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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Petulia, und dann schloss sich die Tür, als Petulia ging.
    Nach einer Weile ertönte ein kratzendes Geräusch, als Tiffanys Stiefel über den Boden gezogen und ordentlich unters Bett gestellt wurden. Oswald war immer im Dienst.
    Nach einer weiteren Weile verklang das Lachen, doch Tiffany war sicher, dass es nie ganz verschwinden würde.
    Tiffany fühlte den Hut. Zumindest war sie in der Lage gewesen, ihn zu fühlen. Den virtuellen Hut auf ihrem realen Kopf. Aber niemand konnte ihn sehen, und Petulia hatte sogar mit der Hand über Tiffanys Kopf gewedelt und die völlige Abwesenheit eines Hutes festgestellt.
    Der schlimmste Teil — und alles war so demütigend gewesen, dass es
    Tiffany schwer fiel, den schlimmsten Teil zu benennen — hatte darin bestanden, Annagramma sagen zu hören: »Nein, lacht nicht über sie. Das ist zu grausam. Sie ist nur töricht, das ist alles. Ich habe ja gesagt, dass die alte Hexe das Denken der Leute durcheinander bringt.«
    Tiffanys Erste Gedanken liefen im Kreis hin und her. Die Zweiten Gedanken waren in ein Unwetter geraten. Nur die sehr schwachen Dritten Gedanken dachten: Zwar ist deine Welt vollkommen und absolut ruiniert und kann nie wieder besser werden, und außerdem bist du vollkommen untröstlich, aber es wäre schön, jemanden zu hören, der Suppe nach oben bringt...
    Die Dritten Gedanken veranlassten Tiffany, aufzustehen und zur Tür zu gehen, streckten dort die Hand aus und zogen damit den Riegel zurück. Dann ließen sie zu, dass sich Tiffany wieder aufs Bett warf.
    Einige Minuten später knarrten Schritte auf dem Treppenabsatz. Es ist schön, Recht zu haben.
    Frau Grad klopfte an und kam nach einer Pause des Anstands herein. Tiffany hörte, wie das Tablett auf den Tisch gestellt wurde, und fühlte dann, wie sich das Bett bewegte, als sich jemand darauf setzte.
    »Ich habe Petulia immer für ein gutes Mädchen gehalten«, sagte Frau Grad nach einer Weile. »Eines Tages wird sie eine sehr nützliche Dorfhexe sein.«
    Tiffany blieb still.
    »Sie hat mir alles erzählt«, fuhr Frau Grad fort. »Fräulein Tick hat den Hut nie erwähnt, aber an deiner Stelle hätte ich ihr auch nichts davon gesagt. Es klingt ganz nach etwas, das Frau Wetterwachs tun würde. Weißt du, manchmal hilft es, über diese Dinge zu reden.«
    Noch mehr Stille kam von Tiffany.
    »Eigentlich stimmt das nicht«, fügte Frau Grad hinzu. »Aber als Hexe bin ich unglaublich neugierig und würde mich freuen, mehr zu erfahren.«
    Auch das erzielte keine Wirkung. Frau Grad seufzte und stand auf. »Ich lasse die Suppe hier, aber wenn sie kalt wird, versucht Oswald, sie fortzubringen.«
    Sie ging nach unten.
    Während der nächsten fünf Minuten regte sich nichts im Zimmer, und dann verriet ein ganz leises Klimpern, dass die Suppe in Bewegung geriet.
    Tiffanys Hand sauste nach vorn und hielt das Tablett fest. Das ist die Aufgabe der Dritten Gedanken: Die Ersten und Zweiten Gedanken verstehen vielleicht die derzeitige Tragödie der eigenen Situation, aber etwas muss sich daran erinnern, dass man seit dem Mittag nichts mehr gegessen hat.
    Nachher — und nachdem Oswald die Suppentasse weggebracht hatte — lag Tiffany im Dunkeln, den Blick ins Leere gerichtet.
    Die Neuheit dieses ihr fremden Lands hatte während der vergangenen Tage ihre ganze Aufmerksamkeit beansprucht, doch ein Gelächtersturm hatte all das vertrieben, und jetzt beeilte sich das Heimweh, die leeren Stellen zu füllen.
    Sie vermisste die Geräusche und die Schafe und die Stille des Kreidelands. Sie vermisste es, die Schwärze der Hügel von ihrem Zimmerfenster aus zu sehen, wie sich ihre Umrisse vor den Sternen abzeichneten. Sie vermisste. einen Teil von sich selbst.
    Aber sie hatten über sie gelacht. Sie hatten »Welcher Hut?« gefragt und noch mehr gelacht, als sie die Hand zur unsichtbaren Krempe gehoben und sie nicht gefunden hatte.
    Achtzehn Monate lang hatte sie die Krempe berührt, und jetzt war sie verschwunden. Und sie konnte kein Wirrwarr anfertigen. Und sie hatte nur ein grünes Kleid, während alle anderen Schwarz trugen. Und auch Annagramma hatte viel Schmuck, schwarz und aus Silber. Alle Mädchen besaßen Wirrwarrs, und schöne noch dazu. Wen kümmerte es, dass sie nur dazu dienten, Eindruck zu machen?
    Vielleicht war sie gar keine Hexe. Sicher, sie hatte die Feenkönigin besiegt, mithilfe der kleinen Männer und der Erinnerung von Oma Weh, aber ohne Magie anzuwenden. Sie war jetzt nicht mehr sicher, was sie verwendet hatte. Sie

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