Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1
ihnen ist, daß sie Leuten wie uns als Hobby dienen können. Unsere Version des Tontaubenschießens – Pakis klatschen.«
»Ja, Neal«, sagte Ali mit einer Stimme, die klarmachte, daß er mitspielte, »aber eine der wichtigsten Regeln beim Paki-Klatschen ist, daß die weißen Jäger doppelt so viele sein müssen wie wir.«
Er zog einen sehr unangenehm aussehenden Lederriemen aus seiner Jeanstasche.
Neal Carey haßte es, zu kämpfen. Erstens, weil er es dumm fand. Zweitens, weil es ihm Angst machte und Leute verletzt wurden. Und drittens kämpfte er ziemlich schlecht und gehörte normalerweise zu denen, die verletzt wurden.
»Na dann, ein andermal«, sagte Neal und ging an Ali vorbei. Es hätte fast geklappt, wenn Colin nicht diese Frage gestellt hätte.
»Sag mal, ist es dein Vater oder deine Mutter, oder sind es beide, die sich auf dem Klo am King’s Cross in den Arsch ficken lassen?«
Der Lederriemen sauste los, aber Colin war nicht mehr da. Er hatte sich geduckt und Ali mit seinem Messer einen Schnitt von der Hüfte bis zum Knie beigebracht. Ali fiel zu Boden und schrie, was Colin mit einem kräftigen Tritt ins Maul unterband.
Derweil reagierte Crisp irgendwie unerwartet auf einen Tritt in die Eier: Er richtete sich auf und knallte dem Angreifer seine Bierflasche unters Kinn. Entgeistert schlug der junge Pakistani Crisp gegen den Kopf und brach sich zwei Knöchel, so daß er gerade abgelenkt war, als Vanessa ihm mit einer Kette gegen den Hals schlug.
Neal war einigermaßen dankbar, daß wenigstens sein Gegner nicht bewaffnet zu sein schien und bereitete sich darauf vor, die Sache ehrenhaft und männlich hinter sich zu bringen. Er nahm die Kampfposition ein: rechte Hand auf Brusthöhe, schlagbereit; linke Hand weiter oben, um die Rechte des Angreifers abzublocken. Blocken und kontern. Bloß war dieser Typ Linkshänder und knallte eine Gerade voll durch auf Neals Nase. Das tat weh. Als er wieder zuschlug, tat es noch mal weh.
Neal wollte sich fallenlassen, was beim Training immer ganz gut kam, dachte sich aber, daß er in diesem Fall nur einen Tritt in die Fresse abbekommen würde. Also hielt er sich auf den Beinen und hoffte, daß der Junge sein Glück mit einem dritten Schlag versuchte, was er auch tat. Dankbar für die Phantasielosigkeit des Angreifers trat Neal zur Seite, duckte sich unter dem Schlag durch und donnerte dem Jungen einen linken Haken in den Bauch. Der Junge krümmte sich, Neal warf sich gegen ihn, kippte ihn um, lag auf ihm.
Colin prügelte dem letzten Pakistani gerade die Scheiße aus dem Leib, als Vanessa einen Polizeiwagen an der Ecke ausmachte.
»Bullen!« brüllte sie.
Colin unterbrach seine Tätigkeit und packte Neal am Kragen.
»Renn wie ein Bastard!«
Neal war sich nicht ganz sicher, wie ein Bastard rannte, aber er nahm an, daß Colin seinem eigenen Ratschlag folgte, und also folgte er ihm. Sie rannten ein paar Straßen weit, bevor sie in eine kleine Gasse abbogen, wo Neal sich gegen die Mauer stützte, nach Luft schnappte, kotzte und seine Nase wieder zu bluten anfing.
Colins Wohnung überraschte ihn.
Sie war nicht gerade luxuriös, lag aber in einem gar nicht so schlechten Teil des schäbigen Earl’s Court. Erster Stock, groß und überraschend gut gepflegt. Das Wohnzimmer war sehr geräumig, und französische Fenster führten auf einen kleinen Balkon hinaus. Die Küche wurde offensichtlich wenig benutzt. Eine Kaffeekanne und ein Teekessel standen auf dem Herd, daneben ein Glas Nescafe und eine Zuckerdose.
Colins Schlafzimmer war groß und dunkel. Selbst bei Nacht war die Jalousie heruntergelassen. Das Wasserbett und das Che-Guevara-Poster hatte Neal erwartet. Auch die fünf Schlösser, die die Eingangstür sicherten. Aber einen teuren Fernseher im Wohnzimmer, eine teure Stereo-Anlage und vor allem die vielen Regale mit Taschenbüchern – Coleridge, Blake, Byron – hatte er nicht erwartet.
Colin verschwand im Schlafzimmer und kam mit einer Wasserpfeife wieder. »Hier. Das ist gut für dich.«
Dann verschwand er in der Küche und kam mit Eiswürfeln in einem Tuch wieder.
Neal hielt sich das kalte Tuch auf die Nase. Großartig. Seine Nase war geschwollen. Er befühlte sie und entschied, daß sie nicht gebrochen war.
Er liebte diese Undercover-Einsätze.
Colin zündete die Hasch-Pfeife an, nahm einen langen Zug und gab sie Neal. Neal schüttelte den Kopf. Mehr als genug ist mehr als genug.
»Es ist ganz mild, Neal. Bestes Dope.«
Neal nahm die Pfeife und
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