Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Bells handelt. Wir haben unsere besonderen Tricks bei der Perlenstickerei.«
»Ich nehme nicht an, dass Sie wissen, wer diese Kleider gekauft hat?«
»Beide Kleider sind Größe zehn – das bedeutet, sie sind für Mädchen zwischen zehn und zwölf Jahren. Ist ein Mädchen erst einmal zwölf, will es normalerweise eher wie Annette Funicello aussehen und nicht mehr wie eine Märchenfee. Wir haben immer ein Exemplar von jedem Modell und Farbe in jeder Größe auf Lager, aber zwei stellen einen ziemlichen Aufwand dar. Hier, kommen Sie mal mit.«
Als Carmine ihr dann aus dem Büro und hinüber zu Dutzenden langer Ständer voller glitzernder, mit Rüschen besetzter Partykleider folgte, begriff er, was sie gemeint hatte, als sie sagte, zwei derselben Größe und Art seien ein ziemlicher Aufwand; dort mussten weit über zweitausend Kleider in Farbtönen von Weiß bis zu Dunkelrot hängen, alle mit Strasssteinen oder Perlen besetzt.
»Sechs Größen von drei Jahren bis zu zwölf Jahren, zwanzig verschiedene Modelle in zwanzig verschiedenen Farben«, sagte sie. »Wir sind berühmt für diese Kleider, verstehen Sie – sie gehen so schnell raus, wie wir sie reinbekommen können.« Ein Lachen. »Immerhin geht es ja nicht an, dass zwei Mädchen das gleiche Modell in der gleichen Farbe auf derselben Party tragen! Ein Tinker Bell zu tragen ist ein echtes Statussymbol. Da können Sie jede Mom oder jedes Kind in Westchester County fragen. Unser guter Name ist in ganz Connecticut bekannt.«
»Wenn ich meine Kleider und die Aktentasche hole, Mrs Dobchik, darf ich Sie dann zum Mittagessen einladen? Eine Tasse Kaffee? Ich fühle mich momentan wie der sprichwörtliche Elefant im Porzellanladen.«
»Vielen Dank, ich freue mich über die Unterbrechung«, sagte Mrs Dobchik.
»Was sie da vorhin über zwei Mädchen gesagt haben, die auf derselben Party die gleichen Tinker Bells tragen, führt mich zu der Annahme, dass Sie recht detailliert Buch führen«, sagte er wenig später und trank seinen Schoko-Shake durch einen Strohhalm.
»O ja, das müssen wir. Es ist nur, dass die beiden Modelle, die Sie mir gezeigt haben, mehrere Jahre lang zur Kollektion gehörten, weswegen wir davon doch recht viele verkauft haben. Die rosa Spitze gibt es jetzt seit fünf Jahren nicht mehr, das fliederfarbene seit vier. Ihre beiden Exemplare sind dermaßen malträtiert worden, dass es nicht mehr möglich ist, genau zu sagen, wann sie hergestellt wurden.«
»Wo werden Sie überhaupt hergestellt?«
Mrs Dobchik genoss ihre Rolle als Expertin. »Wir haben eine kleine Fabrik in Worcester, Massachusetts. Meine Schwester leitet Boston, ich leite White Plains, unser Bruder leitet die Fabrik. Ein Familienunternehmen – wir sind die alleinigen Eigentümer.«
»Kommen jemals auch Männer zu Ihnen, um zu kaufen?«
»Manchmal, Lieutenant, aber meistens sind Frauen Kunden von Tinker Bell. Männer mögen Unterwäsche für ihre Frauen kaufen, aber für gewöhnlich meiden sie es, Partykleider für ihre Töchter zu erwerben.«
»Würden Sie jemals zwei Kleider derselben Größe und Farbe an den gleichen Kunden am gleichen Tag verkaufen? Zum Beispiel für Zwillinge?«
»Ja, so etwas kommt schon vor, aber es bedeutet eine Wartezeit von einem Tag, um das zweite Kleid ins Geschäft kommen zu lassen. Frauen mit Zwillingen bestellen im Voraus.«
»Was ist mit jemandem, der, sagen wir, meine rosa Spitze und mein fliederfarbenes Was-immer-es-ist kauft …«
»Broderie Anglaise«, unterbrach sie.
»Danke, ich werd’s mir aufschreiben. Würde jemand zwei Modelle in verschiedenen Farben in derselben Größe am selben Tag kaufen?«
»Nur ein einziges Mal«, sagte sie und seufzte in wohliger Erinnerung. »Oh, das war ein schöner Verkauf! Zwölf Kleider in der Größe zehn-bis-zwölf, und jedes ein anderes Modell in einer anderen Farbe.«
»Wann war das?«
»Das muss gegen Ende 1963 gewesen sein. Ich kann es aber gern nachsehen.«
»Bevor wir zurückgehen und Sie das bitte für mich tun, Mrs Dobchik, erinnern Sie sich noch, wer diese Kundin war? Wie sie ausgesehen hat?«
»Ich erinnere mich sehr gut«, sagte die perfekte Zeugin. »Nicht an ihren Namen – sie hat bar bezahlt. Aber sie gehörte der Altersgruppe der Großmütter an. So etwa fünfundfünfzig. Sie trug einen Zobelmantel und einen eleganten Zobelhut, hatte getöntes Haar, ein gutes, aber nicht übertriebenes Make-up,große Nase, blaue Augen, eine elegante Bifokalbrille, eine angenehme Stimme. Handtasche und
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