Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)
Liebesglück damit
nicht belasten“, sagte Emily.
„Vermutlich wird es so was in die Richtung sein. Aber wie kurzsichtig!
Wie um Himmels willen hat er sich das auf die Dauer vorgestellt?“
Emily rollte die Augen gen Himmel. „Ich glaube auf der Höhe
des Verliebtseins ist nichts mehr logisch, da gibt es schon so
Kurzschlusshandlungen.“
Clara blickte nachdenklich. „Ja, wenn ich mir überlege, was
ich mit Ruben alles mitgemacht habe. Ich habe ihn übrigens neulich mit Max
getroffen, er hatte eine Kollegin im Arm und trotzdem hat er so sauer geguckt,
als wäre ich seine Leibeigene, ist das nicht unglaublich? Je länger wir
getrennt sind, umso verrückter kommt es mir vor, was ich da alles
runtergeschluckt habe.“
Beide guckten vor sich hin. „Magst du ein Glas Wein? Wir
könnten alle alten und neuen Fehler begießen und in den Kastanienbaum klettern.
Stell dir vor, ich kann von meinem Zimmer aussteigen!“, sragte Emily spontan.
Clara stürzte ans Fenster und begutachtete den alten Baum.
Sofort hellte sich ihre Miene auf. „Emily, super. Das brauche ich jetzt, auf
einen Baum zu klettern. Ich geh schon raus und du holst den Wein, ja?“
Einträchtig saßen sie im Baum, sahen der untergehenden Sonne
zu und fühlten sich wieder im Reinen, mit dem Rücken an einen alten Riesen
gelehnt, der schon viel Liebe kommen und gehen gesehen hatte. Später warfen sie
dann noch die kleinen Stachelkugeln nach betrunkenen Burschenschaftlern, aber
da waren sie selbst schon keineswegs mehr nüchtern.
Emily begutachtete den für zwei gedeckten Tisch in ihrem
Zimmer. Sogar eine weiße Tischdecke hatte sie in den Tiefen ihres alten
Schranks auftreiben können. Alles sah aufgeräumt aus. Heute hatte sie aber auch
nicht viel anderes getan, als zu putzen und zu kochen. Aber ab und zu machte
sie das ganz gerne. Nun stellte sie die selbstgemachten Antipasti aus Karotten
und Kohlrabi und Süßkartoffeln auf den Tisch, schnitt das Ciabatta auf und
richtete den Salat auf zwei Teller. Sie briet noch die Putenstreifen, als es
schon klingelte. Er war zu früh und ihr Herz begann wie verrückt zu klopfen.
Zum Glück hatte sie sich in weiser Voraussicht schon vorher zurechtgemacht. Sie
trug ein leichtes Kleid mit gold-orangefarbenen Ranken, dessen zartes
Streicheln auf der Haut sie liebte, hatte ihre Haare hochgesteckt und sogar
einen Hauch Goldpuder aufgetragen. Vielleicht ein wenig overdressed für einen
Imbiss, aber das war ihr mitten in ihrem Eroberungsfeldzug egal. Sie öffnete
die Tür und sah, wie er die Treppe hochkam und sich neugierig umsah. Er
überreichte ihr ein paar gelbe Rosen und küsste sie auf die Wange. Gelbe Rosen,
dachte Emily, was ist denn das? Aber sofort versank sie wieder in seinem Duft
und fühlte den leichten Druck seiner Wange noch eine Weile an ihrer.
„Komm rein“, sagte sie. „Mein Mitbewohner ist zum Glück in
Urlaub.“
„Ich wusste gar nicht, dass du mit jemandem zusammenlebst“,
sagte er mit hochgezogener Augenbraue.
„Ja, er heißt Thorsten, ist einundzwanzig und inzwischen
verstehen wir uns ganz gut, nachdem wir einige Startschwierigkeiten hatten. Die
Wohnung gehört seinem Vater.“ Das sollte reichen, um ihm zu signalisieren, dass
da nichts weiter war. Sie führte ihn in ihr Zimmer. „Nimm Platz“, bat sie. „Ich
komme gleich, ich glaube, das Fleisch verbrennt gerade.“ Sie rannte in die
Küche und die Putenstreifen waren dunkelbraun, na ja, eben ein bisschen kross.
Sie verteilte sie über den Salat, dekorierte das Ganze noch mit einigen Blüten
der Kapuzinerkresse und servierte anmutig von rechts. Josue zeigte sich
beeindruckt. Sie setzte sich. Er entkorkte den Wein, den sie bereitgestellt
hatte.
„Darf ich?“, fragte er und goss ihr und sich selbst ein
halbes Glas ein.
„Wir haben heute noch Probe, deswegen darf ich nicht so viel
trinken.“
„Um diese Zeit?“
„Ja, die einzelnen Stimmen üben manchmal auch privat bei
jemandem zuhause. Heute sind wir bei Camilla. Sie wohnt nicht weit von dir und
ich habe gesagt, ich komme etwas später.“
„Na dann.“ Emily versuchte das Zeit-Damoklesschwert zu
ignorieren, aber es wollte ihr nicht so recht gelingen.
„Danke für die Einladung, das war ja eine Überraschung“,
sagte er höflich und prostete ihr zu.
Sie schaute ihn offen an. „Ich wusste nicht, ob dir das
schon zu dicht ist.“
Er rutschte ein wenig auf dem Stuhl hin und her. „Ich weiß
es auch nicht, aber wir werden sehen“, sagte er mit einem unsicheren
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