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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julica Jungehuelsing
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Glamourama, Tamarama. Außer Nicole Kidman und Elle MacPherson würde ich sowieso keine australische Prominenz erkennen. Insofern könnte ich völlig arglos und unvoreingenommen einen Blick in die Bucht werfen. Oder so tun, als sei ich auch irre wichtig, nur eben von auswärts ...
    Dekorativ umrahmt von zwei Felsnasen lag unter mir ein strahlend weißes Stück Sand, auf dem sich in großen Abständen bunte Handtuchlager verteilten. Ein Lifeguard schob sein Rettungsboard mit der einsetzenden Flut weiter hoch auf den trockenen Sand. Unter zwei Schirmen kicherte eine Gruppe Teenager, die sich offenbar einen Tag schulfrei gegönnt hatte. Very important sah das nicht aus, eher very entspannt. Auf dem Rasen hinter dem kleinen Strand baute eineGruppe braun gebrannter Baseballkappenträger ein Volleyballnetz auf. Aus dem Strandkiosk tönte gedämpfte Chill-out-Musik.
    „Hey, Julie! How are you?“ Julie? So hatte mich seit Urzeiten niemand genannt. Ich sah mich um, ob mir zwischen den Hockern vor der Strandbar ein Gesicht bekannt vorkam. Was eigentlich kaum sein konnte. Wen sollte ich hier schon kennen? Aber tatsächlich, der Typ da drüben meinte mich. Ich blinzelte in der Sonne und erkannte meinen nachtarbeitenden Nachbarn. An der Tür des Strandkiosks lehnte Lee und schwatzte mit einer sehr blonden Bedienung. Bestimmt war er in Sachen Nationalitätenquiz unterwegs ... Ich musste lachen: Das war Skandinavien, hundert Prozent, aber das behielt ich für mich. Stattdessen rief ich überschwänglich: „Hi! Hi, Lee!“ So herrlich es sein konnte, unerkannt und völlig ballastfrei die untere Wölbung des Globus zu erkunden – gerade jetzt war es wunderbar, jemanden zu kennen. Immer noch weit weg, aber eben nicht mehr ganz allein. Lee fragte, ob ich mich eingelebt hätte, und spontan sagte ich begeistert: „Oh ja!“ Dann: „Na ja.“ Bei Gelegenheit, gestand ich, würde ich meinen Hausstand etwas aufmöbeln müssen, Tisch, Stühle, Geschirr. Mein Besteck bestand zurzeit aus einem Schweizer Taschenmesser. Mein Nachbar lachte und empfahl, auf dem Rückweg nach Bondi durch die Wohngegend zu gehen statt an den Felsen entlang. Zurzeit sei „Clean up Day“, eine Art Sperrmüll. Je teurer die Gegend, umso besser der Ausschuss. In Vaucluse habe er mal einen Staubsauger gefunden, an dem noch das Preisschild hing. „Wahrscheinlich“, ulkte Lee, „gefiel der Lady die Farbe nicht.“ Außerdem sollte ich am Wochenende auf „Garage Sale“-Schilder achten. Das sei eine Art privater Flohmarkt, bei dem Leute, was auch immer sie loswerden wollten, in ihre Garage schafften und für ein paar Dollar an Passanten verhökerten. Das klang gut. Ich überließ Lee der Entdeckung Skandinaviens und lief überden Hügel. Tatsächlich: In den Wohnstraßen lagen teils beachtliche Haufen auf den Gehwegen: Matratzen vor allem, daneben kaputte Rasenmäher, kistenweise Videos und zerlesene Krimis. Nicht das, was mir fehlte, aber interessant. Ein Stück oberhalb des Gehwegs stand vor einer Villa neben einem halben Esszimmer eine schon viel versprechendere Kartonsammlung. Aber das war ja wohl eher ein Umzug als Sperrmüll, oder? Ich sah mich nach Anzeichen von Möbelpackern um, als neben mir ein junger Typ mit Minivan hielt und durchs Fenster spähte. Ein zweiter Sperrmüll-Scanner. „Looks good“, murmelte er und begann ebenfalls, die Kisten zu flöhen. Die Esszimmergarnitur war zwar heil und komplett, aber dunkler Stahl mit beigefarbenen Polstern nun so gar nicht mein Stil. Dafür fand ich in einem Karton das Familienservice: sorgsam in Zeitungspapier verpackt, weiß mit blauem Rand, schlicht und keine Spur geschmacklos. Das war ein Anfang, oder? Ich schob zwei Stapel Teller verschiedener Größe in meine Umhängetasche, fand noch Gläser, dazu eine Blumenvase, eine Tasse mit dem Konterfei der Queen. Dann entdeckte ich ein Wörterbuch und Taucherflossen. Meine Tasche platzte, meine Arme wurden lang, und der Heimweg zog sich. Was genau wollte ich eigentlich mit zwölf Tellern? Das war ein klassischer Fall von „Umsonst? Muss ich haben!“ Wie schön, dass ich den Fernseher dem wühlenden Kollegen überlassen hatte. Für Sperrmüll-Expeditionen würde ich mich demnächst besser ausrüsten müssen. Aber ein Anfang war gemacht. Schweißnass schloss ich meine Tür auf, sank erschöpft auf den Teppich und inspizierte meine Beute. Dann fiel mein Blick auf einen schwarzen Plastikmüllsack, der hinter der Tür lehnte. Wo kam denn der her? Er war prallvoll,

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