Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
ihrer Trauer über die zerbrochene Beziehung
beschäftigt und Emily fühlte sich einsam. Anna hatte sie gestern angerufen und
mitgeteilt, dass sie das erste Ultraschallbild mit erkennbarem kleinen
Gewürzgurkenbaby hätten und ob sie es ihr einscannen und zuschicken sollte.
Emily war gar nicht so euphorisch gewesen, und als Anna sie dann noch dezent
darauf hingewiesen hatte, dass der Countdown der zweiten vier Wochen lief,
hätte sie am liebsten aufgelegt. Irgendwie steckte sie fest. Der erste
Briefentwurf lag immer noch in der Schublade und wartete auf fachkundige
Beratung. Ruth hatte sich für nächstes Wochenende angekündigt. Oh, da musste
sie Frau Storck doch bitten, ob sie nächstes Wochenende frei haben konnte, die
würde nicht gerade begeistert sein, weil sie ja gerade für die
Wochenendschichten zur Entlastung der anderen eingestellt worden war. Auch wenn
sie nicht so recht daran glaubte, vielleicht gab Ruth ihr ja nochmal den
entscheidenden Hinweis, wie sie ihre Werbung besser angehen konnte.
Während sie Frau Schorschi den am Kinn heruntergelaufenen
Brei mit dem Löffel abkratzte und noch verfütterte, dachte sie, das ist doch
das Stichwort – Werbung. Werbung muss doch kreativ sein, damit sie auffällt und
die Zielgruppe erreicht. Sie hatte früher, weil ihr Chef zu geizig war, eine
Firma dafür zu beauftragen, die Schaufenster des Optikladens gestaltet und viel
gutes Feedback bekommen. Vielleicht ließe sich da was machen. Schließlich
sollte man ja seine Stärken einbringen und nicht mit den Schwächen wie z.B.
Briefeschreiben hausieren gehen, dachte sie, während sie Frau Schorschi mitsamt
Rollstuhl ans Fenster zu ihrem Schorschi rollte, der auch prompt zur Begrüßung tirilierte.
Emily saß mit einer großen Tüte Nervenfutter, auch genannt
M&Ms, auf ihrem Sofa, hatte ihren Collegeblock auf den Knien und sammelte
Ideen. Leider schaffte sie es nicht, sie ungefiltert stehen zu lassen, und
schrieb gleich ihre Bewertung dazu:
• So wie in den amerikanischen Filmen einen
Cellokasten anliefern lassen und sie stieg heraus und trug ein Liebesliedchen
vor (womit wir dann endlich die ultimativ peinliche Situation geschaffen
hätten).
• Lauter
Herzchen-Ballons im Vorgarten anbinden (aber was werden dann die Nachbarn
denken) als Begleitaktion zum ultimativen Brief.
• Zwei Gutscheine für ein Dinner im
Schlossrestaurant einwerfen (aber nein, das war doch schon viel zu intim).
• Ihm per Mail einen Lovesong als mp3 zuschicken,
um ihn neugierig zu machen (ob er sich überhaupt in die Niederungen von Rock
und Pop begab als klassischer Musiker? Aber vielleicht nicht schlecht).
• Thorsten als Kurier mit einem Strauß Rosen und
kleinem Begleitbriefchen vorbeischicken (auch ein Mann kann Blumen mögen, also
zumindest, wenn er eine kleine romantische Ader hat).
• Seine Kinder auf dem Spielplatz abpassen, sie
mit Süßigkeiten bestechen und zufällig dabei sein, wenn er sie abholte (das tat
er allerdings kaum, wie sie inzwischen wusste, außerdem ist es doch zu perfide,
mich über die Kinder anzupirschen).
• Eine Serie Postkarten schicken, auf der jeweils
nur ein einziges Wort steht, die dann einen guten Satz ergaben (wie verlässlich
ist die Heidelberger Post?).
• Eine Botschaft mit Lippenstift an sein Auto schreiben
(aber das mochten wohl nur besondere Typen, zu denen er hoffentlich nicht
zählte).
• Ihm ein Buch per Post zukommen lassen und ein
Rätsel durch das Buch von Seite zu Seite anfertigen, aus dem sich die Botschaft
ergab (tolle Idee, aber wer hatte als vielbeschäftigter Mensch Zeit zu solchen
Spielchen?).
• Die Botschaft aus passiertem Moos, Zucker und
Joghurt an sein Haus sprühen, so dass sie nach und nach wachsen würde (sie
hatte einen coolen Artikel über guerilla Gardening gelesen, aber Sachbeschädigung
wäre bei ihrer finanziellen Situation nicht ratsam).
• Eine Schatzkiste anliefern lassen, in der immer
kleinere und kleinere Schachteln waren, bis zum Schluss der ultmative Brief zum
Vorschein käme. (Da hätte sie doch auch gleich die Kinder auf ihrer Seite.)
Emily klappte zufrieden den Block zu, die Tüte war
so leer wie ihr Gehirn, aber sicher waren einige ausbaufähige Ideen dabei, die
sie dann mit Ruth weiterspinnen konnte. Eigentlich dachte sie, wäre der
leichtfüßige David für so etwas besser geeignet, aber den hatte sie schon lange
nicht mehr gesehen.
Emily schloss die Wohnungstür auf und trug Ruths
Weitere Kostenlose Bücher