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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Küchentuch und schlug einige Male mit dem Wellholz
darauf, was ihr richtig guttat. Derzeit schien sie so viele Aggressionen in
sich zu tragen wie selten in ihrem Leben, sinnierte sie. Schließlich suchte sie
nach einer Glasschüssel, fand die richtige Größe und schichtete abwechselnd die
Sahnemasse, die Kekskrümel und die Himbeeren hinein. Sie würde das als
Himbeercrumble (ein altes Familienrezept) ausgeben, so schlecht schmeckte es
sicher nicht.
    Dann versuchte sie noch im
Eiltempo die Küche wieder in Form zu bringen, drapierte alle Köstlichkeiten in
der Mitte auf der Kochinsel, die sie mit einer Tischdecke zu einem Buffet
umfunktioniert hatte, und setzte sich für einen Moment erschöpft auf den Boden.
Josue kam herein, er konnte sie wohl nicht sehen, weil sie hinter der Kochinsel
lehnte. Sie hörte ihn ins Wohnzimmer gehen und schließlich rief er nach ihr. In
seiner Stimme nahm sie einen leichten Unterton von Panik wahr, der ihr gefiel.
Schließlich hätte sie durchaus auch hier den Bettel hinwerfen können, um nach
Hause zu gehen, aber diese Möglichkeit hatte sie – wohlerzogen wie sie war –
natürlich nicht in Erwägung gezogen.
    „Hier bin ich“, antwortete sie leise. Er kam zu ihr, half
ihr auf die Beine und umarmte sie.
    „Liebe, kleine Emily, ich weiß gar nicht, wie ich dir danken
kann. Jetzt ruh dich mal aus. Die Gäste kommen gleich.“
    „Ich habe dir noch gar nicht dein Geschenk gegeben.“
    „Das hat doch noch Zeit. Ich will nur noch schnell das
Geschirr und die Gläser rausstellen. Setz dich doch so lange auf das Sofa und
entspann dich.“
    Sie nahm gehorsam ihr Weinglas, ging ins Wohnzimmer. Hier
hatte er eine Reihe Kerzen angezündet und verteilt, es wirkte gleich deutlich
wohnlicher. Auf dem Esstisch lagen seine Geschenke. Einige Bilder von den
Kindern und ein gebasteltes Irgendwas aus Korken, Holzstückchen und viel
Tesafilm, das nach Flo aussah. Auf einem Bild, das von Lizzy stammen musste,
sah Emily eine Familie mit Vater, Mutter und zwei Kindern. Der Mann war Josue,
wie unschwer an seinen schwarzen Haaren zu erkennen war. Die Frau war recht
groß und hatte lange braune Haare und war demnach wohl Camilla. Emily seufzte
und ließ sich auf das weiße Sofa plumpsen. Sie hatte das Gefühl, dass ihre
Eroberungskämpfe erst so richtig anfingen, allerdings merkte sie, dass sie
jetzt schon ganz erschöpft war. Wieder hatte sie das Gefühl, dass noch jemand
im Raum war, der versuchte, ihr Mut zuzusprechen. Sie sah sich um. Das war ja
wirklich unheimlich, gerade weil sie nicht an solche Dinge glaubte.
     
    Dann wurde sie von der Türglocke abgelenkt. Josue öffnete
und ein Pärchen trat ein. Emily trat mit in die Diele und versuchte unbemerkt
ihre Schuhe an die Füße zu bekommen. Sie wurden einander vorgestellt und Klaus
und Barbara betraten das Wohnzimmer. Josue bot ihnen Wein an. Emily versuchte
sich daran zu erinnern, wer hier von beiden Mitglied im Orchester war, aber es
wollte ihr nicht gelingen.
    Schließlich fragte sie frei heraus: „Wer von Ihnen ist denn
nun mit Josue im Orchester?“ Sie schauten einander an.
    „Beide“, antwortete die Frau lächelnd.
    „Oh“, sagte Emily, „tut mir leid, ich war noch nicht allzu
oft bei den Konzerten mit dabei.“
    „Nein, mögen Sie keine Musik?“, fragte der Mann höflich,
während sich das Kerzenlicht auf seiner braungebrannten Glatze spiegelte. Er
sprach mit leichtem Akzent und Emily vermutete, dass er aus einem der
Ostblockstaaten, die man heute nicht mehr so nennen durfte, kam.
    Emily wurde rot. „Natürlich mag ich Musik, aber manchmal
habe ich auf Josues Kinder aufgepasst und manchmal hatte ich auch andere Dinge
zu tun.“ Es konnte doch nicht sein, dass sie sich nach drei Minuten hier in der
Verteidigungshaltung befand. Die Türglocke ging erneut.
    Josue öffnete und Emily
hörte die klare Stimme von Camilla. „Alles Liebe und Gute zum Geburtstag, mein
Herz. Hier riecht es aber lecker. Bist du fertig geworden mit den
Vorbereitungen?“ Emily strengte sich an, um die Antwort zu hören, aber es kam
keine, also hatte er vermutlich nur genickt. Das war nicht wahr! Schmückte er
sich jetzt mit ihren Lorbeeren? Sie merkte, dass es wie in einem Dampfkochtopf
in ihr zu brodeln begann. Camilla betrat den Raum und alle Blicke wandten sich
ihr zu. Küsschen links, Küsschen rechts mit den anderen beiden. Dann trat Josue
zu ihr und sagte: „Jetzt darf ich euch persönlich bekannt machen: Camilla –
Emily, Emily, das ist Camilla.“

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