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Ein Jahr in Australien

Titel: Ein Jahr in Australien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julica Jungehuelsing
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Nordterritorium mit 1,3 Millionen Quadratkilometern gut vier Mal so groß wie Deutschland. Da konnte man schon mal den Überblick verlieren, was wo wann seit 1982 gestohlen worden war.
    Der Pink Slip hatte, wie mir Jeff, der schnauzbärtige Chef von der „Bondi Garage“ auseinandersetzte, natürlich rein gar nichts mit Unterbekleidung zu tun. Es war schlicht eine Liste auf rosafarbenem Papier, die in vielen Kästchen Häkchen brauchte, um dem Wagen den Stempel „straßentauglich“ zu geben. Per Green Slip versicherte ich Personen, die ich eventuell anfuhr, per TPP deren Besitz. NRMA war der ADAC von New South Wales, der meinen Express in Notfällen abschleppen würde. Na wunderbar, wer hatte noch gesagt, die Deutschen seien die Meister der Bürokratie? Und hatte derjenige schon mal in Australien ein altes Auto von einem Bundesstaat in den nächsten umgemeldet?
    Jeff umschritt den Express, kickte mit dem Stiefel gegen die Reifen, klappte die Fahrerbank hoch, unter der sich zu meiner Überraschung der Motor befand, und empfahl mir, einen Kaffee trinken zu gehen. „Komm in zwei Stunden wieder. Oder rede mit Laura“, grinste er und wischte seine ölverschmierte Brille am Overall sauber. Laura war der Galah-Papagei im Eingang der Werkstatt, der mich mit „Aye you again!“ – „Du schon wieder!“ – begrüßt hatte. Ich war unsicher, ob das eine Empfehlung für die „Bondi Garage“ war. Aber Rob brachte seinen Jeep auch zu Jeff, und ich kannte keine andere Werkstatt. Außerdem fand ich nett, wie geduldig der Chef mir die Sache mit den Slips erklärt hatte.
    Fünf Tage später ratterten Expresso und ich Richtung Süden über den Princes Highway, immer schön links auf der falschen Seite. Vierspurig bahnte sich der Highway durch nicht enden wollende Vororte, in denen sich in adretter Regelmäßigkeit rote Einfamilienhausdächer, amerikanische Schnellimbiss-Ketten und breite Kreuzungen abwechselten. Dann ging es vorbei an noch mehr roten Dächern, Tankstellen und Burger-Shops, ehe Siedlungen und Ampeln allmählich weniger wurden. Wenn ich nicht anhalten würde, könnte ich auf diesem Highway bis nach Melbourne fahren. 1000Kilometer, ohne einmal abzubiegen. Und selbst dort hörte der Weg, der nach einem von Prinz Charles’ Vorgängern benannt war, nicht auf. Er zog sich weiter an der Küste entlang bis in Südaustraliens Hauptstadt Adelaide. Die Vorstellung machte mich leicht konfus: eine einzige Straße durch drei riesige Bundesländer über Tausende von Kilometern; ich konzentrierte mich auf meine Lenkradschaltung und versuchte, lauter zu pfeifen, als der Motor röhrte.
    Mein kastenförmiger Freund hatte ein sauberes, gelbschwarzes New-South-Wales-Nummernschild bekommen und ich einen Stapel Papiere. Der Wagen war offenbar koscher und ungestohlen, und auch Jeff hatte außer einem Bremslicht und ein paar wackligen Sicherungen wenig beanstandet. Das Thema Öl hatte eine kleine Sorgenfalte auf seiner Stirn produziert, aber als ich versprach, ich werde nicht gleich den Kontinent umrunden, wünschte er mir viel Spaß und Laura knatschte „Aye, you again“. Zuletzt, fand ich und freute mich wie ein Kind über einen gelungenen Streich, war es doch ganz einfach gewesen, einen alten Wagen zu kaufen und anzumelden. Von wegen Sand im Hirn.
    Gut eine Stunde südlich von Bondi Beach hörten die Vororte und Pommesfabriken auf. Der Highway schlug ein paar Haken, und ich bog links ab in den „Royal National Park“. Nach einer weiteren halben Stunde enger werdender Kurven auf einer schmalen Straße fuhr ich links ran und gönnte dem Wagen und mir eine Pause. Laut Karte zog sich dieser Nationalpark als grün schraffiertes Gelände mit wenig Straßen, vielen Flüssen und diversen Wanderwegen an der Küste entlang. Orte gab es kaum. Damit jedoch, dass ich plötzlich mutterseelenallein auf weiter Flur sein würde, hatte ich auch wieder nicht gerechnet. Es war Mai, also keine Feriensaison, fast Winter und außerdem Mittwoch – aber trotzdem: Diese Stille nur ein paar Kilometer jenseits des Highways war beinahe unheimlich. Über mir rauschte in hohen Bäumen der Winddurch die Blätter, zwei Papageien jagten einander durch die Äste, irgendwo gluckerte Wasser. Das war’s, sonst herrschte absolute Ruhe. Ich fuhr noch eine Abzweigung weiter und parkte den Van vor einem weitgehend verlassenen Picknickgelände mit dem klangvollen Namen „Wattamolla“. Zwar war auch hier kein Mensch zu sehen, aber immerhin standen unter den Bäumen

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