Ein Jahr – ein Leben
Parteien, und ich treffe mich mit dem Kulturstaatsminister, um ihn zum Beispiel davon zu überzeugen, dass der Deutsche Filmpreis live im Fernsehen übertragen wird, mit einem Vorbericht in den Dritten Programmen inklusive rotem Teppich. Wir wollen mit dem Filmpreis irgendwann in die Hauptsendezeit, das ist unser Ziel. Es ist auch wichtig, dass die deutschen Kinoproduktionen nicht erst um 23 Uhr 15 im Fernsehen ausgestrahlt werden, sondern in der Primetime. Beim »Weißen Band« von Michael Haneke hat man es gesehen, er lief um 20 Uhr 15 und hatte fünf Millionen Zuschauer. Es geht eben doch!
Hätten Sie jemals gedacht, dass Sie einmal als Verhandlungsführerin einer Delegation mit einem hochrangigen Politiker auftreten würden?
Nein, weil ich es nicht kann.
Jetzt kokettieren Sie.
Nein, nein, ich kann nicht, was unser Geschäftsführer der Akademie kann, die richtigen Sätze sagen bei einem solchen offiziellen Termin.
Und was können Sie?
Ich gehe da anders ran. Ich sage: »Herr Kulturstaatsminister, es ist doch auch mal spannend, wenn man unbekanntes Terrain betritt.« Und dann lege ich los, mal mit Charme, mal mit Chuzpe. Ich bin ja abgesichert durch all die Seriösen, die um mich herum sind. Man hat mir übrigens gerade eine attraktive Rolle angeboten, es geht um eine Politikerin, Sozialdemokratin, Elisabeth Selbert, sie war eine der ersten deutschen Frauen, die in der Nachkriegszeit in die Politik gingen. Sie wurde 1948 in den Parlamentarischen Rat der Bundesrepublik gewählt, hat am Grundgesetz mitgeschrieben. Ihr verdanken wir die Aufnahme der Gleichberechtigung in die Verfassung. »Männer und Frauen sind gleichberechtigt«, der Satz ist von ihr. Ihr Leben soll jetzt verfilmt werden, das Drehbuch gefällt mir.
Ich muss zugeben, mir sagt der Name nichts.
Mir hat er auch nichts gesagt. Sie hat für den ersten Bundestag kandidiert, ist knapp gescheitert, hat sich aus der aktiven Politik verabschiedet. In ihrer Heimatstadt Kassel hat sie jahrzehntelang als Anwältin gearbeitet, Spezialgebiet Familienrecht, und erst im Alter von 85 aufgehört zu arbeiten. Für diese Verfilmung will ich mich starkmachen. Im Mai entscheidet der WDR , ob er den Film fördert, wir wollen ihn in Bonn an den Originalschauplätzen drehen. Und das muss schnell passieren, denn Ende des Jahres werden einige der Gebäude renoviert und sehen dann nicht mehr so aus wie damals. Auf der Berlinale habe ich dazu einige Gespräche am Rande der Empfänge geführt.
Das klingt nach anstrengenden Tagen.
Es sind viele Termine, zu viele. Nach ein paar Tagen merke ich, wie die Erschöpfung immer größer wird, und nehme nur noch das Allerwichtigste wahr. Ich habe diese Berlinale wirklich nur mit Wasser überstanden.
Kein Alkohol?
Kein Alkohol. Und ich trinke gerne ein Glas Champagner. Ich schlafe zu wenig, die Nächte sind zu lang. Den Film »Glück« von Doris Dörrie habe ich angeschaut.
Sie haben mit ihr »Bin ich schön?« gedreht, 1998 .
Ich habe in diesem Film eine Szene mit Oliver Nägele, die ich »Reiten für Deutschland« nenne. Er liegt nackt da, »wie ein großer Fleischklops« heißt es im Buch. Wir hatten einen riesigen Schiss vor dieser Szene. Im Drehbuch liest sich das ganz einfach: Sie kniet vor ihm, dann bläst sie ihm einen, und dann sitzt sie auf ihm und reitet. Dann kommt der Drehtag. Oliver und ich kannten uns praktisch gar nicht. Für ihn war es extrem schwer, vollkommen nackt auf dem Bett zu liegen. Doris ist in solchen Momenten ganz wunderbar. Sagt sie: »So, meine Regieassistentin und ich, wir spielen euch jetzt mal vor, wie wir uns das vorgestellt haben.« Die beiden Frauen haben das also vorgemacht, sitzen, knien, liegen, Beischlaf. Doris setzt sich oben auf die liegende Assistentin. Das war psychologisch natürlich sehr geschickt. Dann waren Oliver und ich an der Reihe. Man bekommt bei einer solchen Szene Regieanweisungen wie: »Du musst schon etwas näher an ihn ran, Iris.« Ich hatte die Szene beinahe vergessen, aber vor kurzem spricht mich jemand an und sagt, haben Sie mal auf YouTube die Sexszene mit Ihnen gesehen? Ich sage, welche Sexszene? Na, da blasen Sie gerade jemandem einen.
Herrjemine.
Die Szene ist tatsächlich auf YouTube, darunter steht lediglich: »Heißer Sex mit Iris Berben«. Kein Wort, dass das aus einem Film ist. Ich war fassungslos.
Kann man das nicht sperren lassen?
Es sind Filmszenen, deswegen scheint das nicht zu gehen.
Seit unserem letzten Gespräch, Frau Berben, haben wir einen
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