Ein Iglu für zwei (German Edition)
zukommen.“
„Um wie viele handelt es sich denn?“, frage ich beunruhigt.
„Oh, keine Angst, ha, ha, es stehen noch nicht alle fest, ha, ha, aber mehr als fünf oder sechs möchte ich Ihnen doch nicht zumuten, ha, ha.“
Fünf oder sechs. So viele! Ein Termin ist bereits eine Zumutung. Aber fünf oder sechs sind glatter Mord!
Nach dem Telefonat gleite ich wie ein schlaffes Michelin-Männchen zu Boden.
Was mach ich denn jetzt nur? Die Entscheidung wurde schon für mich getroffen. Ich bräuchte dringend Nachhilfe im Neinsagen. Das könnte mein Leben kolossal vereinfachen.
„Nein! Nein! Nein, nein ...! Nein, nein, nein, nein ...“
Ist doch ganz einfach. Warum klappt das nicht, wenn’s drauf ankommt?
Fünf bis sechs Werbetermine für das neue Buch. Dannys falsche Annahmen über meine Absichten stoßen damit auf Nährboden.
Hinein in die Katastrophe!
„Lucy! Es ist völlig unmöglich, dass ich in diese Buchhandlung gehe. Was soll ich da? Wozu müssen die Bücher signiert werden? Ich weiß nicht mal, wie ich da hinkommen soll. Mein Auto springt nicht an. Ganz sicher wird es nicht anspringen. Es fällt bestimmt nicht auf, wenn ich nicht erscheine.“
Ich gehe in mein Zimmer und lasse mich aufs Bett plumpsen. Das herrliche Wetter nehme ich nicht wahr. Mein Lampenfieber ruiniert sämtliche Wahrnehmungsfähigkeit. Lucy kommt herein und setzt sich neben mich aufs Bett.
„Du schaffst das schon. Sieh einfach durch die Menschen hindurch! Du brauchst sie ja nicht direkt anzusehen.“
Nein, das bräuchte ich nicht. Ich sehe mir aber immer alle Menschen genau an.
Viel schlimmer ist, dass sie bestimmt auf mich starren werden. Jeder Einzelne von ihnen. Sie werden mir die Eingeweide aus dem Leib herausglotzen. Ich hasse das! Bin ich etwa ein Gemälde? Ich will nicht angestarrt werden!
„Was ist, wenn sie sich gar nicht für mein Buch interessieren, sondern nur für die Romanze mit Danny?“
„Hey, das kann dir doch egal sein. Vergiss diesen Danny endlich!“
„Würde ich ja gern. Leider habe ich die letzten vier Wochen fast täglich ein neues Gerücht über ihn und mich lesen müssen. Dabei bin ich ihm überhaupt nicht mehr begegnet.“
Lucy erhebt sich und zieht an meinem Ärmel.
„Was spielt das für eine Rolle? Du gehst jetzt in diese Buchhandlung! Ich werde dich persönlich hinfahren, damit du auch ankommst.“
Sie lächelt mich an, als würde sie sich von meinem Leid nähren. Welch sadistische Ader ruht doch in ihr. Ich ergebe mich und stehe auf. Sie hat Recht. Eine Freundin, die Recht hat, ist ganz nützlich, aber unbequem. Bequemer wäre es, jetzt noch ein Nickerchen zu halten und danach der Signierstunde live vorm Fernseher beizuwohnen. Wozu muss ich da persönlich hin?
Lucy erklärt mir auf der Fahrt zur Buchhandlung, warum ich mich niemals live im Fernsehen von zu Hause aus betrachten könnte. Das hatte ich mir schon gedacht und wollte es im Grunde nicht so genau wissen, doch Lucy nimmt ihre Aufgabe als Freundin ziemlich ernst. Auf keinen Fall würde sie zulassen, dass mein Intelligenzquotient an solch einer widersinnigen Hypothese Schaden nehmen könnte.
Als wir die Buchhandlung erreichen, nehme ich sorgenvoll die Menschenmassen vor dem Eingang zur Kenntnis. Die Straße ist aufgrund des Trubels verstopft. Parkende Autos auf der Straße reihen sich aneinander. Alles dicht. Es scheint sich die halbe Stadt vor der Buchhandlung versammelt zu haben.
Lucy! Volles Wendemanöver! Abdrehen! Wir segeln nach Hause.
„Hier kommen wir nicht durch“, stellt Lucy fest. „Meine Güte, was ist hier nur los?!“
Siehst du, Lucy, ich hätte doch zu Hause bleiben sollen. Im Bett. Vorm Fernseher. Die Alternative ist bedrohlich.
„Vielleicht solltest du hier aussteigen und die letzten Meter laufen.“
„Wie bitte!?! Das kannst du nicht ernst meinen. Die Meute zerreißt mich doch in lauter kleine Fetzen, bevor ich mein Ziel erreicht habe. Da komme ich niemals in einem Stück an.“
Welch fahrlässige Idee.
„Halt hier bitte an! Ich muss nachdenken“, fordere ich Lucy auf.
Sie tut, was ich sage.
Meine Daumen kreisen in Lichtgeschwindigkeit umeinander. Es denkt sich so schlecht bei dem Anblick dieser Menschenhorde.
Hintereingang. Das hat doch schon mal geklappt. Lucy schaut ruhelos auf ihre Uhr. Das blockiert meinen Denkversuch. Muss das sein? Ich weiß selbst, dass die Zeit knapp wird. Das nützt mir nichts. Es werden einzig und allein Lösungsmodelle gesucht.
„Ich gehe zu Fuß“,
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