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Ein Jahr in San Francisco

Ein Jahr in San Francisco

Titel: Ein Jahr in San Francisco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanni Bayers
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Führerschein in Kalifornien fahren dürfen (ja), ob Rita im Meer schwimmenkönne (besser nicht). Aber welche Temperaturen hier durchschnittlich herrschen, das ist ihnen anscheinend entgangen. In San Francisco herrscht eben nicht jenes milde und warme Klima, das die Deutschen aus Los Angeles oder San Diego gewohnt sind. Weil San Francisco von fast von allen Seiten vom Meer umgeben ist und immer ein ordentlicher Westwind weht, ist die Stadt konstant mit einer kühlen Brise gesegnet. Sobald die Sonne verschwindet, kann es sehr kühl werden, und obwohl San Francisco klein ist, können die Temperaturen in unterschiedlichen Stadtteilen stark variieren. In den westlichen, flach gelegenen Vierteln wie Sunset und Richmond liegt oft dichter Nebel. Fog City ist hier eine weitaus trefflichere Beschreibung, als es für die östlicheren Teile in Noe Valley, Castro und Mission der Fall ist, in denen es auch immer ein paar Grad wärmer ist.
    „Fünf Uhr! Wollt ihr nicht wieder ins Bett gehen?“ Aber Rita und Mom sind viel zu fit, als dass sie sich wieder schlafen legen könnten. Fleißig sortieren sie weiter ihre Klamotten und studieren die auf dem Boden ausgebreitete Landkarte. „Wir planen gerade die Stationen unseres Kalifornien-Trips“, sagt Mom. „Okay, Ladys – das müsst ihr um diese Zeit ohne mich machen. Weckt mich gerne, wenn es hell wird, dann zeige ich euch die Stadt.“
    Irgendwann werde ich vom Duft frischen Kaffees und dem Summen meiner Mutter geweckt. Draußen geht langsam die Sonne auf. Ein Blick auf den Wecker verrät: Es ist noch nicht einmal sieben Uhr. Doch ich raffe mich auf, schließlich habe ich nicht alle Tage hohen Besuch aus Deutschland. Außerdem könnte ich die Chance nutzen, die beiden zum Frühstück ins Mama’s am Washington Square einzuladen. Wenn man einen Tisch kriegen möchte, muss man Frühaufsteher sein – schon ab sieben Uhr morgens bilden sich dort lange Warteschlangen, so beliebt ist das Restaurant.
    Unser halbstündiges Warten vor dem Mama’s lohnt sich allerdings. Eine der Spezialitäten des Restaurants ist das traditionelle Frühstücksgericht Dungeness Crab and Spinach Benedict, bestehend aus pochierten Eiern auf Brot mit Sauce Hollandaise, in Kombination mit frischem Spinat und Krabben. Danach geht es ab in die nähere Umgebung in North Beach . Wie von Mom gewünscht, machen wir uns am Nachmittag auf zum Lincoln Park und besuchen das Kunstmuseum Legion of the Honor im Westen San Franciscos. Immer ist es ein Kunstmuseum, das meine Mutter als Erstes besuchen möchte. Dadurch könne sie sofort die Seele einer Stadt erspüren, so ihre feste Überzeugung.
    Mal sehen, ob das gelingt. Denn die Kunstszene San Franciscos drückt sich in einer Vielfalt von kulturellen Einflüssen und Farben aus. In den Galerien wie der Robert Koch Gallery oder der Jack Fischer Gallery im Theaterviertel entlang der Geary Street sind hochpreisige, moderne Kunstgegenstände zu finden. Auch in SoMa gibt es eine Vielzahl zeitgenössischer Kunstausstellungen, etwa die New Langton Arts oder die MM Galleries . Die Mission lockt hingegen mit solch ausgefallenen Angeboten wie Creativity Exploded , einer Galerie, die Werke von körperlich behinderten Künstlern ausstellt, oder Southern Exposure , einer gemeinnützigen Ausstellung, dank derer bereits einige junge Künstler entdeckt worden sind. Doch meine liebste Kunst ist die der Straße: In Chinatown finden sich in einer kleinen Seitenstraße zum Beispiel Street-Art-Malereien des bekannten Graffiti-Künstlers Banksy. In der Mission hingegen faszinieren mich immer die beeindruckenden Wandmalereien auf der Balmy Alley und Clarion Alley. Nicht zu vergessen die Lebenskunst der San Franciscans, die sich in der Art darstellt, wie Menschen sich kleiden, ihre Häuser gestalten und ihre Autos schmücken.
    „ Legion of the Honor werdet ihr mögen! Es ist sehr europäisch, und ihr habt einen tollen Blick auf die Golden Gate Bridge“, bereite ich die zwei Damen vor. „Außerdem, Rita“, füge ich hinzu, „gibt es da sogar die Seerosen von Monet.“ – „Ach, wie wunderbar – die liebe ich doch so. Wie oft ich schon versucht habe, sie nachzumalen.“ Und wie oft ist sie damit kläglich gescheitert! Nach einer Tour durch die Schätze des eindrucksvollen Marmorpalastes und der Suche nach der Seele San Franciscos fahren wir weiter zum Point Lobos, dem Seelöwenpunkt. Rita, die mittlerweile friert, ist auffällig schweigsam geworden. „Gleich wird es wärmer. Im Cliff

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