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Ein Jahr in Paris

Titel: Ein Jahr in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silja Ukena
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Wäschebügeln und bringe meiner 42er-Kundin eine 38. Bisschen nervös, was?

    Aber alles geht gut. Der „Chauffeur“ wartet am Seiteneingang neben einem goldbraunen Citroën CX. Er lobt mein Kleid. – Wenn du wüsstest, mein Lieber. Schließlich hast du es mit einer Dessous- und nicht mit einer Dessusverkäuferin zu tun. (Nicht, was Sie jetzt vielleicht denken. Ich habe mir lediglich Marie-Lines Wahlspruch zu eigen gemacht: Eine Frau ist immer so erotisch wie ihre Unterwäsche.)
    Verlegene Pause. Man sollte ein Rendezvous immer erst beim Wein beginnen.
    Also frage ich nach seinem Auto. Das hilft immer, jetzt auch. (Ausnahme: Er fährt einen Renault Espace. Dann fragt man lieber nicht nach.) Er sagt etwas von„hydropneumatischer Federung“ und dass dies das letzte „wirkliche Auto“ sei, das Citroën gebaut habe, aber ich kann mich nicht wirklich auf seine Worte konzentrieren. Die ganze Zeit versuche ich, mich zu erinnern, ob ich mir heute Morgen die Beine rasiert habe oder nicht, aber es will mir partout nicht einfallen. Im Geiste sehe ich Alix’ tadelnden Blick.
    Dann sind wir da. Er hat das Tokyo Eat ausgesucht. Très avant-garde . Die kugeligen Lampen dienen gleichzeitig als Lautsprecher und man könnte das Ganze auch für eine Kantine für Außerirdische halten. Aber zu meinem Astrophysiker passt es.
    Wir trinken viel Wein, das vor allem, und essen Coquillages et Crustacés à l’Estragon, gegrillten Fisch und ein Dessert aus Mousse und Früchten, das aussieht wie eine fliegende Untertasse.
    „Wusstest du, dass das CNES 52 ein Ufo-Archiv besitzt? Darin sind alle jemals in Frankreich gesichteten unbekannten Flugobjekte verzeichnet.“
    „Tatsächlich? Dann sollten wir diese hier vielleicht auch melden. Nicht dass es unvollständig ist.“
    „Ja, unbedingt.“
    „Wie meldet man ein Ufo?“
    „Man geht zur Gendarmerie und lässt einen Bericht aufnehmen.“
    „Und der wird dann weitergeleitet?“
    „Genau.“
    „Und dann könnte jeder unseren Bericht lesen. Vielleicht würden wir berühmt, weil wir herausgefunden haben, dass die Außerirdischen, nachdem sie gelandet sind, ihreFlugobjekte in unsere Nahrungskette einschleusen, um ihre Spuren zu verwischen. – Es schmeckt übrigens köstlich.“
    Le goût de vivre.
    Nur damit Sie wissen, auf welchem Niveau unser Gespräch in etwa lief.
    Irgendwann nimmt er meine Hand und küsst sie. Das ist der Moment. Denn was immer aus dieser Geschichte werden mag, ich kann sie nicht beginnen, ohne mein Gewissen erleichtert zu haben. Also:
    „Du Baptiste, ich muss dir etwas sagen.“
    „Ja?“
    „Damals, auf unserer Silvesterparty, als es Néné so schlecht ging – also, wie soll ich sagen, da hat Alix, haben wir ein bisschen, nun ja, nachgeholfen.“
    „??“
    Ich lege ein umfassendes Geständnis der Situation ab. 53 Einen Augenblick lang sieht er mich an, ohne eine Miene zu verziehen. Verdammt, ich habe es vermasselt.
    Dann lacht er plötzlich so laut, dass am Nebentisch empört geguckt wird.
    „Was für eine großartige Idee! – Aber ich kann dich beruhigen. Néné ging es bestens. Wir hatten uns nur mal wieder gestritten, weil sie wieder mal alles schlecht fand und ihr die Party nicht gut genug war. Sie ist dann woandershin gegangen. Die Magengeschichte war nur ein Vorwand. Alix ist völlig unschuldig.“
    Mag sein, in diesem Moment könnte ich sie trotzdem erwürgen.

    Aber dann habe ich keine Zeit mehr nachzudenken, weil ich wieder geküsst werde. Diesmal richtig.
    Französisch für Anfänger IX
    Es gibt da etwas, das kann einen in die Verzweiflung treiben. Die Rede ist von der französischen Liebe zur Abkürzung. Falls Sie vorhin bei der Erwähnung des CNRS wissend genickt haben, dürfte Sie das Folgende langweilen. Allerdings versichern mir selbst alteingesessene Zuwanderer, hin und wieder heimlich nachschlagen zu müssen. Der Franzose selbst benutzt die Abkürzungen wie den Subjonctif, beides ist ihm quasi angeboren. Allerdings würden Tempo und Melodie der Sprache enorm leiden, wollte man all die komplizierten Namen und Begriffe, die hinter der Abbreviatur stecken, in Gänze aussprechen. „l’A.P.E.L.C.“ lässt sich ohne Zweifel blitzartiger und schwungvoller in die Diskussion einwerfen als „l’Association des Parents d’Elèves des Lycées et Collèges“. Außerdem sind die Franzosen Meister der Wortschöpfung und lassen sich nur ungern auf international gebräuchliche Begriffe festlegen. Mag die Weltgemeinschaft englisch miteinander

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