Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Dr. Polonowski um Vorderhirne bitten, alle zwei Wochen, über mehrere Monate hinweg, etwa drei bis vier Katzen an diesem Tag. Dr. Satsuma bittet nicht annähernd so oft darum – vielleicht einmal im Jahr sechs Katzen.«
»Wie groß sind diese enthirnten Katzen?«
»Es sind Monster. Die Männchen wiegen sechs bis sieben Kilo.«
In Ordnung, zwei Stockwerke waren erledigt und noch zwei weitere auf der Liste. Die Versorgung, die Arbeitsräume und die Neurophysiologie waren durch. Jetzt noch nach oben, zum Büropersonal im dritten Stock und dann runter in den zweiten, in die Neurochemie.
Es gab drei medizinische Schreibkräfte und eine Ablagekraft, die lediglich ein Highschool-Diplom vorzuweisen hatte – wie einsam sie sich fühlen musste! Vonnie, Dora und Margaret benutzten große IBM-Kugelkopf-Schreibmaschinen und konntenschneller »Elektroenzephalographie« schreiben als ein Polizist »ABC«. Hier gab’s nichts zu holen, Carmine überließ sie ihren Tätigkeiten.
Dr. Charles Ponsonby wartete am Fahrstuhl auf ihn. Er sei, sagte er, während er seinen Besucher zu seinem Büro begleitete, genauso alt wie der Professor, fünfundfünfzig, und vertrete den Professor, wenn dieser unterwegs sei. Sie seien zusammen zur Dormer Day School gegangen, hätten ihr Physikum gemeinsam an der Chubb absolviert. Beide, erklärte Ponsonby ernsthaft, seien von Anfang an Yankees am Hofe des Königs Artus gewesen. Aber nach dem Medizinstudium hatten sich ihre Wege getrennt. Ponsonby hatte es vorgezogen, an der Chubb zu bleiben, um seine Ausbildung zum neurologischen Facharzt zu absolvieren, während Smith an die John Hopkins gegangen war. Nicht, dass die Trennung von Dauer gewesen wäre: Bob Smith kam zurück, um Leiter des Hug zu werden, und lud Ponsonby ein, sich ihm anzuschließen. Das war 1950, als beide dreißig Jahre alt waren.
Warum bist du wohl zu Hause geblieben?, fragte sich Carmine und musterte den Chef der Neurochemie. Der mittelschwere Mann mittlerer Größe, mit grau gesträhntem, braunem Haar, wasserblauen Augen über einer Halbmondbrille, unter der eine lange, schmale Nase saß, machte den Eindruck eines zerstreuten Professors. Seine Kleidung war aus schäbigem Tweed, die Haare waren wuschelig, und Carmine konnte sehen, dass er zwei verschiedene Socken trug: dunkelblau am rechten Fuß, grau am linken. All das könnte bestätigen, dass Ponsonby ein nicht sonderlich unternehmungslustiger Mann war, der keinen Wert darin sah, sich von Holloman wegzubewegen, dennoch sagte ihm irgendetwas in diesen wässrigen Augen, dass er ein anderer Mann geworden wäre, wenn er nach seinem Studium woandershin gegangen wäre. Eine Hypothese, die aufeinem Bauchgefühl beruhte;
irgendetwas
hatte Ponsonby zu Hause gehalten, etwas ganz Konkretes und Zwingendes. Keine Frau, denn er hatte relativ gleichgültig erwähnt, dass er schon immer Junggeselle sei.
Auch sehr interessant war der Kontrast zwischen ihren Büros. Das von Forbes war furchtbar ordentlich, ohne Platz für plüschige Möbel oder Wandbehänge; überall Bücher und Papiere, selbst auf dem Boden. Finch hatte es eher mit Topfpflanzen und besaß sogar eine blühende Orchidee. An seinen Wänden hingen Kaskaden von Farn. Chandra bevorzugte den ledernen Chesterfield-Stil mit bleiverglasten Bücherschränken und ein paar ausgewählten indischen Kunstobjekten. Und Dr. Charles Ponsonby lebte sehr ordentlich zwischen gruseligen Artefakten wie Schrumpfköpfen und Totenmasken von Beethoven und Wagner. Außerdem hatte er vier Reproduktionen an den Wänden – Goyas »Kronos frisst eines seiner Kinder«, zwei Flügel von Boschs »Hölle« und Munchs »Der Schrei«.
»Mögen Sie surrealistische Kunst?«, fragte Ponsonby.
»Ich tendiere eher zu orientalischer Kunst, Doktor.«
»Ich habe schon oft gedacht, Lieutenant, dass ich den falschen Beruf gewählt habe. Psychiatrie gefällt mir, speziell Psychopathie. Sehen Sie sich den Schrumpfkopf an – welche Art von Glauben bringt so etwas hervor? Oder welchen Visionen entspringen meine Bilder?«
Carmine grinste. »Mich zu fragen hat keinen Zweck. Ich bin bloß ein Bulle.« Und du, beendete er schweigend seinen Satz, bist nicht mein Mann. Zu offensichtlich.
Hier oben, stellte er fest, als Ponsonby ihn durch die Labors führte, war die Ausrüstung vertrauter: ein AAS-Spektrometer, ein Massenspektrometer, ein Gaschromatograph, große und kleine Zentrifugen – die gleiche Art von Apparaten, die Patrick in seinem rechtsmedizinischen Labor hatte,
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