weit zurück, bis niemand mehr da war, an den man sich erinnern konnte — eine große Erinnerung, für eine Weile von vielen getragen, teilweise abgenutzt und verschwommen, aber so alt wie ein Berg.
    Alle Größten wussten davon. Aber nur die Kelda kannte das wahre Geheimnis: Der Fluss der Erinnerung war kein Fluss, sondern ein See.
    Zukünftige Keldas, die erst noch geboren werden mussten, würden sich eines Tages erinnern. An zukünftigen Abenden würden sie neben ihren Kesseln liegen und für einige Minuten Teil des ewigen Sees werden. Indem man noch nicht geborenen Keldas zuhörte, wie sie sich erinnerten, erfuhr man von der Zukunft.
    Man brauchte Geschick, um die leisen Stimmen zu finden, und
    Jeannie hatte noch nicht alles, aber etwas war da.
    Ein weiterer Blitz machte die Welt schwarz und weiß, und plötzlich setzte sich Jeannie auf.
    »Er hat sie gefunden«, hauchte sie. »Oh, armes, kleines Ding!«
    Der Bettvorleger war voller Regenwasser, als Tiffany erwachte. Feuchtes Tageslicht ergoss sich ins Zimmer.
    Sie stand auf und schloss das Fenster. Der Wind hatte einige Blätter hereingeweht.
    Na schön.
    Es war kein Traum gewesen. Da war sie sicher. Etwas. Sonderbares war geschehen. Ihre Fingerspitzen prickelten. Sie fühlte sich. anders. Aber nicht schlecht, stellte sie fest. Am vergangenen Abend hatte sie sich schrecklich gefühlt, doch jetzt fühlte sie sich. voller Leben.
    Sie freute sich sogar. Sie wollte die

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