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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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an
Gemüse, das sie zu Antipasti verarbeiten konnte. Ein paar Nordseekrabben
schwammen in der Brühe in einem kleinen Kistchen. Sie entdeckte getrocknete
Tomaten und Salami, Kapern und dünne Rindfleischscheiben. Vermutlich für
Vitello tonnato, dachte sie, da muss ich nur noch den Thunfisch finden. Also, das
waren immerhin genug Informationen, um anzufangen. Sie schaute sich suchend
nach einer Schürze um und fand schließlich eine rüschenbesetzte (vermutlich von
Frau Schmitt) in der Speisekammer. Sie liebte diese praktischen alten Häuser,
die so etwas Altmodisches wie eine Speisekammer enthielten. Hier fand sie neben
der Dose Thunfisch auch noch eine angebrochene Flasche Rotwein, holte zwei
Gläser und musste an ihre Mutter denken, die das dekadent fand, beim Kochen zu
trinken. Kurz überfiel Emily das schlechte Gewissen. Morgen würde sie ganz
sicher zuhause anrufen und nicht locker lassen, bis sie sich ein Bild der
aktuellen Lage verschafft hatte, schwor sie sich. Sie goss sich ein halbes Glas
Wein ein und schnupperte daran. Erdig und fruchtig zugleich, gar nicht mal so
schlecht, aber Josue würde natürlich niemals billigen Wein kaufen.
    Sie band sich das Schürzchen um, bewunderte ihre sonderbare
Erscheinung im Garderobenspiegel, rieb sich die Hände und legte los. Erst
heizte sie den Grill vor, schnitt währenddessen die Paprika, die sie dann unter
die Heizschlangen schob, bis die Haut fast schwarz war und sich leicht abziehen
ließ. Dann briet sie Auberginen und Zucchini an und betete zu der starken
Abzugshaube, dass sie später nicht so nach heißem Öl riechen würde. Inzwischen
zupfte sie Thymian und Rosmarin von den Töpfen am Fensterbrett, die ihr gleich
bei ihrer ersten Spionagetour aufgefallen waren, und schnitt einige getrocknete
Tomaten mit den Kräutern möglichst klein. Sie bereitete eine Marinade aus
Olivenöl und Zitronensaft, die sie über das gegrillt-gebratene Gemüse goss, das
sie in eine Auflaufform geschichtet hatte. So langsam lief sie zur Hochform
auf.
    Ihr Blick fiel auf die schmale Wanduhr mit den verspielten
Ziffern. So ab und zu gab es auch ein weiblicheres Stück in der ansonsten eher
kühl gehaltenen Wohnungseinrichtung. Die Uhr hatte Kathy sicher aus England
mitgebracht, dachte sie, während sie sich fragte, wo Josue blieb. Sie hörte die
Mailbox ihres Handys ab – keine Nachricht. Sie ging zum Anrufbeantworter in der
Diele und hörte die Nachrichten ab. Es gab nur eine Nachricht, aber die kam
wohl von Camilla. „Schatz, ich komme heute Abend leider etwas später und kann
dir nicht bei den Vorbereitungen helfen, Paul hat noch einen Empfang, bei dem
ich dabei sein muss, wir sehen uns dann.“ Und sie hörte noch ein ins Telefon
gehauchtes Küsschen. Sofort stieg der Zorn von gestern wieder in ihr hoch. Sie
war doch nicht blöd, das hörte sich exakt wie die Nachricht einer Geliebten an,
nicht wie die Nachricht einer guten Freundin. Aber was hatte Josue gesagt, sie
führe eine offene Ehe. Mit offenen Ehen kannte sich nicht so aus. Vielleicht
war das für Josue und Camilla selbstverständlich, dass es eben Geliebte gab und
Ehemänner und Freundinnen. Kathleen hätte sich das nicht gefallen lassen, das
wusste sie instinktiv. Sie hätte Josue so richtig auf den Pott gesetzt.
Plötzlich fühlte sie eine Art unsichtbaren Beistand in der Küche, der ihr Kraft
gab, bei dem sich ihr aber auch die Nackenhaare aufstellten.
    Um sich zu beruhigen, schnupperte sie an den Antipasti.
Einfach köstlich! Jetzt wollte sie nicht weiter nachdenken, sondern die
praktischen Dinge des Lebens in Angriff nehmen. Sie drapierte die zarten
Rindfleischscheiben und machte sich an die Sauce. Während sie noch nach einem
Gerät zum Passieren suchte, beschlich sie langsam das Gefühl, dass Josue
irgendetwas zugestoßen sein müsse. Sie lenkte sich weiterhin ab, indem sie eine
Art Krabbencocktail improvisierte mit den Dingen, die sie im Kühlschrank fand.
    Sie wusste nicht, wie viele Freunde Josue eingeladen hatte,
aber sie vermutete schon, dass sie mindestens zehn bis fünfzehn Personen sein
würden. Da reichte das, was sie bisher hergestellt hatte, bei weitem noch nicht
aus. Sie sah sich suchend um und entdeckte zwei Baguettestangen, die schon fast
hart waren. Baguette von gestern konnte man wohl schlecht anbieten, aber sie
könnte einige Bruschetta daraus zaubern. Wieder öffnete sie das Fenster, sah
die Straße hinauf und hinunter, ohne eine Spur von Josue und den Kindern entdecken
zu können. Sie pflückte

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