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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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des Königs ernstes Angesicht.
    »Einhundertsechzig Tausendschaften gotische Männer: Belisar, sollen sie vor dir die Waffen strecken, ohne Kampf? Wie lang
     braucht ihr noch Rast, um aufzubrechen?«
    Da eilte der schwarze Teja ins Zelt. Er hatte beim Eintreten die letzte Frage vernommen. Sein Auge sprühte Blitze, er bebte
     vor Zorn.
    »Rast? Keine Stunde Rast mehr: auf zur Rache, König Witichis. Ein ungeheurer Frevel ist geschehn, der laut um Rache gen Himmel
     schreit. Führ uns sofort zum Kampf!«
    »Was ist geschehn?«
    »Ein Feldherr Belisars, der Hunne Ambazuch, umschloß, wie du weißt, seit lange mit Hunnen und Armeniern das feste Petra. Kein
     Entsatz war nah und fern. Der junge Graf Arahad nur – er suchte wohl den Tod – überfiel mit seiner kleinen Gefolgschaft die
     Übermacht; er fiel im tapfersten Gefecht. Verzweifelt widerstand das Häuflein gotischer Männer in der Burg. Denn alles wehrlose
     Volk der Goten: Greise, Kranke, Weiber, Kinder, vom flachen Land in Tuscien, Valeria und Picenum war hierhergeflüchtet vor
     dem Feind, wohl viele Tausend. Endlich zwang sie der Hunger, gegen freien Abzug die Tore zu öffnen. Der Hunne schwor allen
     Goten in der Stadt, ihr Blut nicht zu vergießen. Er zog ein und befahl den Goten, sich in der großen Basilika Sanct Zenos
     zu versammeln. Das taten sie, über fünftausend Köpfe, Greise, Weiber, Kinder und ein paar hundert Krieger. Und als sie alle
     beisammen   –«
    Teja hielt schaudernd inne.
    »Nun?« fragte Mataswintha, erblassend.
    »Da schloß der Hunne die Türen, umstellte das Haus mit seinem Heer und – verbrannte sie alle fünftausend, samt der Kirche.«
    »Und der Vertrag?« rief Witichis.
    »Ja, so schrien auch die Verzweifelten ihn an durch Qualen und Flammen. ›Der Vertrag‹, lachte der Hunne, ›sei erfüllt: kein
     Tropfen Blutes sei vergossen. Ausbrennen müsse man die Goten aus Italien wie die Feldmäuse und schlechtes Gewürm‹. Und so
     sahn die Byzantiner zu, wie fünftausend Goten, Greise, Weiber, Kranke, Kinder   – König Witichis, hörst du’s? – Kinder! elend erstickten und verbrannten. Solches geschieht, und du – du sendest Friedensboten!
     Auf, König Witichis«, rief der Ergrimmte, das Schwert aus der Scheide reißend, »wenn du ein Mann bist,brich jetzt auf zur Rache. Die Geister der Erwürgten ziehn vorauf – Führ uns zum Kampf! zur Rache führ uns an!«
    »Führ uns zum Kampf! zur Rache führ uns an!« widerhallte das Zelt vom Ruf der Goten.
    Da stand Witichis auf in ruhiger Kraft.
    »So soll’s sein, das Äußerste geschah. Und unsere beste Rüstung ist unser Recht: jetzt auf, zum Kampf.«
    Und er reichte seiner Königin die Pergamentrolle, die er in der Hand hielt, die über seinem Stuhl hängende Königsfahne, das
     blaue Bandum, zu ergreifen.
    »Ihr seht das alte Banner Theoderichs in meiner Hand, das er von Sieg zu Sieg getragen. Wohl ruht es jetzt in schlechtrer
     Hand, als seine war – doch zaget nicht. Ihr wisset: übermütige Zuversicht ist meine Sache nicht, doch diesmal sag’ ich euch
     voraus: in dieser Fahne rauscht ein naher Sieg, ein großer, stolzer, rachefroher Sieg. Folgt mir hinaus. Das Heer bricht auf,
     sogleich. Ihr Feldherrn ordnet eure Scharen: nach Rom.«
    »Nach Rom«, widerhallte das Zelt. »Nach Rom!«

Sechstes Kapitel
    Inzwischen schickte sich Belisar an, mit der Hauptmacht seines Heeres die Stadt zu verlassen: Johannes hatte er deren Bewachung
     übertragen. Er hatte beschlossen, die Goten in Ravenna aufzusuchen. Sein bisher von keinem Unfall gehemmter Siegeslauf und
     die Erfolge seiner vorausgeschickten Streifscharen, welche durch den Übergang der Italier alles flache Land, auch alle Vesten
     und Burgen und Städte, bis nahe bei Ravenna, gewonnen, hatten in ihm die Zuversicht erzeugt, daß der Feldzug bald beendigt
     und nur das Erdrücken der ratlosen Barbaren in ihrem letzten Schlupfwinkel übrig sei. Denn nachdem Belisar selbst den ganzen
     Süden der Halbinsel: Bruttien, Lucanien, Calabrien, Apulien, Campanien: dann Rom mit Samnium und die Valeria durchzogen und
     besetzt hatte, waren seine Unterfeldherrn, Bessas und Constantinus, mit der lanzentragenden Leibwache des Feldherrn, die unter
     Führung des Armeniers Zanter,des Persers Chanaranges und des Massageten Aeschman standen, vorausgesendet worden, Tuscien zu unterwerfen.
    Bessas rückte vor das sturmfeste Narnia: für die damaligen Belagerungsmittel war die Burgstadt fast uneinnehmbar – sie thront
     auf hohem

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