Ein Iglu für zwei (German Edition)
Menschenhorden hinter den Abzäunungen. Lauter entlaufene Irre. Nein, nichts weiter als kleine Robben. Sieh nicht so genau hin! Geh einfach immer weiter!
Kaum haben wir den Festsaal erreicht, wird uns ein Tablett mit Champagner zugereicht. Schnell greife ich nach einem Glas. Ich brauche dringend etwas, woran ich mich festhalten kann. Verkrampft umklammere ich es und sehe mich um.
In der Ferne beobachte ich, wie einige aufreizend gekleidete Damen heiter für einen Kameramann posen. Sie kichern belustigt. Man merkt ihnen ihre Unbeschwertheit an. So könnte ich niemals sein. Nie im Leben würde ich mich freiwillig vor eine Kamera stellen.
Wir gehen auf eine Menschentraube zu, deren vereinzelte Trauben uns bereits zuwinken. Müsste ich sie kennen? Nein. Aber Danny. Welch helle Wiedersehensfreude! Überschwänglich begrüßen gerade die Damen meinen Begleiter.
„Daaannyyy! Schön, dich hier zu sehen. Wie geht es dir? Oh, du hast ja deine neue Freundin dabei.“
Häh?!
Man schenkt mir keine weitere Beachtung. Danny wird von ihnen voll in Beschlag genommen. Falls ich überflüssig sein sollte, würde ich es gerne jetzt wissen. Es würde mir wirklich nichts ausmachen zu gehen.
„Wir hoffen, du sitzt an unserem Tiiisch. Es wäre eine Schande, dich nicht in unserer Nähe haben zu köönnen.“
Was sind das nur für blasierte Weiber? Falls Danny diese Sorte Mensch zu seinen besten Freunden zählen sollte, dann wundert mich sein verdrehtes Meinungsbild über Frauen nicht. Jetzt lachen sie auch noch so aufgesetzt. Wo lernt man so was? Sie haken sich bei ihm unter, eine links, die andere rechts, und führen ihn zu den Tischen.
Also, jetzt wüsste ich wirklich gern, welche Rolle mir von nun an zuteilwird. Falls dieses lächerliche Schauspiel jetzt irgendein Kameramann auf der Linse hat, dann mache ich mich doch zum Gespött der Leute, wenn ich diesem Dreiergespann treudoof hinterherwatschle. Ratlos über mein weiteres Vorgehen sehe ich mich um. Während meines Rundumblickes fallen mir keine Kameras auf, die zufällig gerade unerwünschte Filmaufnahmen von mir machen könnten. Also folge ich Danny und seinem frisch erstandenen Harem unauffällig. Als er mit seiner Weibercrew einen der großen runden Tische erreicht hat, dreht er sich doch tatsächlich kontrollierend nach mir um.
Er hat mich noch nicht vergessen. Interessant! Soll ich mich jetzt genauso wie die anderen beiden Damen um ihn ringen? Oder reicht es, wenn ich mich einfach dezent auf meinen Platz setze? Welcher könnte mein Sitzplatz sein? Ich entdecke goldene Platzkärtchen und lese meinen Namen in verschnörkelter Schrift. Es ist der Platz direkt neben Danny. Aber eine der Haremsdamen tauscht ungeniert ihr Namensschild gegen meines. Gäbe es jetzt eine Veranlassung, etwas zu sagen, oder sollte ich es stillschweigend hinnehmen?
Ich entscheide mich für die letztere Wahl. Denn auch Danny sieht keine Veranlassung, Beschwerde einzulegen. Er genießt ganz offensichtlich die vielen Schmeicheleien, die ihm zuteilwerden. Die hätte ich ihm natürlich so nicht bieten können. Dazu müsste ich erst einmal lernen, wie man raffiniert heuchelt. Ein unnützes Talent meiner Ansicht nach. Daher fehlt mir dafür absolut die Begabung. Auf Grönland werden solche Charakterzüge nicht benötigt. Einer Robbe ist es egal, ob ich sie mag oder nicht, wenn ich mein Gewehr auf sie richte.
Ich nehme meinen Platz ein und linse auf das Tischkärtchen meines Tischnachbarn. Es ist mir peinlich, dass mir dieser Name vollkommen unbekannt ist. Wahrscheinlich sitze ich gleich neben einem Bill-Gates-Verschlag und weiß es nicht mal.
Als endlich alle ihre Plätze eingenommen haben, lerne ich meinen Tischnachbarn kennen. Ein älterer, aber äußerst sympathischer grau melierter Herr mit einem leichten Akzent, den ich leider nicht zuordnen kann. Ich rede eigentlich nicht viel mit ihm, aber er mit mir.
Er hat mir viele Geschichten zu erzählen aus seinem ereignisreichen Leben. Seine Berichte interessieren mich und lenken mich ab von diesem unerträglichen Techtelmechtel zwischen Danny und seinen Haremsdamen. Wenn doch nur endlich das Buffet eröffnet würde, ich könnte meinen mal wieder leer gehungerten Magen leicht befüllen. Natürlich war es die Nervosität, die mir an diesem Tag sämtlichen Appetit raubte. Daher gelang es mir lediglich, eine Notration zu mir zu nehmen. Bedauerlicherweise ist diese längst aufgebraucht und meine Antriebsmaschinen fordern Nachschub.
Während es mir
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