Ein kalter Mord - McCullough, C: Ein kalter Mord
Leben.«
»Also schlägt er eine Schneise durch diejenigen in unserer Gesellschaft, die es am wenigsten verdienen, Opfer zu werden. Menschen, die niemandem Ärger bereiten oder den Staat Geld kosten oder zu einer Plage werden, weil sie wegen bellender Hunde anrufen, wegen der Party zwei Türen weiter oder derungehobelten Bastarde beim Finanzamt. Leute, die mein irischer Großvater das Salz der Erde genannt hätte«, sagte Patrick und leerte seinen Drink in einem Zug.
»Ich gebe dir in allem recht, bis auf einen Punkt. So weit sind sie alle zum Teil farbig, und es gibt einige, die sich daran stören, wie du wohl weißt. Obwohl sie seit langem in Connecticut wohnen, liegen ihre Wurzeln in der Karibik. Selbst bei Rachel Simpson aus Bridgeport hat sich herausgestellt, dass sie aus Barbados kommt. Es beginnt langsam so auszusehen, als ob eine Form von Rache und Rassenhass damit verbunden ist.«
Das leere Glas schlug dumpf auf dem Tisch auf. Patrick glitt aus der Sitzecke. »Ich gehe jetzt nach Hause, Carmine. Wenn ich das jetzt nicht tue, bleibe ich sitzen und trinke weiter.«
Carmine ging kurz nach seinem Cousin. Er zahlte seine Rechnung, gab der Kellnerin um Sandra willen zwei Dollar Trinkgeld und ging den halben Block zu seiner Wohnung, acht Stockwerke unter Dr. Hideki Satsumas Penthouse im Nutmeg Insurance Building.
Kapitel drei
Freitag, den 8. Oktober 1965
Am Freitag waren die
Holloman Post
und andere Zeitungen in Connecticut voll von dem Mord an Mercedes Alvarez und dem spurlosen Verschwinden von Verina Gascon, von der man befürchtete, dass sie ebenfalls tot war, aber noch hatte kein einziger scharfsinniger Reporter mitbekommen, dass die Polizei inzwischen davon ausging, es mit einem Serienmörder zu tun zu haben, der sich behutsam erzogene, behütet aufwachsende Mädchen im Teenageralter als Opfer suchte – oder dass eine karibische Herkunft eine Rolle spielen könnte.
Auf Carmines Schreibtisch lag die Nachricht, Otis Green sei nach der Entlassung aus dem Krankenhaus wieder zu Hause und erwarte ihn. Auf einem anderen Zettel stand, Patrick wolle ihn ebenfalls sehen. Abe war in Bridgeport und stellte Recherchen über Rachel Simpson an, während Corey die Doppelaufgabe Nina Gomez in Hartford und Vanessa Olivaro in New Britain bekommen hatte. Da Guatemala einen schmalen Küstenstreifen zum Karibischen Meer besaß, lag der neue Schwerpunkt eindeutig auf der karibischen Herkunft.
Von Patrick trennte ihn nur eine Fahrt mit dem Aufzug, also suchte Carmine ihn zuerst auf. Er war in seinem Büro, sein Schreibtisch war übersät von braunen Papiertüten.
»Ich bin mir darüber im Klaren, dass du schon reichlich davon gesehen hast, aber du weißt nicht so viel über sie wie ich«, sagte Patrick und wartete, bis sein Cousin sich einen frisch aufgebrühten Kaffee aus der Maschine eingeschenkt hatte.
»Dann schieß mal los«, meinte Carmine und setzte sich.
»Wie du siehst, gibt es sie tatsächlich in allen Formen und Größen.« Patrick hielt ein 30•15 Zentimeter großes Muster hoch. »Hier hinein passen sechs Ratten à hundert Gramm, in diese deutlich größere vier jeweils zweihundertfünfzig Gramm schwere Ratten. Ein Forscher arbeitet nur selten mit Ratten. die schwerer sind als zweihundertfünfzig Gramm, aber da Ratten zeit ihres Lebens nicht aufhören zu wachsen, können sie durchaus die Größe einer Katze oder sogar eines kleinen Terriers erreichen. Im Hug arbeitet allerdings niemand mit so großen Ratten.« Er hielt einen 60•45 Zentimeter großen Beutel hoch. »Aus mir unbekannten Gründen handelt es sich bei den Katzen im Hug um verhältnismäßig große männliche Tiere, die übrigens genau wie auch die Ratten ausnahmslos Männchen sind. Gleiches gilt für die Affen. Das hier ist ein Katzenbeutel. Ich bin heute Morgen direkt als Erstes rüber ins Hug gegangen, wo es mir gelungen ist, ein paar Worte« – keine unfaire Zusammenfassung der Begegnung, da war Carmine sicher – »mit Miss Dupre zu wechseln, die gleichzeitig für Einkauf und Inventarisierung zuständig ist. Die Papierbeutel sind eine Spezialanfertigung einer Firma in Oregon. Sie bestehen aus zwei Lagen extra starkem braunem Papier und dazwischen einer drei Millimeter starken Füllung aus Zuckerrohr-Bagasse. Dir sind bestimmt die beiden Plastikscheiben auf der Außenseite des Beutels aufgefallen. Wenn man den Beutel von oben zweimal faltet, liegen die beiden Scheiben dicht beieinander. Der Bilderdraht der oberen Scheibe wird in Form
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