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Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Titel: Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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sie unbedingt lernen muss. Sie will zum FBI, aber für eine Frau haben die eine verflucht harte Aufnahmeprüfung.«

Kapitel sechsundzwanzig
    Sonntag, den 27. Februar 1966
     
    Am Sonntagmorgen um 11 Uhr, bevor die Observation beginnen sollte, betrat Carmine das County Services Building und fühlte sich einsam, ruhelos und angespannt.
    Einsam, weil Desdemona vergangenen Freitagabend verkündet hatte, am Wochenende auf dem Appalachian Trail bis rauf zur Grenze nach Massachusetts wandern zu gehen. Sie wollte nichts von seinen Protesten hören, was für eine Vergeudung von Ressourcen es sei, sie mit einem Streifenwagen hinbringen und wieder abholen zu lassen. Es beunruhigte ihn, dass seine Erwartungen aus dieser Beziehung so anders waren als das, was er mit Sandra erlebt hatte. Desdemona war ständig irgendwo in seinem Kopf, und das hatte nichts mit der Rolle zu tun, die sie in diesem Fall spielte. Er freute sich schlicht und einfach auf die gemeinsame Zeit mit ihr. Vielleicht lag es am Alter: noch keine dreißig, als er Sandra kennengelernt hatte, Anfang vierzig, als er Desdemona begegnete. Als Elternteil war er schon nicht so besonders, aber als Ehemann war er noch viel schlechter gewesen. Und doch wusste er, dass die Antwort für Desdemona nicht lautete, dass sie seine Geliebte sein würde. Heirat, es musste Heirat sein. Nur, wollte sie auch die Ehe? Er wusste es einfach nicht. Den Appalachian Trail zu wandern schien zu bedeuten, dass ihr Bedürfnis nach ihm von einem anderen Kaliber war als seines nach ihr.
    Er war ruhelos, weil Desdemonas Weggang ihm zwei Tage ließ, die es irgendwie zu füllen galt. Silvestri hatte ihm verboten, seine Nase in einen anderen Fall als den der Gespenster zustecken; es sei denn, es ginge um Rassenunruhen. Und nun, angesichts eines schönen Sonntags mit Temperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt, war Mohammed el Nesr beschäftigt? Zumindest war er nicht mit Demonstrieren oder Kundgebungen beschäftigt. Wie Carmine wartete auch Mohammed darauf, dass die Gespenster in dieser Woche ein weiteres Opfer entführten. Die große Kundgebung würde kommenden Sonntag weitergehen, das war sicher. Was dringend benötigte Cops von den Gespenstern abzog. Eine unendliche Nervensäge, aber, soweit es Mohammed betraf, gute Strategie.
     
    »Lieutenant Delmonico?«, fragte der diensthabende Sergeant.
    »Das war ich noch, als ich das letzte Mal hingesehen habe«, erwiderte Carmine grinsend.
    »Ich habe eine alte Beweismittelkiste hinter diesen Päckchen eingeklemmt gefunden, als ich heute Morgen zum Dienst kam. Kein Name drauf, was vermutlich der Grund ist, warum Sie es bislang nicht bekommen haben. Dann fand ich einen Anhänger mit Ihrem Namen, ein paar Meter davon entfernt.« Er bückte sich, kramte unter der Theke herum und kam mit einer großen, quadratischen Kiste wieder hoch.
    Die persönliche Habe der Frau und des Kindes, die 1930 erschlagen worden waren! Das hatte er völlig vergessen, so sehr war er in den Planungen der anstehenden Observierungen aufgegangen. Obwohl er daran gedacht hatte, Silvestri zu bitten, der Archivarin und ihrem Assistenten Feuer unter dem Hintern zu machen.
    »Danke, Larry, ich schulde dir was«, sagte er, nahm den Karton und brachte ihn in sein Büro.
    Kein Gestank modriger Überreste eines sechsunddreißig Jahre alten Verbrechens quoll ihm entgegen, als er den Deckel aufzog; sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, die Kleidungsstückeaufzubewahren, die das Pärchen getragen hatte, was bedeutete, dass sie völlig blutverschmiert gewesen sein mussten, das Schuhwerk eingeschlossen. Da niemand daran gedacht hatte, irgendwo zu vermerken, um welchen Abstand genau es sich bei der Bezeichnung »nahe bei« Leonard Ponsonby handelte, konnte ein Teil des Blutes auch durchaus seines gewesen sein. Niemand hatte auch nur eine Skizze gezeichnet, um zu dokumentieren, wie die Körper im Verhältnis zueinander gelegen hatten. »Nahe bei« war alles, womit er weitermachen konnte.
    Aber die Handtasche war da. Aus Gewohnheit hatte Carmine Handschuhe übergezogen, um sie behutsam herauszunehmen, damit er sie näher untersuchen konnte. Selbstgemacht. Gestrickt, wie Frauen es in jener Zeit ohne Geld machten, mit zwei Henkeln aus Rohr und einem Innenfutter aus derbem Baumwollgewebe. Kein Verschluss. Diese Frau konnte sich nicht einmal die billigste Kuhhaut leisten, geschweige denn Leder. Die Handtasche enthielt eine winzige Börse, in der sich ein Silberdollar, drei Vierteldollarmünzen sowie

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