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Ein Jahr in London

Titel: Ein Jahr in London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Regeniter
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Newspapers, Food, Drink“ . Und so ziemlich alles andere, was irgendwie verkäuflich ist. Ich wundere mich, wie Nash so viele Sachen in dem kleinen Laden lagern kann, doch was auch immer wir brauchen, Nash gräbt es irgendwo aus den Tiefen seines Geschäftes hervor. Und wenn nicht er selber, dann eines seiner Familienmitglieder, die alle auf verschiedenen Etagen des Hauses wohnen und abwechselnd hinter der Theke aushelfen.
    Als ich ihn also an diesem Abend ohne viel Hoffnung nach Safran frage, nickt er sofort eifrig: „Ah, Safran, das Gold unter den Gewürzen. Ich habe zwar keines hier, aber –“, er unterbricht und redet auf Gujarati auf einen kleinen Jungen ein, der irgendwie mit zur Familie zu gehören scheint und gerade hinter der Theke an einem Schokoriegel knabbert. „Los, lauf schon“, drängt Nash ihn auf Englisch, als er seinen Anweisungen nicht sofort nachkommt. Einige Minuten später humpelt langsam eine ältere Frau in traditionellem indischem Gewand durch die Hintertür herein. Mit einem zahnlosen Grinsen begrüßt sie mich, drückt mir ein kleines Päckchen in die Hand und verschwindet dann wieder, bevor ich mich bedanken kann.
    „Das war meine Mutter, sie spricht leider kein Englisch“, erklärt Nash. In meiner Hand halte ich ein durchsichtiges Tütchen prallgefüllt mit einem gelben Puder. Ich habe mein Safran!
    Auf meine Frage, wie viel ich ihm schulde, schüttelt Nash überzeugt den Kopf. „Keine Sorge, wir haben ganze Container von dem Zeug! Lass es dir gut schmecken!“ Und dann wendet er sich dem nächsten Kunden zu, der gerade zur Tür hereinkommt. Ich bedanke mich und renne schnell die Treppe hoch. Jetzt steht meiner Paella nichts mehr im Wege, und das gelbe Päckchen hätte mich in einem normalen Geschäft sicher ein kleines Vermögen gekostet!
    Hollywoodstars wie in Primrose Hill lassen sich von unserem Wohnzimmerfenster in der Holloway Road aus zwar nicht beobachten, aber etwas zu sehen gibt es doch jedes Wochenende. Denn gegenüber von uns liegt der irische Pub The Floirín, in dem jeden Samstagabend Musiker mit so klangvollen Namen wie Lamond O’Flanagan oder Seamus Mulkere ihr Können unter Beweis stellen. Die Iren sind neben den Zyprioten und Kolumbianern die in der Holloway Road am stärksten vertretene Volksgruppe, und von allen dreien ohne Frage die lauteste. Iren lieben es, zu erzählen, und das viele Reden benötigt halt ein bisschen Schmierstoff für die Kehle. Nicht nur beglücken uns also Seamus & Co jeden Samstag mit Klassikern wie Streams of Whiskey und Dirty Old Town in einer solchen Lautstärke, dass es unmöglich ist, sich in unserer Wohnung normal zu unterhalten, auch fließt das Guinness mitunter so gut, so dass es am Ende des Abends manchmal hitzig werden kann.
    Es ist die erste richtig warme Nacht in diesem Mai, und als wir am offenen Fenster meine gelbe Paella essen, sehen wir zwei offensichtlich schon leicht angeheiterte Männer im Anzug aus dem Floirín heraustolpern.
    „Pat“‚ schreit der eine so laut, dass man es bei uns im vierten Stock ohne Probleme hören kann, „ich werde es dir nie vergeben, was du damals in Cork zu Mary gesagt hast.“
    „Ich bin überhaupt nicht Pat, ich bin doch sein Bruder, duIdiot!“, schreit darauf der andere zurück und gestikuliert wild mit den Händen.
    „Nein, Pat, das war nicht nett, damals 1989.“
    „Ich bin nicht Pat, kriegst du das nicht in deine Birne, Larry?“ Daraufhin schwankt er auf Larry zu, holt aus und haut ihm eine runter. Der fällt wie ein gefällter Baum um und bleibt still liegen.
    „ Oh my God , wir müssen die Polizei rufen!“, ruft Jake, den sonst so schnell nichts aus der Ruhe bringt. „Der sieht ernsthaft krank aus!“
    Wir beobachten, wie der Mann, der nicht Pat heißt, auf Larry zugeht, dann aber ausrutscht und geradewegs auf den schon liegenden Mann fällt.
    „Meinst du, wir sollten einen Krankenwagen rufen?“, frage ich, jetzt auch etwas besorgt. Nachdem minutenlang keiner der beiden sich bewegt, greift Jake endlich zum Telefon.
    „Hallo? Ich rufe wegen einer Schlägerei vor einem Pub in der Holloway Road an, es sieht ziemlich böse aus“, fängt er an, dem Notrufdienst zu erzählen.
    „Ja, gleich außerhalb des Floiríns, wir sind im Haus gegenüber.“
    Wenige Minuten später schon hören wir das Tatütata der Polizei und wir schauen einander erleichtert an. Aber wo sind Larry und Pats Bruder? Der elende Haufen von Körpern ist plötzlich wie vom Erdboden verschwunden.
    Ich

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