Ein kalter Tag im Paradies – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
weitem nicht die erste Kugel, die wir in einem Körper lassen. Wenn sie zum Beispiel tief im Muskelfleisch steckt, entscheiden wir oft, daß der Schaden durch den Eingriff größer wäre.«
»Aber die steckt doch neben meinem Herzen!« protestierte ich.
»Das ist allerdings etwas ungewöhnlich. Aber wie ich schon sagte, es war ein Riesenglücksfall, daß Sie davongekommen sind.«
Ein Riesenglücksfall. So bin ich nun mal.
Fünf Monate später trug ich den rechten Arm immer noch in der Schlinge. Ich war soeben aus dem Polizeidienst ausgeschieden. Meine Ehe war so gut wie gescheitert. Und da schnappten sie Rose eines Abends in dem Krankenhaus auf der anderen Seite der Stadt. Mein früherer vorgesetzter Offizier kam zu mir nach Hause, holte mich ab und brachte mich zur Wache. Sie führten fünf Männer in den Raum für die Gegenüberstellung. Mehrmals hatte ich auf der anderen Seite der Scheibe gestanden, während ein Zeuge die Gesichter musterte. Jetzt war ich der Zeuge.
Rose war der zweite Mann links. Auch ohne die blonde Perücke hätte ich ihn überall erkannt.
Im Prozeß saß ich im Zeugenstand und zeigte auf den Mann namens Maximilian Rose auf der Anklagebank, und ich sagte, dieser Mann da sei es. Er sah mich wieder mit diesen durchdringenden Augen an.
Er wurde für schuldig befunden und eingebuchtet. Ich sah den beiden Gerichtsdienern zu, die ihn aus dem Gerichtssaal führten. Er ging ins Gefängnis für den Rest seines …
Ein Geräusch. Das Telefon.
Das Telefon klingelte.
Ich erwachte. Ich riß die Pistole vom Tisch; mein Herz raste. Die Uhr zeigte 2 Uhr 57.
Das Telefon klingelte wieder. Die Maschine sprang an. Der Anruf wurde zurückverfolgt. Ich konnte die Nummer vor mir auf dem Display lesen.
Ich griff zum Hörer. Ich hörte nichts.
»Hallo?« sagte ich.
Schweigen.
»Sind Sie es?«
Schweigen.
»Sagen Sie doch etwas!«
Schweigen.
»Verdammt, sag was!«
Schweigen.
»Sag mir, was du getan hast«, forderte ich ihn auf. »Ich möchte was darüber erfahren. Sag mir alles.«
Schweigen.
»Du abgewichstes Stück Scheiße, wer bist du? «
Er hängte auf.
Ich wollte gerade das Telefon auf den Boden knallen, beherrschte mich aber. Ich griff zum Walkie-talkie. »Hören Sie mich?« fragte ich.
»Hier, Mr. McKnight. Ist alles in Ordnung?«
»Er hat gerade angerufen.« Ich las die Nummer von der Maschine ab.
»Bleiben Sie dran«, sagte er. Ich hörte, wie er die Nummer durchgab. Ich wußte, daß sie nur wenige Sekunden brauchten, um sie zu überprüfen, dann weitere zwei Minuten, um zu dem Telefon zu gelangen. Irgendwas in mir sagte mir, daß es ein Münzfernsprecher sein würde. Zwei Streifenwagen kämen auf den verlassenen Parkplatz einer Tankstelle oder eines Restaurants gerast. Das Telefon stünde verlassen unter einer Laterne, und keine Menschenseele in Sicht.
Ich dachte an den Inhalt des Briefes. Natürlich hatte ich ihn nicht bei mir. Ich konnte ihn nicht ansehen, ob es ihn auch wirklich gab. Ich konnte ihn nicht lesen, um Sinn in die Sache zu bringen. Was stand darin? Wie war der exakte Wortlaut?
Es kann nicht Rose sein. Er kann nicht hier sein. Er ist im Gefängnis. Es ist völlig unmöglich, daß er woanders ist.
Der Brief. Was stand darin? Etwas über Mikrowellen, über das Erwähltsein, etwas darüber, daß ich mich verkleidet hätte.
Darüber hatte ich nie gesprochen.
Ich habe es meiner Frau nicht erzählt. Ich habe es dem Psychologen nicht erzählt, den mir das Department geschickt hatte. Ich hatte es niemandem erzählt.
Nur drei Menschen waren in dem Zimmer gewesen, als er darüber gesprochen hatte. Rose, ich und Franklin. Und Franklin ist tot.
Kapitel 10
Ich schaute am nächsten Tag bei Maven vorbei. Er hatte den Telefonreport auf seinem Tisch. »Es war ein Münzfernsprecher auf der Ashmund Street«, sagte er. »Das ist nur einen Block vom zweiten Tatort entfernt.«
»Ich verstehe nicht, wieso er nichts gesagt hat«, bemerkte ich.
Maven rieb sich das Kinn. »Fast so, als hätte er gewußt, daß das Gespräch aufgezeichnet wird.«
»Wieso könnte er das wissen?«
»Das wüßte ich gern von Ihnen«, meinte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist doch nicht Ihr Ernst, Chief.«
Er griff nach dem Zettel und betrachtete ihn wieder. »Komisch, daß Sie letzte Nacht drei weitere Anrufe bekommen haben. Alle von derselben Nummer aus.«
»Den Fultons.«
»Ja.«
»Na und?«
»Es ist nur komisch«, meinte er.
»Uttley hat mich angerufen, danach Mrs. Fulton und
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