Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Küchenmülleimer, und dann machte sie es sich mit unter sich gezogenen Füßen in dem großen alten Sessel bequem und arbeitete weiter mit dem, was sie für das beste Stück Stickerei hielt, das sie je zustande gebracht hatte. Ein kompliziertes, wellenförmiges Muster aus verschiedenen Rottönen, von Rosa bis Schwarzrot auf einem Hintergrund von heller, rosafarbener Seide.
Aber dieser Mistkerl von Vermieter! Er verdiente eine Falle.
Tamara war müde von dem Bild, ihre Phantasie ausnahmsweise unfähig, sich ein Gesicht vorzustellen, das hässlich genug und schrecklich genug war. Es würde kommen, aber nicht heute Nacht. Nicht so schnell nach dem Desaster von heute. Dieser unverschämte Polizist Delmonico, der ging wie ein Bulle,die Schultern so breit, dass er viel kleiner aussah, als er war, der Nacken so breit, dass jeder andere Kopf darauf zwergenhaft ausgesehen hätte – aber nicht sein Kopf. Aber sosehr sie es auch versuchte, die Augen geschlossen, mit zusammengebissenen Zähnen, konnte sie seinem Gesicht nicht das Bild eines Schweins geben. Und nachdem sie seinetwegen ihre Verabredung verpasst hatte, wollte sie ihn als das hässlichste Schwein des Universums malen.
Sie konnte nicht schlafen, aber was sollte sie tun? Zum hundertsten Mal einen ihrer Krimis lesen? Sie setzte sich in einen riesigen, weinroten Ledersessel und griff nach dem Telefon.
»Darling?«, fragte sie, als eine verschlafene Stimme antwortete.
»Ich habe dir doch gesagt, dass du mich hier nie anrufen sollst!«
Klick. Die Leitung summte.
Cecil lag im Bett, mit seiner Wange auf Albertias wundervollem Busen, und versuchte Jimmys Terror zu vergessen.
Otis lauschte dem rhythmischen Poch-poch-poch seines Herzens, während Tränen über sein zerfurchtes Gesicht liefen. Keine Bleiziegel mehr schleppen, keine Gasflaschen mehr auf eine Sackkarre hieven, keine Käfige mehr in den Fahrstuhl schieben. Wie hoch würde wohl seine Rente sein?
Wesley war zu fröhlich und zu aufgeregt, um zu schlafen. Wie Mohammed sich bei der Neuigkeit aufgerichtet hatte! Plötzlich wurde der hinterwäldlerische Bittsteller aus Louisiana interessant; er, Wesley le Clerc, hatte den Auftrag bekommen, Mohammed el Nesr über den Mord im Hug auf dem Laufenden zu halten. Er war auf dem Weg.
Nur Chandra war in seine Hütte verbannt, auf dem Gelände, wo einzig er und sein Prügelknabe Misrarthur jemals hinkamen. Er saß dort, im Schneidersitz, die Beine verschlungen,die Hände auf den Knien, Handflächen nach außen, jeder Finger genau in Position. Nicht schlafend, aber auch nicht wach. Ein anderer Ort, eine andere Ebene. Dort gab es Monster, die vertrieben werden mussten, schreckliche Monster.
Maurice und Catherine Finch saßen in der Küche über der Buchhaltung.
»Pilze!«, sagte Catherine. »Sie werden dich mehr kosten, als sie einbringen, Maurice, und meine Hühner werden sie nicht fressen.«
»Aber es ist mal etwas anderes, Liebste. Du hast selbst gesagt, dass es gutgetan hat, den Tunnel zu graben, und nun ist er fertig. Was verlieren wir denn, wenn wir es versuchen? Ein paar exotische Varianten für einige exklusive Läden in New York City.«
»Es wird uns eine Menge Geld kosten«, sagte sie stur.
»Cathy, wir sind doch nicht knapp bei Kasse! Wir haben keine eigenen Kinder – warum sollten wir uns wegen Geld Sorgen machen? Was werden deine Nichten und Neffen später mit diesem Ort machen, mhm? Verkaufen, Cathy, verkaufen! Also lass uns Spaß haben, solange wir können.«
»Okay, pflanz du deine Champignons an. Sag nur später nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!«
Er lächelte und drückte ihre raue Hand. »Ich verspreche, ich werde nicht maulen, wenn’s schiefgeht, aber ich bin davon überzeugt, dass es was wird.«
Kapitel zwei
Donnerstag, den 7. Oktober 1965
Carmines Tag begann in Commissioner John Silvestris Büro, wo er in der Mitte eines Halbkreises vor dessen Schreibtisch saß. Links von ihm hatten Captain Danny Marciano und Sergeant Abe Goldberg Platz genommen und zu seiner Rechten Dr. Patrick O’Donnell und Sergeant Corey Marshall.
Nicht zum ersten Mal dankte Carmine seinen Glückssternen für die beiden älteren Männer, die in der Hierarchie über ihm standen.
Der südländische, gutaussehende John Silvestri war ein Schreibtischpolizist, war schon immer einer gewesen und ging zuversichtlich davon aus, dass er bei seiner Pensionierung in fünf Jahren von sich sagen könne, noch nie in einem Tumult seine Waffe gezogen, geschweige denn ein
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