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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Figur
achteten und auch mal richtig schlemmen konnten. Die beiden schienen nach wie
vor ganz verliebt zu sein. Sie erfanden ständig neue Kosewörter, eins
gehaltvoller als das andere, „mein Täubchen“, „mein Schnuzelchen“ und „Anna
Havanna“ waren noch die salontauglichsten. Auch konnten sie nicht genug davon
bekommen, sich gegenseitig mit Leckerbissen zu füttern und sich jedes Mal
danach ausgiebig zu küssen, so dass sich Emily nach einer Weile fragte, ob sie
vielleicht doch lieber mit ihren Eltern einen Tatort hätte schauen sollen.
Vermutlich wäre sie sich da weniger einsam vorgekommen als angesichts des vor
ihr sitzenden Liebesglücks.
    Während sie Trübsal blies und an einer letzten Rigatoni
saugte, schienen die beiden zu merken, dass sie sich nicht wohlfühlte. Sie
rutschten betont ein wenig auseinander und Anna wandte sich Emily mit ihrer
vollen Aufmerksamkeit zu. Jetzt ging’s los, Emily wappnete sich schon mal
vorsichtshalber.
    „Wie schaut’s denn aus mit Mister Unbekannt, hast du
Fortschritte gemacht? Es macht dir doch nichts aus, vor Harry darüber zu
sprechen?“
    Natürlich machte es ihr etwas aus, aber zurzeit schien es
Anna ja nur im Doppelpack zu geben. „Na ja, ich weiß, wo er wohnt. Ich habe ihn
im Konzert gehört und wir sind uns kurz vor der Toilette über den Weg gelaufen,
ich denke, er hat mich wiedererkannt.“
    „Und?“
    „Nix und, das ist alles.“
    Missbilligend schüttelte Anna den Kopf. „Ich hatte so
gehofft, dass du ihm schon nähergekommen bist. Ich könnte mich da nicht so
lange in Geduld fassen, nicht wahr, Harry-Böhnchen? Als wir uns das erste Mal
sahen, ging alles ganz schnell.“
    „Ja, ich glaube, du warst auch richtig betrunken“, lachte er
gutmütig.
    „Na, wenn schon. Kinder und Betrunkene wissen, was gut ist“,
improvisierte sie.
    „Ich muss das halt in meinem Tempo angehen, du kennst mich
doch und weißt, dass ich bei den wichtigen Dingen eine etwas längere
Vorglühzeit brauche.“
    Anna nickte. „Wenn ich an die Diskussionen zurückdenke, ob
du jetzt nach Heidelberg gehen willst oder nicht, hast du völlig recht. Bei mir
kam das so an, als ginge es mindestens um die Entscheidung nach Australien
auszuwandern.“
    „Kängurus habe ich zwar noch keine gesehen. Aber die haben
da frei lebende Papageien in Heidelberg, hättet ihr das gedacht?“
    Anna und Harry staunten großzügig.
    „Also gut Emily, ich habe eine Idee“, sagte Anna listig.
„Wir schließen eine Wette ab, damit du endlich in die Gänge kommst. Wenn du bis
zu unserer Hochzeit am dreißigsten Juli einen ersten Kuss von ihm bekommen
hast, darfst du Trauzeugin werden, ansonsten nur Patentante.“
    Emily ließ die Gabel klirrend fallen. „Ihr werdet heiraten?“
    „Aber sicher“, meinte Harry, „oder glaubst du, ich werde
Anna nochmal gehen lassen?“ Anna kuschelte sich an ihn und sah nicht danach
aus, als wollte sie ihn ihrerseits bald wieder gehen lassen.
    „In Ordnung“, erwiderte Emily, „die Wette gilt, das wäre
doch gelacht!“ Während ihr gleichzeitig schwindlig wurde, da acht Wochen
wirklich keine lange Zeit waren, um einen völlig Unbekannten zu einem Kuss zu
bewegen. Doch sie merkte, dass die Zeit jetzt reif war. Es ging nicht an, dass
das Leben an ihr vorbeizog, während andere in so großen Sprüngen weiterlebten
wie das ungleiche Paar ihr gegenüber am Tisch. Nein, korrigierte sie sich, das
Leben war nicht an ihr vorbeigezogen. In Heidelberg hatte es definitiv an Fahrt
aufgenommen im Vergleich zu ihrem Leben der letzten Jahre. Aber so vollständig
lebendig fühlte es sich auch noch nicht an, da fehlten doch noch ein, zwei
wichtige Komponenten.
    Als sie später bei ihren Eltern in Freds altem Zimmer im
Bett lag, weinte sie leise vor Einsamkeit und vor Sehnsucht nach Frederik,
ihrem großen kleinen Bruder. Gleichzeitig war sie jedoch wild entschlossen, ihr
Liebesleben jetzt – wie es so schön hieß – proaktiv anzupacken. Und während sie
in den Schlaf glitt, sah sie sich, wie sie leichtfüßig auf sein Haus zuschritt.
Die Vögel sangen in den Rosenbüschen, die den Aufgang zu dem kunstvoll
geschnitzten hölzernen Tor säumten. Da eilte ihr Josue schon entgegen und
breitete die Arme aus. Sie flog hinein und er flüsterte in ihr Haar: „Emily,
endlich bist du da.“
     
     
     
     
     
     
     

In der Weststadt, der versuchte Liebesbrief und ein
dramatisches Geschenk des Erzengels
     
    Gleich nach der Vorlesung am Dienstag schwang sie
sich auf ihr Fahrrad

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