Ein Iglu für zwei (German Edition)
da?
Namid kommt zu mir herüber und wickelt seine Beschützerarme um mich herum.
„Du bist etwas durch den Wind. Möchtest du darüber reden?“
Würde ich schon gern, aber worüber genau? Dass ich mich verletzt fühle und Danny Greyeyes aus mir eine berechnende Killerlady gemacht hat? Oder soll ich über meine verwirrten Gefühle sprechen, die mir Sorge bereiten? Ich könnte schon einen Mülleimer gebrauchen. Aber sind nicht in der Regel beste Freundinnen für die Müllentsorgung da? Gut, Namid ist mein Bruder, aber auch ein Mann. Und Männer würden ihr Geschlecht sicher niemals verraten. Vielleicht würden sie bei der eigenen Schwester eine Ausnahme machen. Aber kann ich mir da sicher sein?
„Später vielleicht. Wenn ich deinen Rat brauche, stehe ich auf deiner Matte. Verlass dich drauf.“
„Das ist typisch für dich“, hält mir Namid vor. „Warum glaubst du immerzu, es wäre besser, alles mit sich selbst auszumachen? Nach der Trennung mit Phil hast du kein Wort über deinen Kummer verloren.“
Phil. Diesen Namen habe ich schon fünf Jahre nicht mehr gehört, geschweige denn in den Mund genommen. Es schnürt mir sofort die Kehle zu, wenn ich diesen Namen ausgesprochen höre.
Ich erachte es als unnötig, andere Menschen mit meinen Problemen zu beladen. Das beste Mittel zu vergessen, ist nicht mehr daran zu denken. Und damit man nicht mehr daran denkt, spricht man eben nicht mehr darüber. So einfach ist das. Damit bin ich immer gut gefahren. Was ist daran falsch?
„Du hast Recht“, ergebe ich mich. „Aber glaub mir, ich bin okay.“
Namid nickt mit dem Kopf. In seiner Brieftasche kramt er nach einer Visitenkarte und legt sie auf den Tisch.
„Ich bin wieder umgezogen. Meine neue Adresse.“
Namid zieht umher wie ein Vagabund. Falls er jemals sesshaft werden sollte, dann nur wegen einer Frau. Der Frau, die er bislang noch nicht gefunden hat.
Nachdem ich mich von Namid verabschiedet habe, versuche ich, mir mit einer Dusche die Gedanken abzustreifen. Der Genuss des warmen Wassers währt nur kurz, bis mich das aufdringliche Klingeln des Telefons aus dem Badezimmer sputen lässt.
Mein Verleger ist am Apparat. Was führt ihn zu diesem regelwidrigen Verhalten? Wir reden so gut wie nie miteinander. Das meiste wird schriftlich geklärt. Falls es mal was zu klären gibt.
„Miss Bergstroem, sind Sie am Apparat?“, fragt er verunsichert nach. Kein Wunder, meine Stimme ist ihm weitgehend unbekannt. Ich muss selbst immer genau hinhören, um mich zu erkennen. Wann hör ich mich schon reden?
„Ja.“ Kurz und knapp. So antworte ich am liebsten.
„Gut. Hören Sie, Miss Bergstroem, ich habe es gerade in der Zeitung gelesen.“
Lass mich raten! Nein, da komme ich niemals drauf. Sag’s mir!
„Ach ja?“
„Wissen Sie, Ihre Privatsphäre geht mich ja nichts an ...“
Richtig, die geht dich überhaupt gar nichts was an. Nur mich und mich. Sonst niemanden.
„... es ist nur so: Dieses zunehmende öffentliche Interesse an Ihrer Person könnte sich als nützlich erweisen. Was ich damit sagen will, ist: Wir sollten den Erscheinungstermin Ihres nächsten Buches vorverlegen und so schnell wie möglich öffentliche Auftritte für Sie arrangieren. Was halten Sie davon, Miss Bergstroem?“
Was ich davon halte?!? Nichts und nochmals nichts. Auf keinen Fall! Schmeiß das Buch weg! Alles, nur keine öffentlichen Auftritte!
„Mir ist natürlich bewusst, dass Sie zu viel Trubel um Ihre Person nicht wünschen. Wir könnten also die Signierstunden so kurz wie möglich gestalten. Sagen wir, vielleicht jeweils eine Stunde pro Tag.“
Pro Tag? Um viele Tage handelt es sich denn?
„Mit der Druckerei habe ich bereits gesprochen. Es spricht nichts dagegen, das Buch nächsten Monat zur Auslieferung zu bringen.“
So, du organisierst also schon mal alles hinter meinem Rücken und setzt mich nur in Kenntnis. Ich brauche demnach nur noch „Ja“ zu sagen. Denn ein „Nein“ ist gar nicht mehr möglich. Ich liebe es, die Wahl zu haben. Vor allem, wenn die Entscheidung bereits feststeht. Da tut man sich nicht mehr so schwer, mit der Wahl. Das nenne ich Selbstbestimmungsrecht.
„Ja, also ...,“ überlege ich ein wenig laut herum.
„Sie sind also einverstanden. Das ist ja großartig! Ich habe bereits in den Buchhandlungen die Werbetrommel gerührt. Mittwoch in vier Wochen findet gegen fünfzehn Uhr eine Signierstunde in der Hamilton-Buchhandlung statt. Informationen über weitere Termine lasse ich Ihnen noch
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