Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
aus“, sagte Emily und freute
sich, als sie sah, wie Thorsten strahlte. „Und, mal wieder was von deinem Vater
gehört?“
„Er will, dass ich in eine Verbindung eintrete und hat mir
auch schon eine rausgesucht. Ich hasse aber diese Verbindungsleute und jetzt
weiß ich wieder nicht, was ich machen soll.“
„So eine richtig schlagende Verbindung?“
Thorsten nickte unglücklich. „Ja, die drei Häuser weiter
hier den Berg hinauf“
„Igitt.“
„Du sagst es.“ Und schweigend teilten sie sich die restlichen
Pralinen.
Emily machte es sich nach diesem Tag zur Gewohnheit,
mindestens einmal am Tag in der Weststadt vorbeizufahren. Sie fuhr immer extra
langsam, um das ganze Ambiente in sich aufzunehmen, traf aber weder die ältere
Frau mit den Kindern wieder noch Josue. Dafür fingen einzelne Radfahrer an, ihr
zuzunicken, weil sie vermutlich dachten, sie wohne hier in der Ecke.
Auch Gabriel ließ nicht locker. Einige Tage nach der
Pralinengabe rief er sie sogar zuhause an. Emily sagte zu, ihn in einem Café zu
treffen. Er schlug vor, das alteingesessene Café neben dem ehemaligen Kino in
der Rohrbacher Straße zu nehmen, und Emily war einverstanden. Das lag
schließlich auf dem Weg zu ihrem täglichen Abstecher. Emily war zuerst da und
verfluchte ihre Pünktlichkeit. Zu so einem Gespräch wäre sie gerne unpünktlich
gekommen, um gleich zu signalisieren, wer hier das Heft in der Hand hielt.
Gabriel betrat das Café und sein Gesicht hellte sich auf, als er Emily auf der
Eckbank sitzen sah.
„Ich freu mich, dass du gekommen bist“, sagte er schüchtern
und legte ein Päckchen vor sie auf den Tisch. „Bitte, das ist für dich, mach’s
auf.“
„Ach, Gabriel, ich will nicht, dass du mir ständig Geschenke
machst“, stöhnte sie, war aber natürlich trotzdem neugierig. Geschenken konnte sie
einfach nicht widerstehen. Sie öffnete das Päckchen, heraus kam das neueste
Buch von Eva Illouz „Warum Liebe wehtut“.
„Das ist eine israelische Soziologin, Professorin für
Soziologie in Jerusalem, es hat wirklich gute Kritiken.“
Emily sah Gabriel lange an. „Und das Thema ist vermutlich
auch kein Zufall, nicht wahr?“, preschte sie voran, um die Sache hinter sich zu
bringen.
„Nein.“ Er schaute sie verlegen an. „Emily, ich habe mich in
dich verliebt. Vermutlich gleich beim ersten Mal, als du dich zu mir gesetzt
hast in der Mensa.“
„Hm, habe ich mir schon gedacht nach deinen ganzen
Zuwendungen“, entgegnete sie möglichst flapsig.
„Und du, was ist mir dir?“, fragte er mutig und sah sie so
lieb an, dass sie hätte heulen können.
„Gabriel, ich mag dich“, sagte sie und hielt sich gerade
noch zurück, ihre Hand auf seinen Arm zu legen.
„Aber?“, fragte er.
„Aber nicht so wie du mich, vermute ich.“
„Na ja, aber dass du mich magst, ist ja schon ein Anfang“,
sagte er bittend und klammerte sich wie ein Ertrinkender an diesen Strohhalm.
„Ich habe mich in einen
anderen Mann verliebt.“ Emily dachte, diese kalte Dusche ist doch der
einzige Weg, dass Männer nicht ihr Gesicht verlieren. Sie verstehen sonst
nicht, dass man sie einfach so nicht liebt, Gabriel schien da keine Ausnahme zu
sein.
„Wirklich?“ Er sah sie prüfend an.
Emily wurde rot und nickte.
„Wer ist es denn, wenn ich fragen darf?“
„Ich will darüber noch nicht sprechen“, sagte sie
ausweichend.
„Und wenn das mit ihm nichts wird, wirst du dann in Erwägung
ziehen, mir noch eine Chance zu geben?“
Emily nickte noch einmal, das schien ihr ein fairer Ausweg
zu sein, der ihn nicht zu stark verletzen würde. „Und jetzt essen wir
Sahnetorte“, schlug sie betont munter vor.
Gabriel sah sie mit einem letzten waidwunden Blick an, dann
straffte er sich merklich und stand auf. „Nach Ihnen, meine Dame.“ Mit Bedacht
wählten sie die größten Tortenstücke aus und unterhielten sich über
Unverfängliches wie ihre Soziologieveranstaltungen und die unreifen
Soziologiegören, die ihnen beiden so auf die Nerven gingen mit ihrer
Strebsamkeit und ihrer mangelnden Lebenserfahrung. Sie lachten viel, Gabriel
hatte einen feinen Humor. Er könnte ein richtig guter Kumpel sein, aber mit
Kumpels, die mehr von einem wollten, hatte sie schon in der Schulzeit keine
guten Erfahrungen gemacht.
Nach dem Cafébesuch fuhr
sie schon fast aus reiner Gewohnheit noch einmal an diesem Tag durch die
Straße, in der Josue wohnte. Inzwischen war es später Nachmittag und da sah sie
ihn. Er schloss gerade einen silbernen
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