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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julica Jungehuelsing
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bunt angemalten Holzstühle wieder aufstellen könnte. Vielleicht, wie gesagt, auch nicht. Vielleicht war Australien das einzig Wahre für mich. Das würde ich hoffentlich bei Gelegenheit herausfinden. Und dann konnte ich ja immer noch Container voller Bücher und Möbel und Kleider von Eimsbüttel nach Bondi Beach schaffen. Oder wenigstens einen Teil davon. Bis dahin müssten meine neuen, blauen Freunde aus Hartplastik einspringen. Denn die waren nicht nur vielseitig, sondern auch nicht einmal hässlich. Und sie genügten vollauf, um den Inhalt von meiner Surfbretthülle und zwei Reisetaschen zu organisieren. In denen hatte ich vermeintlich Überlebensnotwendiges auf die Südhalbkugel transportiert. Außer Schuhen, Kleidung und Laptop waren das so wichtige Dinge wie: Kais geniale Pfeffermühle von der Möbelschmiede Hamburg, die einzige funktionierende Pfeffermühle der Welt, 30 CDs, acht deutsche Bücher, ein marokkanischer Spiegel, weil man auch in der Fremde immer mal was Vertrautes ansehen soll, ein Wörterbuch, ein grüner Papierlampenschirm aus New York. Ein paar Schätze eben. Zu den absolut unbrauchbaren Importen gehörte mein sündteures, schnurloses Siemenstelefon. Es kapierte den australischen „Beep“-Ton nicht und wurde durch das beige Kabelsalat-Monster ersetzt, das die Vormieter im Küchenschrank vergessen hatten.
    Der Rest meines Hamburger Hausstandes lagerte artig in Kisten verpackt und beschriftet im Keller eines Freundes: exakt 86 große, randvolle braune Umzugskisten, zwei ebenfalls gut gefüllte Büroregisterschränke, ein paar andere Möbelstücke und zwei Wäschekörbe voller Fotos. Erschreckend und erleichternd zugleich war, dass ich all diese schönen Dinge nicht sonderlich vermisste. Wirklich gefehlt hatte mir nach ein paar Wochen mein Staubsauger. Für dessen Job fiel mir in einer mit hellem Teppichboden ausgelegten Wohnung einfach keine improvisierte Lösung ein. Also ersetzte ich meine Hamburger Flüster-Miele durch einen roten Krachmacher namens „Hoover Hotspotz“ aus dem Secondhand-Laden. Viele andere Besitztümer hatte ich inzwischen fast vergessen: Salatschleuder, Spargeltopf, Spülmaschine – nach fast vier Monaten fielen mir für einige dieser einst alltäglichen Dinge zuweilen nicht einmal mehr die deutschen Wörter ein.
    Was ich allerdings allmählich vermisste, war ein Auto. Nicht, dass ich die blauweißen Busse nicht mehr gemocht hätte. Im Gegenteil. Sie hatten nur einfach ihre Grenzen. Und ein paar Ausflüge mit Rob hatten mich verwöhnt oder vielleicht einfach auf den Geschmack gebracht. Wir schoben die Boards in seinem roten, oben offenen Spielmobil hochkant hinter die Sitze und fuhren los. Dann erkundeten wir die Surfspots von Maroubra, und Rob, begeistert, mich von den Vorzügen des Autofahrens zu überzeugen, zeigte mir eine Reihe neuer Strände. Praktisch war das schon, und schneller, da gab ich meinem „Surf-Mate“ recht, ging es auch. Busse hielten nun mal selten an den abgelegenen und einsamen Surfstränden. Es war auch kein echtes Vergnügen, ein gut zwei Meter langes Malibu-Board in und aus Bussen zu manövrieren. Unterwegs das Brett zwischen den Sitzen so zu balancieren, dass die anderen Passagiere weder Beulen noch blaue Flecken davontrugen, gelang ebenfalls nicht immer.Kurz: Für Surfausflüge waren das Spielmobil und sein Besitzer genial. Andererseits konnte und wollte ich die beiden auch nicht überstrapazieren. Rob war schließlich kein Taxi, und ich lieber unabhängig. Es war nicht schwer mitzubekommen, dass er im Nebenberuf Casanova war, und ich war mir nicht sicher, wie lange ich seinen Grüne-Augen-Trick noch würde ignorieren können. Aber sehr viel lieber als neue Verwicklungen wäre mir, wir könnten Surf-Mates bleiben, no worries.
    Abgesehen davon fehlte mir ein Wagen nicht nur für Touren zu neuen Wellen. Ich war einfach neugierig, mehr als nur Sydney zu erkunden. Und um weiter raus zu kommen, musste ich flexibler sein. Diese Stadt war immerhin 4000 Quadratkilometer groß, sie dehnte sich zweimal so weit aus wie New York City. Weiter südlich gab es Berge, auf denen Leute im Winter Ski fuhren, nördlich Krokodile und im Westen jede Menge Wüsten, in denen es garantiert mehr als roten Staub zu sehen gab. Nicht, dass ich all das hinter dem eigenen Lenkrad erkunden wollte, aber irgendwo musste ich ja anfangen.
    Kevin erschien mir in dieser Situation wie ein Geschenk des Himmels. Kevin war, was sein Name vorzüglich verbarg, Franzose, was mir

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