Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein Jahr in London

Titel: Ein Jahr in London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Regeniter
Vom Netzwerk:
Punkte zusammen. Das Zittern geht weiter.
    Vor lauter Spannung kauft Elli ein paar Tüten Chips an der Bar – Essigchips für mich, Brathähnchengeschmack für Liam, Fischgeschmack für seine Mutter und normale Chips für sich.
    „Was bist du aber heute langweilig“, kommentiert Liam, während er sich die Hälfte seiner Tüte in den Mund schiebt.
    „Von den anderen bekommt man Mundgeruch.“
    Liam bläst ihr Brathähnchenduft ins Gesicht und lacht.
    Endlich stellt der Barmann die Musik leise und Ian ergreift das Mikrofon.
    „ Attention please! Ihr wart alle fantastisch heute Abend, vielen Dank fürs Teilnehmen. Und jetzt zu den Ergebnissen ...“
    Wir sitzen alle auf den Rändern unserer Stühle und schweigen aufmerksam.
    „Auf dem fünften und damit letzten Platz sind unsere Oldtimer, die In-quiz-itors ! Applaus bitte für die In-quiz-itors !“
    Wir klatschen begeistert, denn wir sind zum ersten Mal nicht Letzte!
    „Auf dem vierten Platz: die Quizarables !“ Wieder Applaus. Unglaublich. Wir haben es geschafft.
    „Und drittens, aber nicht letztens: die Winners ! – “
    Liams Mutter strahlt. Und als der Quizmaster dann in unsere Richtung schaut, ist alles klar.
    „– und glückliche Gewinner eines Freigetränkes: die Primrose Hillbillies !“ Wir springen alle vier auf, Ian gratuliert uns und drückt uns Gutscheine für die Bar in die Hand. Die Gewinner sind mal wieder die Mental Blanks neben uns, doch wen stört das noch – wir haben den zweiten Platz erreicht und sind damit Pop-Connaisseure erster Klasse. Das ist eine kleine Feier wert. Wir lösen unsere Gutscheine ein und Sharon legt auf dem Weg zur Toilette eine kleine Tanznummer ein.
    „Hooray for the Primrose Hillbillies!“
    Elli und ich stehen am Fenster, um ein bisschen frische Luft zu schnappen und beglückwünschen uns gegenseitig zu unserem großen Erfolg.
    „Jetzt müssen wir nur noch die Mental Blanks ausschalten und wir sind die wahren Champions!“, Elli nickt in Richtung des Tisches hinter uns, an dem die Sieger sitzen.
    Ich drehe mich um, werfe ihnen einen verächtlichen Blick zu und schaue dann stolz in die Runde. Da sehe ich plötzlich neben mir ein riesiges Kinn, das mir sehr bekannt vorkommt. Ich schaue genauer und falle dann fast in Ohnmacht. Von dem Kinn fällt mein Blick auf eine hoch aufgetürmte Stirnlocke und dicke Koteletten und ein Gesicht, das ich auf Anhieb erkenne. Ich drehe mich schnell wieder um und atme langsam durch. Ich muss mich beruhigen, bevor man meinen Herzschlag durch den ganzen Pub dröhnen hört.
    „Schnell, Elli, gib mir einen Drink, sonst falle ich um.“
    „Was ist denn, geht es dir nicht gut?“
    „Stell bitte keine Fragen, gib mir einfach dein Glas. Dies ist ein Notfall.“
    „Was um alles in der Welt ist denn plötzlich in dich gefahren?“
    „Guck mal, wer hinter uns steht.“
    Sie späht auf Zehenspitzen an mir vorbei und kann bei bestem Willen niemanden Außergewöhnlichen erkennen.
    Doch dann wird auch sie leichenblass.
    „Oh mein Gott.“
    „Was sollen wir nur tun? Wir müssen irgendwas tun!“
    Hinter uns, Rücken an Rücken, steht the one and only Morrissey. Und wir haben nur noch eine halbe Stunde bis zur last orders -Glocke. Wenigstens ein paar Worte müssen wir mit ihm wechseln, denn wer weiß, ob wir ihn je wiedersehen.
    „O. k.“, Elli klingt, als hätte sie einen Plan. Doch dann sagt sie nur immer wieder „o. k., o. k.“, und mir wird klar, dass sie noch aufgeregter ist als ich und kaum in der Lage, klar zu denken. Ihr Glas Whiskey hat sie innerhalb von Sekunden geleert.
    Den größten Teil meines Englisch-Vokabulars habe ich durch Liedtexte Morrisseys gelernt. So konnte ich schon mit dreizehn Jahren so tolle Sätze wie I was happy in the haze of a drunken night oder the sizzling blood and the unholy stench of murder schreiben, ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, was sie bedeuteten, wovon mein Englischlehrer, Herr Müller, recht beeindruckt zu sein schien. Trotz völliger Talentlosigkeit im Sprachenlernen bekam ich so in der sechsten und siebten Klasse eine Eins nach der anderen. Und schon allein dafür möchte ich mich also bei Morrissey bedanken, aber im Moment bekomme ich nicht ein einziges Wort heraus.
    „Jetzt sag schon was zu ihm“, flehe ich Elli an, aber sie starrt nur geistesabwesend in Morrisseys Richtung.
    „O. k., ich hole noch schnell einen Whiskey und dann traue ich mich. Versprochen.“ Und schon verschwindet sie an die Bar.
    In dem Moment stößt

Weitere Kostenlose Bücher