Ein Kampf um Rom
hier.«
»Nein, ich lasse dich nie mehr!«
Er wollte sie aus dem Sattel heben und sie auf dem Stein bergen. In hellem Mondlicht stand die Gruppe.
»Gib dich gefangen, Witichis!« rief Cethegus, sein Roß bis an den Bug in das Wasser spornend.
»Fluch über dich, du Lügner und Neiding.«
Da schwirrten zwölf Pfeile auf einmal. Hoch aufsprang das Roß Theoderichs und versank für immer in die Tiefe. Aber auch Witichis
war auf den Tod getroffen.
»Bei dir!« – hauchte noch Rauthgundis.
Fest mit beiden Armen umfing sie Witichis.––
»Mit dir!«
Umschlungen verschwanden sie im Fluß. Jammernd rief drüben Wachis im Schilf des Ufers noch dreimal ihren Namen. Er erhielt
keine Antwort. Da jagte er davon in die Nacht.
»Schaft die Leichen ans Land!« befahl Cethegus düster, sein Roß wendend.
Und die Hunnen ritten und schwammen bis an den Stein und suchten. Aber sie suchten vergebens. Der rasche Strom hatte sie mit
fortgerissen und die wiedervereinten Gatten mit sich hinausgetragen ins tiefe, freie Meer.
Am gleichen Tage war Prinz Germanus von Ariminum in den Hafen von Ravenna zurückgekehrt, bereit, demnächst Mataswintha nach
Byzanz zu führen. Diese war aus ihrer Betäubung erst durch die Hammerschläge der Werkleute geweckt worden, welche das Mauerwerk
neben der Gangtür durchbrachen, die eingesperrten Söldner zu befreien. Man fand die Fürstin auf den Kerkerstufen zusammengebrochen.
Sie ward in vollem Fieber in ihre Gemächer hinaufgetragen, wo sie aufden Purpurpolstern ohne Laut und Regung, aber mit starr geöffneten Augen lag.
Gegen Mittag ließ sich Cethegus melden. Sein Blick war finster und drohend, sein Antlitz von eisiger Kälte. Er trat dicht
an ihr Lager. Mataswintha sah ihm ins Auge.
»Er ist tot!« sagte sie dann ruhig.
»Er wollte es nicht anders. Er – und du. Dir Vorwürfe machen ist zwecklos. Aber du siehst, was das Ende wird, wenn du mir
entgegen handelst. Das Geschrei von seinem Untergang wird unfehlbar die Barbaren in neue Wut treiben. Schwere Arbeit hast
du mir geschaffen. Denn nur du hast ihm Flucht und Tod bereitet. Das mindeste, was du zur Sühne tun kannst, ist: meinen zweiten
Wunsch erfüllen. Prinz Germanus ist gelandet, dich abzuholen. Du wirst ihm folgen.«
»Wo ist die Leiche?«
»Nicht gefunden. Der Strom hat ihn davongetragen. Ihn und – das Weib.«
Mataswinthens Lippe zuckte. »Noch im Tode! Sie starb mit ihm?«
»Laß diese Toten! In zwei Stunden werde ich mit dem Prinzen wiederkommen. Wirst du bis dahin bereit sein, ihn zu begrüßen?«
»Ich werde bereit sein.«
»Gut. Wir wollen pünktlich sein.«
»Auch ich. Aspa, rufe alle Sklavinnen herbei. Sie sollen mich schmücken: Diadem, Purpur, Seide.«
»Sie hat den Verstand verloren«, sagte Cethegus im Hinausgehen. »Aber die Weiber sind zäh. Sie wird ihn wiederfinden. Sie
können fortleben mit aus der Brust gerissnem Herzen.«
Und er ging, den ungeduldigen Prinzen zu vertrösten. Vor Ablauf der bedungnen Zeit kam eine Sklavin, beide Männer zur Königin
zu entbieten. Germanus eilte mit raschem Fuße über die Schwelle ihres Gemaches. Aber gefesselt von Staunen blieb er stehen.
So schön, so prachtvoll hatte er die Gotenfürstin nie gesehn. Sie hatte das hohe, goldne Diadem auf das leuchtende Haar gesetzt,
welches, gelöst, in zwei dichten Wellen auf ihre Schultern und von den Schultern bis über den Rücken floß. DasUnterkleid, von schwerster weißer Seide, mit goldnen Blumen durchwirkt, war nur unterhalb der Knie sichtbar. Denn Brust und
Schoß bedeckte der weite Purpurmantel. Ihr Antlitz war marmorweiß, ihr Auge loderte in geisterhaftem Glanz.
»Prinz Germanus«, rief sie dem Eintretenden entgegen, »du hast mir von Liebe geredet? Aber weißt du, was du geredet? Lieben
ist sterben.«
Germanus sah fragend auf Cethegus. Dieser trat vor. Er wollte sprechen. Aber Mataswintha hob mit heller Stimme wieder an:
»Prinz Germanus, sie rühmen dich den Feinstgebildeten an einem weisen Hof, wo man sich übt in spitzer Rätsel Ratung. Auch
ich will dir eine Rätselfrage stellen:– sieh zu, ob du sie lösest. Laß dir nur helfen dabei von dem klugen Präfecten, der
sich so ganz auf Menschengemüter versteht. Was ist das? Weib und doch Mädchen? Witwe und doch nie Weib? Vermagst es nicht
zu deuten? Hast recht. Der Tod nur löst alle Rätsel.«
Rasch zur Seite warf sie den Purpurmantel. Ein breites, starkes Schwert blitzte. Mit beiden Händen stieß sie sich’s tief in
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