Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Alvarez hier an. Sie waren wegen der Sache mit Verina in großer Sorge.«
»Verina war das erste Mädchen?«
»Ja. Verina Gascon. Eine kreolische Familie aus Guadeloupe, die auch schon sehr lange hier ist. Sie verschwand auf dem Weg zur Schule. Beide Familien leben in fußläufiger Entfernung von St. Martha’s, nur einen Block weiter in die jeweilige Richtung. Wir haben Norwalk auf der Suche nach Verina auf den Kopf gestellt, aber sie ist spurlos verschwunden. Und nun das hier, genau dasselbe.«
»Irgendeine Chance, dass das Mädchen mit einem heimlichen Freund verschwunden ist?«
»Nein«, antwortete Bob nachdrücklich. »Vielleicht solltest du beide Familien kennenlernen, dann wüsstest du, wieso. Es sind altmodische lateinamerikanische Katholiken, die ihre Kinder sehr streng, aber mit viel Liebe erziehen.«
»Ich werde vorbeigehen, aber nicht jetzt«, sagte Carmine. »Kannst du organisieren, dass Mr Alvarez Mercedes anhand des Muttermals identifiziert? Wir können ihm nicht mehr zeigen, als ein Stückchen Haut, aber er muss vorher wissen, dass –«
»Ja, ja, ich kriege den Job, dem armen Kerl zu sagen, dass jemand seine hübsche kleine Tochter in Stücke gehackt hat«, sagte Brown. »Oh, verdammt! Manchmal ist das ein echter Scheißjob!«
»Würde der Priester einwilligen, ihn zu begleiten?«
»Das werde ich sicherstellen. Und vielleicht ein, zwei Nonnen als zusätzliche Unterstützung.«
Jemand kam und brachte Kaffee und Donuts. Beide Männer verschlangen ein paar davon und spülten sie mit Kaffee hinunter. Während er auf die Kopien der Akten beider Mädchen wartete, rief Carmine in Holloman an.
Corey, erzählte Abe, war schon im Hug, und er selbst würde sich gleich mit Dean Wilbur Dowling treffen, um herauszufinden, wie viele Kühlräume zur Aufbewahrung toter Tiere es in der medizinischen Fakultät gab.
»Gab es irgendwelche anderen vermissten Personen, auf die die Beschreibung unseres Mädchens passte?«, fragte Carmine, der sich nach dem Essen deutlich besser fühlte.
»Ja, drei. Eine in Bridgeport, eine in New Britain und eine in Hartford. Aber da keine ein Muttermal hatte, haben wir das nicht weiterverfolgt. Alle drei liegen schon Monate zurück.«
»Die Sache hat eine entscheidende Wendung genommen, Abe. Ruf in Bridgeport, Hartford und New Britain an und sag ihnen, dass sie die Kopien dieser Akten so schnell schicken sollen, wie die Sirene es zulässt.«
Als Carmine hereinkam, standen Abe und Corey auf und folgten ihm in sein Büro, wo die drei Aktenmappen bereits aufsie warteten. Carmine legte die beiden Ordner, die er trug, beiseite. Er klemmte die fünf Farbfotos ab und legte sie in einer Reihe nebeneinander. Wie Schwestern.
Nina Gomez war ein sechzehn Jahre altes Guatemala-Mädchen aus Hartford, das vor vier Monaten verschwunden war. Rachel Simpson war eine Sechzehnjährige, ein hellhäutiges farbiges Mädchen aus Bridgeport, das vor sechs Monaten verschwand. Und Vanessa Olivaro war ein sechzehn Jahre altes Mischlingsmädchen chinesischer, schwarzer und weißer Herkunft, dessen Eltern aus Jamaica stammten. Sie war vor acht Monaten verschwunden.
»Unser Killer mag lockiges, aber kein krauses Haar, Gesichter, die auf eine eigene Weise unglaublich schön sind – volle Lippen, aber scharfe Konturen; weit auseinanderliegende, große dunkle Augen; ein Lachen mit Grübchen – nicht größer als eins fünfzig und helle, aber keine weiße Haut«, sagte Carmine und schnippte die Fotos über den Tisch.
»Glaubst du, dass derselbe Mann sich die alle geschnappt hat?«, fragte Abe.
»Oh, ganz sicher. Schau dir ihre familiären Hintergründe an. Gottesfürchtige, respektable Familien, alle katholisch, außer Rachel Simpson, deren Vater ein Priester der Episkopalkirche ist. Simpson und Olivaro gingen auf die örtlichen Highschools, die anderen drei besuchten katholische Highschools, zwei dieselbe, St. Martha’s in Norwalk. Dann ist da noch die Zeitspanne. Alle zwei Monate ein Mädchen. Corey, häng dich ans Telefon und frag nach allen vermissten Mädchen, auf die diese Beschreibung passt, bis – sagen wir mal zehn Jahre zurück. Der familiäre Hintergrund ist genauso wichtig wie das physische Erscheinungsbild. Ich könnte wetten, dass all diese Mädchen berühmt waren für ihre – na ja, Keuschheit ist ein zu altmodisches Wort, sagen wir mal
Tugend
. Sie haben sich wahrscheinlichfreiwillig für solche Sachen wie Essen auf Rädern gemeldet oder waren freiwillige Helferinnen in
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