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Ein kalter Strom

Ein kalter Strom

Titel: Ein kalter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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feiern.«
    Carol dehnte stöhnend ihren verkrampften Rücken. »Darauf gehen wir einen trinken.«
    Eine halbe Stunde später saßen sie an dem ruhigen Tisch eines matt erleuchteten indonesischen Restaurants. Mitten im Raum stand unter hellen Wärmelampen ein reichhaltiges Büfett. Aber zunächst gaben sie sich damit zufrieden, nur mit ihren Gläsern dazusitzen und sich zu entspannen. Carol nahm einen gesunden Schluck von ihrem Gin Tonic, und Petra hob ihr Glas. »Es war ein Vergnügen, in den letzten paar Tagen mit dir zu arbeiten, Carol«, sagte sie. »Ich muss zugeben, ich hatte sehr negative Erwartungen in Bezug auf diese Aufgabe, aber du hast mich beruhigt.«
    »Warum hast du es so negativ gesehen? Dachtest du, ich würde es nicht packen?«
    Petra spielte mit dem langstieligen Glas ihres Margarita-Cocktails und sah zu, wie die Flüssigkeit am Rand des Glases auf- und abstieg. »Zum Teil ja. Aber hauptsächlich, weil ich fand, dass wir uns wahnsinnig angestrengt hatten, Radecki zu kriegen, und dass es nicht fair war, uns das wegzunehmen.«
    »Das kann ich verstehen. Ich hätte an deiner Stelle genauso empfunden. Wenn man so lange an einem Fall arbeitet, hat man eine persönliche Beziehung dazu.«
    Petra warf Carol einen kurzen, nachdenklichen Blick zu. Dann entschied sie sich, stützte die Ellbogen auf den Tisch und beugte sich zu ihr hinüber. »Hast du den Fall Jacko Vance so gesehen? Und davor den des Schwulenkillers in Bradfield?«
    Carols ungezwungener Gesichtsausdruck wich sofort einer gewissen Wachsamkeit. »Du hast dich gut vorbereitet«, sagte sie, und ihr distanzierter Tonfall zerstörte die Intimität, die sie in den letzten zwei Tagen aufgebaut hatten.
    Petra hielt Carol beschwichtigend die Handflächen entgegen. »Natürlich hab ich meine Hausaufgaben gemacht. Ich wäre ja keine tolle Ermittlerin, wenn das nicht so wäre. Aber ich habe diese beiden Fälle nicht aus purer Neugier angesprochen. Ich habe einen triftigen Grund, sie zu erwähnen.«
    Carol war nicht so leicht zu besänftigen. »Ich spreche nicht über diese Fälle«, sagte sie knapp.
Darüber sprechen? Ich versuche nicht einmal daran zu denken. Ich wollte, ich würde auch nicht davon träumen.
Sie trank ihr Glas aus und winkte der Bedienung, um einen weiteren Gin Tonic zu bestellen.
    »Das geht in Ordnung. Ich will keine gruseligen Details. Ich bin nicht auf Sensationen aus. Aber ich kenne sonst niemanden mit so viel Erfahrung bei Ermittlungen zu Serientätern. Und ich brauche deinen Rat.«
    Carol fragte sich matt, ob sie je imstande sein würde, diesen Teil ihrer Vergangenheit hinter sich zu lassen. Sie hatte gedacht, sie wäre bei diesem Job weit genug davon entfernt, so dass nur zählte, wie sie hier und jetzt handelte. »Pass auf, Petra, ich bin keine Expertin. Beim ersten Mal war ich nur zufällig Kripobeamtin in einer Stadt, wo ein Serienmörder umging. Und beim zweiten Mal … na ja, ich nehme an, man müsste es einen Gefallen für einen Freund nennen.«
    »Das wäre Dr. Tony Hill?« Petra gab nicht so schnell auf.
    Carol rieb sich mit Daumen und Zeigefinger die Stirn und verdeckte die Augen mit dem Rest ihrer Hand. »Ja, das wäre Tony Hill«, sagte sie resignierend. Sie senkte die Hand und warf Petra einen kalten, trotzigen Blick zu. Es war, als fordere sie die andere Frau heraus, sich doch ihre eigenen Gedanken darüber zu machen.
    Petra ahnte, dass die Erwähnung von Tonys Namen etwas tief in Carols Innerem berührt hatte, konnte aber nicht erraten, ob es positiv oder negativ war. »Es tut mir Leid, Carol. Ich will dich mit den Fragen zu diesen Fällen nicht verstimmen und wirklich keine schlechten Erinnerungen wachrufen. Aber wenn ich erklären darf …?«
    Carol zuckte mit den Schultern. Sie würde mit Petra bei der schwierigsten Aufgabe ihres bisherigen Berufslebens zusammenarbeiten müssen. Schon jetzt mochte und respektierte Petra sie, und sie war sich im Klaren, dass das so bleiben musste. Es würde nicht schaden, sich anzuhören, was sie zu sagen hatte. »Ich höre«, sagte sie, nachdem die Bedienung ihr das zweite Glas gebracht hatte. »Willst du vielleicht noch etwas trinken?«
    Petra schüttelte den Kopf. »Später. Also, zuallererst, ich bin Lesbe.«
    Carol hatte sich diese Frage schon gestellt, aber es war ihr nicht wichtig genug gewesen, um lange darüber nachzudenken. »Macht für mich keinen Unterschied.«
    »Hab ich auch nicht gedacht, aber deshalb sage ich es dir auch nicht. Ich versuche nur zu erklären, wie

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