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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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ihrem
Gerechtigkeitssinn zuwider laufen und der war gerade empfindlich
gestört, wenn Edith so ungerechte Dinge behauptete. Wortkarg beendete sie die
Morgentoilette und klopft Herrn Hirzel noch ein wenig Aftershave auf die
Wangen.
    „Es ist nicht immer leicht, hier zu arbeiten“, sagte er
mitfühlend zum Abschied. „Sehen wir uns am Dienstag?“
    Emily nickte und versucht zu lächeln. „An der Uni komme ich
inzwischen viel besser zurecht, dank Ihnen.“ Er winkte ihr und sie zog weiter
ins nächste Zimmer. Heute hatte sie die Kontrolle beim Herrn Oberwachtmeister
aufs Auge gedrückt bekommen. Inzwischen hatte er verstanden, dass sie hier
arbeitete, war aber immer noch etwas misstrauisch.
    „Guten Morgen“ rief sie betont fröhlich, während sie die
Zimmertür aufriss. Es roch wie in der Hölle, nach Pech, Schwefel und Pipi. Er
hat vermutlich wieder gelötet. Auf dem Tisch stand eine komplizierte Apparatur.
Sie ging einen Schritt darauf zu, da sprang Herr Hicks aus der Zimmerecke, in
der er sich gerade anzogen hatte, und warf schwungvoll ein Unterhemd darüber.
    „Das ist nicht für fremde Augen bestimmt.“
    „Keine Sorge“, sagt Emily, „ich habe das technische
Verständnis einer Ameise.“
    „Oho, beleidigen sie die Ameisen nicht. Sie wissen doch,
dass sie das hundertfache ihres Körpergewichts tragen können, und Sie sprechen
von mangelndem technischem Verständnis!“
    Emily sagte gar nichts mehr. Es hatte keinen Zweck, an Tagen
wie diesen mit ihm zu reden. Sie ging zum Fenster und öffnete es. Sofort stand
er hinter ihr und schubste sie mit seinem Bauch beiseite.
    „Schluss“, zischte er. „Die können doch alles hören, wenn
sie das Fenster aufmachen.“
    „Aber es muss sein.“ Emily kippte energisch das Fenster,
machte schnell das Bett, sammelte die auf dem Boden verstreuten Klamotten
inklusive einer von Flüssigkeit tonnenschweren Riesenunterhose ein, die sie mit
spitzen Fingern in einen Plastikbeutel packte.
    „Haben Sie schon Zähne geputzt?“, fragt sie, wie man es ihr
aufgetragen hat. Er kniff die Lippen zusammen. Seufzend packt sie die
Zahnbürste, drückt zwei Zentimeter Zahnpasta drauf und sagte „Aaah“.
    „Ich bin doch kein Kind“, brummelte er, öffnete aber gehor sam seinen Mund. Eine Wolke beißenden
Tyrannosaurus-Gestanks schlug ihr entgegen. Sie hielt den Atem an und
zählt innerlich bis dreißig.
    „Fertig“, ächzte sie, „bitte ausspülen“. Brav nahm er einen
Zahnputzbecher und spülte aus. Das wäre nochmal gut gegangen. „Frühstück kommt
gleich“, rief sie über die Schulter.
    „Vergessen Sie nicht meine Zusatzbrötchen“, schallte es ihr
hinterher. Schwer atmend lehnte Emily sich gegen die Wand. Edith lief mit
einigen Leintüchern über dem Arm vorbei und lächelte süß.
    „Da warst du aber schnell wieder draußen. Hat er keine
interessanten Bücher gehabt?“
    „Oh nein, aber nächstes Mal führt er mich in den Gebrauch
seines Lügendetektors ein und wir dachten, wir könnten dich als Versuchsperson
nehmen“, entgegnete sie spitz.
    Edith verfärbt sich lila. „Komm mit, Betten machen“, bellte
sie. Schweigend wechseln sie Laken bei den Bettlägerigen, rollen die alten
Herrschaften wie in einer eingeübten Choreografie hin und zurück, und als sie
dann gemeinsam das Frühstück austeilten, sagte Edith: „Für so ’ne Studierte,
stellst du dich gar nicht so schlecht an.“
    Emily freute sich und entgegnet: „Weißt du, eigentlich bin
ich Optikerin, aber ich wollte nochmal was Neues erleben.“
    „Und jetzt bist du im Altenheim gelandet.“
    „Wie das Leben so spielt, oder was wolltest du mal machen?“
    „Ich wollte gerne meinen eigenen Kosmetiksalon eröffnen und
bin auch Kosmetikerin.“
    „Aber?“
    „Wir haben Privatinsolvenz, noch fünf Jahre, danach sehen
wir weiter.“ Emily nickte und dachte, dass es meistens doch einen Grund hatte,
wenn Menschen so brummig waren. Sie nahm sich vor, freundlicher zu Edith zu
sein, zumindest manchmal.
     
    Während sie Frau Schorschi, die im Heim nach ihrem
Kanarienvogel genannt wurde, ihr Mittagessen verabreichte, schaute sie
gedankenverloren aus dem Fenster und dachte an die Ereig nisse mit Gabriel. Er hatte sie höflich gegrüßt, war ihr aber ansonsten aus dem Weg gegangen, wenn sie gemeinsame Veranstaltungen gehabt hatten. Sie
hatte ihn doch liebgewonnen und dieser Abstand gefiel ihr gar nicht, aber
vermutlich brauchte er das, um wieder auf die Beine zu kommen. Auch Clara war
sehr mit sich selbst und

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