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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Reisetasche
in die Diele. „Here we are“, präsentierte sie mit einer Rundumbewegung ihr
neues Zuhause. Ruth trat von einem Fuß auf den anderen und wusste sichtlich
nicht, wohin mit sich. Emily öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und bat Ruth
einzutreten. Ruth ließ sich erleichtert auf das bekannte alte Sofa fallen und
blickte sich kritisch um.
    „Gar nicht so schlecht für eine Studentin.“ Emily schluckte
eine Bemerkung hinunter.
    „Ja, das Zimmer ist wirklich toll, ich bereue nicht, hier
eingezogen zu sein.“
    „Und dein werter Mitbewohner?“
    „Es ist wirklich besser geworden. Wir sind zwar keine dicken
Freunde, aber jeder geht seiner Wege und auch nachts ist er friedlicher. Seine
Freundin ist ganz nett und scheint einen guten Einfluss auf ihn auszuüben. Du
wirst sie beide heute Abend kennenlernen. Ich dachte, ich gebe dir zu Ehren
einen kleinen Empfang.“
    „Oh.“ Ruth war nicht so der Gesellschaftsmensch, allerdings
war es Emily ein Bedürfnis, ihr die Menschen vorzustellen, die ihr inzwischen
in Heidelberg ans Herz gewachsen waren. Außerdem kochte sie gerne und hatte
schon lange keine Möglichkeit mehr gehabt, ihre Leidenschaft mit einer größeren
Gruppe zu teilen. Sie hatte das meiste schon vorbereitet, damit sie und Ruth
noch genug Zeit hatten. Ruth war komisch drauf, aber Emily beschloss, sich das
Wochenende nicht verderben zu lassen. Vielleicht war das nur die
Annäherungsphase. Früher hatten sie sich jede Woche mindestens zweimal gesehen
und jetzt diese lange Pause von vier Monaten.
    „Auf was hast du Lust? Magst du erst einen Tee trinken oder
soll ich dir Heidelberg zeigen?“
    „Ich muss erst mal ankommen, die Fahrt war schon lang. Lass
uns doch hier einen Tee trinken und dann sehen wir weiter und außerdem will ich
wissen, wie es weitergegangen ist mit deinem Josue. Du hast dich ja reichlich
bedeckt gehalten die letzten Wochen.“
    „Alles klar. Aber ich will auch wissen, wie’s dir so geht.“
    Ruth zuckte die Achseln. „Nichts Neues im Busch. Im Geschäft
ist alles beim Alten. Ich habe dir doch erzählt, dass ich einen Lehrauftrag an
der Berufsschule angenommen habe, der fängt in zwei Wochen an und da bin ich
kräftig am Vorbereiten und freue mich auch drauf.“
    Emily nickte anerkennend, während sie ihren runden Tisch
deckte und zur Feier des Tages das Kaffeegeschirr ihrer Großmutter mit dem
Goldrand aus den Tiefen ihres Schranks hervorzauberte.
    „Übrigens, ich war bei deiner Mutter.“
    Emily schluckte. „Ach, ich dachte, du rufst an oder so. Aber
dass du gleich vorbeigegangen bist, ist ja lieb.“ Sie setzte sich und vergaß
ganz das Teewasser aufzusetzen. „Wie geht’s ihr? Sie ist völlig einsilbig am
Telefon und alles, was ich weiß, weiß ich von meinem Vater.“
    „Ich glaube, es geht ihr gar nicht gut. Dein Vater erdrückt
sie mit seinem Helfersyndrom.“
    Emily schluckte erneut. Ruth wusste immer alles gleich in
eine Schublade zu stecken.
    „Ich hatte das Gefühl, dass es ihr körperlich gar nicht so
schlecht geht, sie bewegt sich langsam und vorsichtig. Doch ich denke, sie
könnte wirklich normal weiterleben, weil sie selbst schon so gut aufpasst.“
    „Mein Vater hat jetzt wohl eine neue Lebensaufgabe
gefunden“, seufzte Emily.
    „Irgendwie ist er rührend, aber es war kaum möglich mit
deiner Mutter einige Sätze alleine zu wechseln. Sie lässt dich herzlich
grüßen.“
    Emily wurden die Augen feucht. „Danke.“
    „Ich habe sie gefragt, ob sie nicht mal wieder in den
Nähkurs kommen möchte, und da ist sie richtig aufgelebt. Sie hat gesagt, sie
bittet deinen Vater, sie hinzufahren.“
    „So eine sitzende Tätigkeit kann doch nicht schaden, oder?“
    Emily stützte den Kopf in die Hände. „Ich habe so ein
schlechtes Gewissen, weil ich ihnen nicht mehr helfe, aber als ich dann neulich
da war, hat es mich auch gleich wieder genervt. Sobald ich bei ihnen im
Wohnzimmer sitze, verlässt mich alle Kraft, sie fließt einfach so von mir weg
und lässt mich als leere Hülle zurück. Vermutlich bin ich auch deswegen nach
Heidelberg gezogen, um wieder meine Kraft und Lebensfreude zurückzuholen“,
sagte sie nachdenklich. „Aber ich würde gerne einen Weg finden, ihnen von hier
aus etwas Gutes zu tun. Und vor allen Dingen wünsche ich Mama, dass sie sich
mehr gegen Papa behaupten kann.“
    Ruth zog eine Augenbraue hoch.
    „Ja, ich weiß, im Behaupten glänze ich auch nicht gerade.“
Aber sie dachte an die Situation mit Gabriel, die sie ganz gut

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