Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
es noch
zu früh, ihn zu sich nach Hause einzuladen. Er könnte es falsch verstehen. Aber
selbst, wenn er es falsch verstand, hatte sie vermutlich nichts dagegen, dachte
sie, also, was soll’s. Bevor sie der Mut wieder verließ, klickte sie schnell
auf „Senden“. Außerdem gehört es dazu, dass er erfährt, wie ich hier lebe,
damit er sich ein richtiges Bild von mir machen kann, dachte sie. Sie fühlte
sich wohl in der Wohnung und in ihrem Zimmer, war sogar stolz darauf, als
Studentin so feudal zu leben, also warum sollte er es nicht sehen? Thorsten war
in Urlaub mit Nadine, in einem Bungalow seiner Eltern in Spanien, also hatte
sie sturmfreie Bude.
Eine eingehende E-Mail blinkte auf, ob das schon die Antwort
von Josue war? Sie klickte sie an: Liebe
Emily, ich komme gerne, allerdings nur für ein Stündchen. Ich freue mich, Josue
Emily reckte die Fäuste in Siegerpose. Es geht, mutige
Frauen kommen weiter! Gleich wurde sie ganz aufgeregt. Was sollte sie kochen,
was sollte sie anziehen, wo würden sie sitzen? Da klingelte es an der
Wohnungstür. Emily öffnete und Clara trat ein. Sie umarmten sich herzlich.
„Clara, wie schön, dass du vorbeikommst, wir haben uns lange
nicht mehr richtig gesehen“, sagte Emily und hoffte, dass es nicht zu
vorwurfsvoll klang. Dann erst sah sie Claras verweintes Gesicht. Emily zog sie
am Ärmel zu ihrem roten Sofa und setzte sich neben sie. „Clara, was ist los?“
„Max hat ein Kind“, schluchzte sie. „Und er hat es mir gar
nicht gesagt, was das Schlimmste ist. Ich habe es zufällig herausgefunden, als
ich ihn bei der Übergabe am Bahnhof am Wochenende getroffen habe.“
Emily schüttelte ungläubig den Kopf.
„Ich habe mich schon gewundert, dass er jedes zweite
Wochenende abgetaucht ist und von beruflichen Terminen gesprochen hat.“
„Was ist es denn für ein Kind?“, fragte sie.
„Ein Mädchen, Paula, drei Jahre ist sie alt und so süß mit
ihren roten Wuschelhaaren. Aber ich verstehe einfach nicht, warum er mir es
nicht gesagt hat. Sehe ich aus wie eine Kinderfresserin?“, fragte sie Emily
verzweifelt.
Emily musste lachen. „Hast du mit ihm schon darüber sprechen
können?“
„Ich bin dann auf ihn zugegangen am Bahnhof, seine
Exfreundin war schon weg, aber er wollte im Beisein der Kleinen nicht sprechen
und hat so getan, als würde er mich kaum kennen. Ich bin so wütend“, grollte
sie „und auch richtig verletzt“, sagte sie leise. „Ich dachte, ich kann deine
Meinung hören, weil du doch auch in einen Mann mit Kindern verliebt bist.
Glaubst du, ich habe mich bisher noch nie mit diesem Thema auseinandergesetzt,
spießig wie ich bin!“
„Clara, du und spießig!“
„Doch, für mich kam bisher alles in der richtigen
Reihenfolge: verliebt, verlobt, verheiratet, Kinder, stell dir das mal vor.“
„Na ja, wer wünscht sich das nicht so?“, sagte Emily
langsam, „aber das war wohl einmal.“
„Macht es dir etwas aus, dass Josue Kinder hat?“, fragte
Clara vorsichtig.
„Ich weiß noch nicht so recht“, sagte Emily. „Ich merke
schon, dass alles komplizierter zu sein scheint mit den Treffen und so, aber
ich bin auch unglaublich neugierig auf die Kinder und sehe sie als Teil von
ihm, der ihn noch ein wenig interessanter macht. Schließlich ist es toll, wenn
ein Mann sein Leben mit zwei Kindern auf die Reihe kriegt, oder nicht?“
Clara nickte.
„Aber ich habe keine Ahnung wie es wäre, wenn ich die Kinder
zum Beispiel nicht leiden könnte oder wir kaum mehr Zeit haben, auch alleine zu
sein. Ich bin auch jetzt schon genervt, dass seine Zeit immer begrenzt zu sein
scheint“, sagte Emily und erzählte Clara von ihrer eben ausgesprochenen
Einladung und der prompt eingetroffenen Antwort.
„Das freut mich, dass es bei euch vorangeht“, sagte Clara und
lächelte endlich wieder.
„Aber zurück zu dir“,
erwiderte Emily, „was hast du jetzt vor?“
„Na ja, ich bin erst mal abgetaucht und habe seine
zahlreichen Anrufe und SMS-Versuche ins Leere laufen lassen.“
„Liebst du ihn denn, weißt du das schon?“, fragte Emily
vorsichtig.
„Es ist so anders als mit Ruben, viel vertrauter und
zärtlicher. Manchmal kommen wir den ganzen Tag nicht aus dem Bett raus und ich
genieße das so. Bei Ruben hatte ich immer das Gefühl, ich komme zu kurz und
muss ihm hinterherlaufen. Max ist für mich da und es fühlt sich rundum gut an.“
Emily nickte sehnsüchtig. „Na ja, bis auf diese Sache.“
„Hm, vielleicht wollte er euer junges
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