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Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord

Titel: Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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Untersuchungshaft,ohne die Möglichkeit, auf Kaution freigelassen zu werden. Nach seiner Vernehmung wurde Wesley vor dem Gerichtsgebäude von einem prominenten weißen Anwalt angesprochen, der sich selbst als der Leiter von Wesleys neuem Verteidigerteam vorstellte. Die Gruppe weiterer weißer Promi-Anwälte, die im Hintergrund standen, war der Rest des Teams. Zu ihrem Entsetzen lehnte Wesley sie ab.
    »Verpisst euch und sagt Mohammed el Nesr, dass ich das wahre Licht gesehen habe«, sagte Wesley. »Ich werde es so machen, wie der mittellose schwarze Abschaum es macht, mit einem Pflichtverteidiger.« Seine Hand zeigte auf einen jungen, farbigen Mann mit einer Aktentasche. Ein kurzer schmerzlicher Schatten flog über sein Gesicht, er seufzte. »Das hätte ich in zehn Jahren sein können, aber ich habe meinen Weg gewählt.«
    Nachdem die Begeisterung der Fahrt mit Carmine Delmonico in die Zelle erst einmal verflogen war, hatte bei Wesley eine grundlegende Veränderung stattgefunden, die vielleicht ein wenig damit zu tun hatte, was Carmine zu ihm gesagt hatte, aber weit mehr damit, aus einem Meter Entfernung das Leben eines Menschen erlöschen zu sehen. Von Charles Ponsonby war nur noch die Hülle übrig, und was Wesley entsetzte, war, dass er diese unaussprechlich bösartige Seele befreit hatte und sie sich nun ein neues Zuhause in einem anderen Körper suchte. Allah befand sich im Krieg mit Christus und Buddha, und er begann, zu allen dreien zu beten.
    Aber er zog aus dem Ganzen auch Stärke, eine andere Stärke. Er würde es irgendwie schaffen, aus diesem Kardinalfehler einen Sieg zu machen.
    Die ersten Anzeichen eines Sieges waren, als er ins Holloman County Jail gebracht wurde, wo er die Monate zwischen seiner Verhaftung und der Verhandlung verbringen musste. Beiseiner Ankunft wurde er von den Mithäftlingen wild bejubelt. Seine Koje in der Vier-Mann-Zelle war mit Geschenken überhäuft: Zigaretten und Zigarren, Feuerzeuge, Illustrierte, Süßigkeiten, modische Accessoires, eine goldene Rolex-Uhr, sieben Goldarmbänder, neun Goldketten, ein Ring für den kleinen Finger mit einem dicken Diamanten. Keine Sorge, dass er unter der Dusche vergewaltigt werden würde! Auch keine Schikane von den Wächtern; alle nickten respektvoll, lächelten und hoben anerkennend den Daumen. Als Wesley um einen Gebetsteppich bat, tauchte ein wundervoller Schiras auf, und wann immer er in der Kantine oder auf dem Sporthof erschien, wurde er wieder bejubelt. Schwarz oder weiß, die Gefangenen und ihre Wärter liebten ihn.
    Eine große Anzahl Leute aller Rassen und Farben waren der Ansicht, Wesley le Clerc solle überhaupt nicht verurteilt werden. Die Herausgeber verschiedener landesweiter Zeitungen wurden mit Briefen überflutet. Auf dem Tisch des Gouverneurs türmten sich die Telegramme. Die Telefonleitungen der Radiosendungen, bei denen Zuhörer anrufen konnten, waren vollkommen überlastet. Der Bezirksstaatsanwalt von Holloman versuchte Wesley zu überzeugen, als Gegenleistung für eine deutlich verringerte Haftstrafe auf fahrlässige Tötung zu plädieren, aber der neue Held wollte nichts davon wissen.
    Die Verhandlung begann Anfang Juni, Monate vor dem eigentlich angesetzten Termin; die Spitzen der Rechtsprechung des Staates entschieden, dass jede Verzögerung alles nur noch schlimmer machen würde.
    Noch nie wurde eine Geschworenenbank mit größerer Sorgfalt ausgesucht. Acht Geschworene waren farbig und vier weiß, sechs Frauen und sechs Männer, einige wohlhabend, andere einfache Arbeiter, zwei waren unverschuldet arbeitslos.
    Wesleys Geschichte im Zeugenstand lautete, dass er über denHut hinaus nichts geplant hatte, dass er von der Menschenmenge dorthin gespült worden war, wo er dann endete, und dass er sich nicht daran erinnern könne, eine Waffe abgefeuert zu haben, sich nicht einmal daran erinnern konnte, überhaupt eine Waffe dabeigehabt zu haben. Der Fakt, dass die Tat auf Videoband verewigt worden war, war irrelevant; er hatte nie etwas anderes tun wollen, als gegen die Behandlung seines Volkes zu protestieren.
    Die Geschworenen empfahlen, Milde walten zu lassen. Richter Douglas Thwaites war jedoch kein nachsichtiger Richter und verurteilte Wesley zu zwanzig Jahren Zuchthaus, wobei er nach zwölf Jahren zum ersten Mal eine Begnadigung beantragen konnte. Ungefähr das Urteil, das auch erwartet worden war.
    Der Prozess endete nach fünf Tagen an einem Freitag und markierte den Höhepunkt eines Frühlings, wie ihn zumindest

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