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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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Universität getötet hat«, korrigierte sie Karpf. »Alle anderen Opfer sind in ihren Wohnungen gefunden worden.«
    »Das stimmt«, sagte Marijke und hätte sich wegen ihrer dummen Bemerkung am liebsten geohrfeigt. Aber wenigstens wusste sie jetzt, dass sie es mit einem Ermittler zu tun hatte, der so scharfsinnig war, wie es dieser Fall erforderte. »Was haben Sie sonst noch gefunden?«
    »Ich habe dringend eine Obduktion verlangt. Dr. Calvet hatte zwei stumpfe Kopfwunden. Zumindest eine dürfte von einem Schlag stammen, der sie für eine Weile bewusstlos machen sollte. An der Kehle waren Druckstellen, die zu manueller Strangulation passen.«
    »Das ist etwas Neues«, bestätigte Marijke.
    »Die Todesursache war jedoch Ertrinken. Eine Art Rohr war ihr unter Anwendung von Gewalt in den Rachen gestoßen und Wasser hineingeschüttet worden. Wie in den anderen Fällen auch, glaube ich. Aber der wirklich bedeutsame Unterschied ist der, dass Dr. Calvet vor dem Mord vergewaltigt wurde.«
    »Oh nein«, flüsterte Marijke. »Das ist schlimm. Das ist sehr schlimm.«
    »Finde ich auch. Töten allein ist ihm nicht mehr genug.«
    Dazu war nicht mehr viel zu sagen gewesen. Marijke hatte versprochen, Karpf einen kompletten Bericht über den Mord an Pieter de Groot zu schicken, und er versicherte ihr, dass ihr das gesamte, für seinen Fall wichtige Material sofort über Europol zugesandt würde. Das Einzige, was Marijke ihm nicht verriet, war das, was sie als Nächstes vorhatte. Sie rief ihr E-Mail-Programm auf und begann eine Nachricht zu schreiben. Eskalation konnte ein Profil erheblich verändern. Dr. Hill musste so bald wie möglich erfahren, was sie herausgefunden hatte. Marijke mochte zwar nicht viel über Serienmörder wissen, aber ihr war auf jeden Fall klar, dass, wenn ein so beherrschter Typ wie dieser Mörder die Kontrolle zu verlieren schien, ein Leben wirklich nicht mehr sehr viel zählte.

Kapitel 27
    D as Séparée sah aus wie die Nachbildung eines Jagdzimmers aus dem neunzehnten Jahrhundert. Die Holzverkleidung an den Wänden war nur durch schwere Ölgemälde mit ländlichen Motiven aufgelockert. Ein Hirschgeweih hing an der einen Wand, an der anderen der Kopf eines Wildschweins, dessen Glasaugen im Kerzenlicht glänzten. Ein Holzfeuer loderte in einer Kaminecke, die von zwei Clubsesseln mit Lederbezug eingerahmt wurde. Mitten im Raum stand ein kleiner runder Tisch mit glänzendem Kristall und Tafelsilber auf blendend weißer Tischwäsche. Aber alles war nur eine elegante Fälschung.
    Ein bisschen wie ich, musste Carol unwillkürlich denken. Sie hatte nicht erwartet, Tadeusz so bald nach ihrem plötzlichen Abgang von seinem Boot wiederzusehen. Aber kaum eine Stunde nach ihrer Rückkehr in das Apartment stand eine Frau vom Lieferservice eines Floristen vor ihrer Tür, die von einem riesigen Blumenstrauß fast verdeckt wurde. Auf der Karte stand:
Es tut mir Leid. Meine Manieren sind unmöglich. Ich rufe bald an – bitte hängen Sie nicht auf. Tadzio
.
    Sie fühlte sich körperlich erleichtert, senkte die Schultern, und ihre Rückenmuskeln entspannten sich. Sie hatte es also doch nicht verbockt. Gott sei Dank hatte die von ihr ausgeknobelte Reaktion sich als die richtige erwiesen, um ihn zu entwaffnen. Als er anrief, gelang es ihm, sich freundlich zu entschuldigen, ohne zu Kreuze zu kriechen. Und deshalb hatte sie seine Einladung zum Abendessen angenommen. Sie hätte gern mit Tony ihre Strategie besprochen, konnte ihn aber nicht erreichen. Sie würde sich mit einem nachträglichen Gespräch am späten Abend begnügen müssen.
    Um in dieses Séparée zu gelangen, waren sie im Aufzug zum siebzehnten Stock eines der modernsten Hochhäuser am Potsdamer Platz gefahren und durch den Rezeptionsbereich eines modernen Hotels gegangen. Als sie dann die Schwelle überschritten, betraten sie eine andere Welt. Carol konnte ein perlendes Lachen nicht unterdrücken. »Das ist ja absurd«, sagte sie.
    Tadeusz strahlte. »Ich hatte gehofft, dass Sie so reagieren würden. Ich kann das hier nicht ernst nehmen, aber das Essen ist außergewöhnlich gut, und ich meine, es ist eine Erfahrung, die man mindestens einmal machen sollte.«
    Sie saßen am Feuer, und ein Kellner, der nur für sie da war, sie aber in Ruhe ließ, brachte Sekt und sagte, sie könnten ihn per Knopfdruck rufen, wenn sie bestellen wollten. »Es tut mir wirklich Leid wegen heute Nachmittag, ich glaube, Ihre Ähnlichkeit mit Katerina hat mich ganz verwirrt. Da konnte

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