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Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Ein Jahr ohne Juli (German Edition)

Titel: Ein Jahr ohne Juli (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liz Kessler
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hat gesagt, ich würde nur Ausflüchte machen. Ich wolle wohl nicht wirklich, dass er mich küssen würde. Wenn das meine Einstellung wäre, würde er es eben bleiben lassen. Nein, sagte ich zu ihm, du hast mich falsch verstanden, aber er ist davongestürmt.« Sie reißt den Blick vom Fenster los und sieht mich an. »Ich wollte, dass es ein besonderer Moment wird, verstehst du? Ich hatte alles geplant. Ich wollte vierzehn sein. Das hatte ich mir aus einem ganz dummen Grund in den Kopf gesetzt. Ich wollte ihm sagen, dass ich in ihn verliebt sei. Es sollte perfekt werden.«
    »Und?«
    »Er hat es nie wieder versucht.«
    »Sie zu küssen?«
    »Als ich ihn das nächste Mal sah, hatte ich ein Jahr verloren. Er sprach kaum mit mir. Ist dauernd mit einem anderen Mädchen Hand in Hand rumgelaufen. Ist einmal stehen geblieben, um sie zu küssen, direkt vor meiner Nase. Aber ich habe seine Augen gesehen. Offen waren sie, als er sie geküsst hat. Siehst du , wollte er sagen. Ich bekomme meine Küsse, wenn ich das will. «
    »Aber haben Sie es ihm denn nicht gesagt?«
    Mrs Smith lacht trocken. »Ihm gesagt? Was sollte ich ihm denn sagen? Dass es mir leid täte, aber ich hätte versehentlich ein Jahr meines Lebens verloren, und ob wir vielleicht einfach weitermachen könnten, wo wir aufgehört hatten? Glaubst du, dass er mich ernst genommen hätte? Übrigens habe ich es wirklich mal versucht. Aber nur einmal.«
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn damals nicht abweisen wollte. Nicht zurückstoßen. Dann habe ich behauptet, nicht genau zu wissen, was danach passiert sei. Ich wollte, dass er es mir erzählt – um meine Gedächtnislücken zu füllen.«
    »Was hat er gesagt?«
    »Er sagte, das hätte ich schon einmal gesagt, und er würde mir jetzt nichts anderes antworten als damals. Ich konnte daraus nur Folgendes schließen: Er meinte damit, dass ich in jenem Jahr, an das ich mich nicht erinnern konnte, bereits versucht hätte, ihm zu erklären, warum ich ihn zurückwies. Aber es war eindeutig, dass er mir nicht glaubte. Er sagte, ich solle ihn in Ruhe lassen, damit er sein Leben weiterleben könne. Ich antwortete, ich wolle ihn keineswegs in Ruhe lassen.«
    »Und wie hat er darauf reagiert?«
    »Er ist ärgerlich geworden. Er hat gefragt, ob ich mir denn einbilden würde, dass er es tatsächlich noch mal ausprobieren würde, ob ich ihn zum Narren halte oder nicht. Außerdem sagte er, ich müsse ihn nicht bedauern. Er hätte jetzt eine andere Freundin. Ich müsse nicht befürchten, noch mal von ihm belästigt zu werden.«
    »Er hat also nie erfahren, was wirklich passiert ist?«
    Mrs Smith schüttelt den Kopf. »Ich kann mich noch wie gestern daran erinnern, wie ich ihm alles zu erklären versuchte. Wir standen unten in der Hotellobby, vor dem Fahrstuhl.«
    »Der Fahrstuhl!«, entfährt es mir. Weiß sie, dass er die Ursache ist?
    »Als wir dort standen, begriff ich plötzlich, der Fahrstuhl war es«, fährt sie fort, ehe ich etwas sagen kann. »Der Augenblick, als sich alles änderte. Es war der Fahrstuhl! Ich packte den Jungen bei der Hand und zog ihn mit hinein. Erklärte ihm, was ich vermutete. Erzählte ihm alles. Ich war so glücklich! Wir mussten nur ein Jahr zurückfahren – beide miteinander. Alles würde gut werden. Mehr als gut – es würde wunderbar werden! Ich würde mein Leben zurückbekommen. Und er könnte das Jahr noch einmal erleben – aber diesmal als mein Freund!«
    »Und was passierte?«, frage ich wie gebannt.
    Mrs Smith verstummt eine ganze Weile. »Er sah mir so lange und so tief in die Augen, dass ich seinen Blick missverstand. Ich dachte, es sei Begeisterung, Leidenschaft – die Erkenntnis, dass wir alles bekommen könnten, was wir wollten, alles, über das wir schon geredet hatten.«
    »Und was war es wirklich?«
    »Ich weiß nicht. Wut, Verletztheit«, sagt sie tonlos. »Weißt du, was er tat, Jenny?«
    Ich schüttle den Kopf und warte gespannt, dass sie fortfährt.
    »Er holte das Taschenmesser heraus, das er immer bei sich trug, und trat an den Schaltkasten in der Ecke der Kabine. Er fuhr damit um die Umrandung und stemmte das Bedienungsfeld heraus, so dass die Drähte heraushingen. Und ehe ich wusste, was er vorhatte, klappte er die schärfste Klinge auf. Dann sagte er, das ist es, was ich von deinem Unsinn halte , und er durchtrennte jeden Draht. Keiner hält mich zum Narren und kommt dann zurück, um sich erneut über mich lustig zu machen , sagte

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