Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
haben!«
»Um den Ingenieur zu zitieren: Was soll’s, Carmine? Ponsonby ist tot, und es ist Zeit, den Fall zu schließen«, sagte Patrick und klopfte Carmine auf die Schulter. »Warum wegen eines toten Mannes einen Herzinfarkt riskieren? Denk stattdessen an Desdemona! Wann ist die Hochzeit?«
»Du magst sie nicht, Patsy, stimmt’s?«
Die blauen Augen verdunkelten sich, wichen seinem Blick aber nicht aus. »Die Vergangenheitsform trifft es wohl besser. Ich mochte sie anfangs nicht – zu seltsam, zu fremd, zu reserviert. Aber jetzt ist sie anders. Ich hoffe, ich werde sie irgendwann nicht nur mögen, sondern auch ins Herz schließen.«
»Da bist du nicht der Einzige. Deine Mutter und meine schlottern schon vor Angst. Oh, sie sprudeln nur so über vor Begeisterung, aber ich bin nicht ohne Grund Detective. Es ist nur eine Fassade, hinter der sie ihre Besorgnis verbergen.«
»Was noch dadurch verschlimmert wird, dass sie deutlich größer ist als du«, meinte Patrick lachend. »Mütter, Tanten undSchwestern
hassen
so was. Weißt du, sie hatten gehofft, die zweite Mrs Delmonico wäre ein nettes italienisches Mädchen aus East Holloman. Aber zu hübschen Mädchen fühlst du dich ja offensichtlich nicht hingezogen, weder zu italienischen noch zu anderen. Und mir persönlich ist Desdemona eindeutig lieber als Sandra. Desdemona hat Grips.«
»Und der hält länger als Gesichter und Figuren.«
Der Fall wurde an diesem Nachmittag offiziell geschlossen. Nachdem der Rechtsmediziner seinen Bericht eingereicht hatte, war die Polizeibehörde von Holloman verpflichtet, einzugestehen, dass sie keine Beweise dafür gefunden hatte, die Claire Ponsonbys Komplizenschaft an den Morden implizierten. Wenn Carmine die Zeit gehabt hätte, wäre er zu Silvestri gegangen und hätte ihn gebeten, die Morde an Leonard Ponsonby, der Frau und dem Mädchen im Jahre 1930 zu melden, aber die Verbrecher warten nicht, besonders nicht auf einen Detective. Zwei Wochen nachdem Charles Ponsonby niedergeschossen worden war, beanspruchte ein Drogenfall Carmines ganze Aufmerksamkeit.
Kapitel dreißig
Montag, den 28. März 1966
Ende März fiel über dem Hughlings Jackson Center für Neurologische Forschung die Axt.
Als das Direktorium um zehn Uhr im Sitzungssaal einberufen wurde, waren alle Vorstände außer Professor Robert Mordent Smith anwesend, der vor einigen Wochen aus dem Marsh Manor entlassen worden war, aber seinen Keller mit den Eisenbahnen nicht verließ. Ein peinliche Sache für Roger Parson junior, der den Gedanken hasste, dass er mit seinem Urteil über Bob Smith so falsch gelegen hatte.
»Als Geschäftsführerin nehmen Sie bitte Platz, Miss Dupre«, sagte Parson kurz angebunden und sah Tamara dann fragend an. »Miss Vilich, wollen Sie Protokoll führen?«
Eine berechtigte Frage, da diese Miss Vilich nicht jener Frau ähnelte, die die Mitglieder des Parson-Direktoriums von früher kannten. Ihr Licht war längst erloschen, dachte Richard Spaight.
»Ja, Mr Parson«, antwortete Tamara tonlos.
Präsident Mawson MacIntosh wusste bereits, was Dekan Wilbur Dowling nur vermutete; aber wie auch immer führten das Wissen des einen und die starke Vermutung des anderen zu zufriedenen Gesichtern und entspannter Haltung. Die Chubb University würde das Hug erben, mit einer großen Menge Geld, das nicht in die neurologische Forschung fließen würde.
Die Lesebrille mit den halben Gläsern auf der Hakennase, fuhr Roger Parson junior fort, die legalen Möglichkeiten vorzulesen, die den Letzten Willen und das Testament seines verstorbenenOnkels im Hinblick auf den Fonds zur Finanzierung des Hug für null und nichtig erklärten.
Es dauerte 45 Minuten, etwas vorzulesen, das trockener war als Staub aus der Sahara, aber die, die gezwungen waren, zuzuhören, taten dies mit einem Ausdruck von Wachsamkeit und begierigem Interesse, abgesehen von Richard Spaight. Er drehte seinen Stuhl Richtung Fenster und sah zwei Schleppern zu, die einen großen Öltanker zu seinem Liegeplatz an dem neuen Kohlenwasserstoffreservoir am Ende der Oak Street begleiteten.
»Wir könnten natürlich die hundertfünfzig Millionen Kapital aus dem Fonds plus die aufgelaufenen Zinsen einfach in unsere Holdings übernehmen«, sagte Parson zum Abschluss seiner Rede, »aber das wäre nicht im Sinne von William Parson gewesen – dessen sind wir, seine Neffen und Großneffen, uns ganz sicher.«
Ha, ha, ha, dachte M. M., natürlich wolltet ihr die ganze Summe einbehalten! Aber ihr
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