Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Polonowskis Beutel selber nach unten brachte. Ihr Verhalten war skeptisch und abwehrend, aber er nahm an, nicht wegen der toten Tiere. Das hier war ein unglückliches Mädchen, und unglückliche Mädchen waren normalerweise wegen persönlicher Probleme unglücklich und nicht wegen ihrer Arbeit. Jobs fanden diese jungen Leute recht leicht, alle hatten einen wissenschaftlichen Abschluss, manche nebenher ein kleines Projekt laufen, das zählte, wenn sie ihren Master machten oder promovierten. Marian, wettete Carmine, kam manchmal mit einer dunklen Brille ins Hug, um zu verbergen, dass sie die halbe Nacht geweint hatte.
Nach all den anderen war Dr. Hideki Satsuma großartig. Er sprach perfektes Amerikanisch; sein Vater, erklärte er, war ander japanischen Botschaft in Washington D. C. gewesen, seit die diplomatischen Beziehungen nach dem Krieg wieder aufgenommen worden waren. Satsuma hatte seine Ausbildung in Amerika beendet, mit einem Abschluss in Georgetown.
»Ich arbeite an der Neurochemie des Rhinencephalon«, sagte er, sah Carmines verständnislosen Blick und lachte. »Das, was man manchmal auch Riechhirn nennt – die primitivsten der menschlichen grauen Zellen. Sie sind stark in den epileptischen Prozess involviert.«
Satsuma war noch so ein Hingucker; das Hug hatte wahrlich seinen Teil davon abbekommen! Auch seine Gesichtszüge waren adelig, und er hatte sich einer kosmetischen Operation unterzogen, die seine Mongolenfalten auf den oberen Augenlidern zurückgezogen und seine blitzenden schwarzen Augen freigelegt hatten. Für einen Japaner war er recht groß. Er bewegte sich mit der Anmut eines Rudolf Nurejew und hatte dasselbe leicht tatarische Aussehen. Carmine sah in ihm eine sehr zielstrebige Person, der nie ein Messbecher aus der Hand fallen würde. Außerdem war er sympathisch, was Carmine beunruhigte, der seine Kriegsjahre im Pazifik verbracht hatte und für die Japsen keine besondere Zuneigung hegte.
»Sie müssen verstehen, Lieutenant«, sagte Satsuma ernsthaft, »dass wir alle, die wir hier im Hug arbeiten, keine wirklich aufmerksame Sorte Mensch sind, außer aber, es betrifft unsere Arbeit, und dann haben wir bessere Röntgenblicke als Superman. Ein brauner Kadaversack könnte vielleicht als störend wahrgenommen werden, aber sonst nichts. Da die Laboranten des Hug ausgezeichnete Leute sind, liegen die Kadaversäcke nie störend herum. Ich trage sie nie hinunter, das macht mein Laborant.«
»Wie ich sehe, ist er auch Japaner.«
»Ja. Eido ist in jeder Hinsicht mein Assistent. Er und seineFrau wohnen im neunten Stock des Nutmeg Insurance Building, in dem ich das Penthouse besitze. Wie Ihnen ja durchaus bekannt ist, da Sie selbst im Nutmeg wohnen.«
»Ganz ehrlich, das wusste ich nicht. Das Penthouse besitzt ja einen privaten Fahrstuhl. Eido und seine Frau habe ich schon gesehen. Sind Sie verheiratet, Doktor?«
»Es schwimmen viel zu viele hübsche Fische im Meer, als dass ich einen auswählen könnte. Ich bin Junggeselle.«
»Haben Sie hier im Hug eine Freundin?«
Seine schwarzen Augen blitzten – amüsiert, nicht ärgerlich. »Ach du meine Güte, nein! Wie mein Vater mir schon vor vielen Jahren riet: Nur ein törichter Junggeselle vermischt Geschäft und Privates.«
»Eine guter Rat für’s Leben.«
»Möchten Sie, dass ich Ihnen Dr. Schiller vorstelle?«, fragte Satsuma, der spürte, dass das Interview beendet war.
»Danke. Das weiß ich sehr zu schätzen.«
Meine Güte, noch so ein Hingucker! Ein Wikinger. Kurt Schiller war der Pathologe des Hug. Sein Englisch hatte einen leichten deutschen Einschlag, was zweifellos der Grund für den Blick tiefer Abneigung war, als Dr. Maurice Finch Schillers Namen erwähnt hatte. Schiller war groß, eher schlank, mit flachsblondem Haar und hellblauen Augen. Etwas an ihm irritierte Carmine, was jedoch nichts mit seiner Herkunft zu tun hatte; die sensible Bullennase schnupperte Homosexualität. Wenn Schiller keiner ist, ist was mit meiner Bullennase nicht in Ordnung, dachte Carmine.
Die Pathologie befand sich auf demselben Flur wie der OP ein Stockwerk drunter. Schiller hatte zwei Laboranten, Hal Jones, der für Hugs Histologie verantwortlich war, und Tom Skinks, der ausschließlich an Schillers Projekten arbeitete.
»Manchmal schickt mir das Krankenhaus Gehirnproben«,erklärte der Pathologe, »wegen meiner Erfahrung im Bereich der kortikalen Atrophie und des zerebralen Narbengewebes. Bei meiner eigenen Arbeit dreht es sich um die Suche der
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