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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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was
Besonderes.“
    Da es jetzt auch schon egal war, fragte Emily geradeheraus:
„Kathleen, wie war sie so?“
    Er zögerte, doch dann stellte sich der Gesichtsausdruck
wieder ein, der ihn in weite Fernen führte und den sie bereits mehrfach bei ihm
kennengelernt hatte. „Sie war das, was man wohl eine englische Rose nennt mit
zarter Haut, rötlichen gewellten Haaren und feinen, wie in Alabaster
gemeißelten Gesichtszügen.“
    Emily hatte sich eher für ihren Charakter interessiert, aber
das war natürlich auch interessant zu wissen, wie ihre Konkurrentin aussah. War
sie denn überhaupt eine Konkurrentin? Ja, eine schlimmere Konkurrenz konnte sie
kaum bekommen. Denn Tote leben ewig in der Erinnerung, und wenn sie geliebt
werden, werden sie immer besser. Das merkte sie jetzt schon bei Fred, dass die
nervigen und unangenehmen Erlebnisse mit ihm zunehmend verblassten und die
positiven Situationen in der Erinnerung gewannen.
    Sie hörte mit halbem Ohr zu, wie er seine geliebte Frau
schilderte. „Sie war sanft und zärtlich und sehr verständnisvoll. Andererseits
war sie auch ehrgeizig und trieb ihre Karriere mit einem starken Willen und
eiserner Selbstdisziplin voran. Das hat sich schlagartig geändert, als sie
schwanger wurde. Danach hat sie sich nur noch liebevoll um die Kinder gekümmert
und mich rückhaltlos unterstützt.“
    Ach du liebe Güte, auch noch eine von diesen perfekten
Müttern, die alles für ihre Familie aufgaben, seufzte Emily innerlich auf und
konnte sich nicht verkneifen zu fragen: „Und, hattest du den Eindruck, sie war
glücklich?“
    Er schaute sie zutiefst verwundert an. „Natürlich war sie
das. Sie hatte alles, was sie wollte. Warum fragst du?“
    „Ach, nur so. Ich stelle es mir sehr schwer vor, den Beruf,
den man liebt, völlig für die Familie aufzugeben, da fehlt einem doch sicher
etwas.“
    „Vielleicht nicht, wenn man eine neue Erfüllung findet“,
entgegnete er leicht ungehalten.
    „Vielleicht“, bestätigte sie beschwichtigend.
    Dann warf er einen Blick auf die Uhr und sprang auf. „Oh,
jetzt ist es doch spät geworden, Emily, ich muss leider los, die Arbeit ruft.“
    Emily stand ebenfalls auf. Er wandte sich ihr zu und das
konnte er wirklich gut. In dem Moment dachte sie, sie wäre die Einzige auf der
Welt, als er sie so anschaute.
    „Herzlichen Dank für den netten Abend und den kleinen großen
Imbiss“, sagte er und beugte sich zu ihr hinab. Diesmal nahm er ihren Kopf in
die Hände. Emily stand ganz still und spürte, wie ihr ein dünner Lavastrom das
Rückgrat hinunterfloss. Dann küsste er sie wieder leicht auf die Stirn, um sich
dann gleich von ihr zu lösen.
    „Kommst du zum Konzert übermorgen?“, fragte er, „ich könnte
dir eine Karte an der Kasse hinterlegen lassen.“
    „Nein, meine Freundin Anna heiratet doch und da bin ich ab
morgen in Hamburg“, erinnerte sie ihn.
    „Ach, entschuldige, das hast du mir schon gesagt, nicht wahr?“
    Emily nickte.
    „Dann wünsche ich dir viel Spaß bei der Hochzeit, amüsiere
dich gut und ich melde mich nächste Woche, ja?“
    Viel Spaß? Es gab nichts Ätzenderes, als mutterseelenallein
auf einer Hochzeit zu sein, während sich alle Paare um sie herum einen
Wettstreit im „Wer ist das tollste Paar“ gaben.
    Sie zuckte die Achseln. „Wird schon ganz nett werden mit den
beiden. Und Josue – ich habe es genossen, dass du da warst.“ Er lächelte ihr
noch einmal mit seinen ebenmäßigen großen Zähnen zu. Jetzt schien er wieder
ganz entspannt, dann öffnete er die Wohnungstür und sie hörte den Klang seiner
Schritte die Treppe hinunter immer leiser werden.
    Emily übersah geflissentlich den Tisch mit den Überresten
ihres liebevoll zubereiteten Mahls und ließ sich rücklinks auf ihr Bett fallen.
Warum musste sie sich ausgerechnet in ihn verlieben? Eine größere
Herausforderung hätte sie sich auch nicht aussuchen können. Ein Witwer, der
seine Frau noch über alle Maßen liebte und auf einen Sockel stellte, der
mindestens so hoch wie der Bismarckturm war. Wie sollte sie da jemals mithalten
können? Wie viel einfacher wäre es gewesen, sich in einen so aufrichtigen und
gutherzigen Kerl wie Gabriel zu verlieben oder vielleicht in so einen
unkomplizierten und fröhlichen wie David oder Bohni? Doch gleichzeitig wusste
sie, dass sie ihren eigenen Gefühlen gegenüber machtlos war. Sie war es sich
schuldig, den Kampf aufzunehmen. Wenn sie scheitern würde, dann hatte sie es
wenigstens versucht.
    Ach Emily, tröstete sie

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