Ein Kampf um Rom
diese Völker beharren in unversöhnlichem Zwiespalt? Wie schön steht beiden diese Freundschaft! Haben
nicht auch wir gefehlt, sie als Feinde, als Besiegte zu behandeln? Mit Argwohn ist man ihnen begegnet, statt mit ehrendem
Vertrauen. Ihren Gehorsam haben wir verlangt, nicht ihre Liebe gesucht. Und diese wäre wohl des Suchens wert gewesen. War
sie gewonnen – nie hätte Byzanz hier Fuß gefaßt. Die Lösung meines Gelübdes – Valeria –, sie wäre nicht so unerreichbar fern. Wär’ mir es noch vergönnt, auf
meine
Weise nach jenem Ziele zu ringen!« –
Da unterbrach sein Denken und Träumen ein Bote von den vorgeschobnen Wachen mit der Meldung, die Feinde hätten ihr Lager eilig
geräumt und seien in vollem Abzug nach Süden, gegen Ravenna –: auf der Straße von Westen her wirble Staub –: ein starker Haufe
Reiter nahe, vermutlich Goten. Erfreut, aber noch zweifelnd nahm Totila die Nachricht auf: er traf alle Vorkehrungen wider
eine Kriegslist. Doch in der Nacht wurden seine Zweifel gelöst. Er wurde geweckt mit der Nachricht eines gotischen Sieges
und des Eintreffens der Sieger. Er eilte in den Vorsaal und sah Hildebrand, Teja, Thorismuth und Wachis.
Mit dem Zuruf »Sieg! Sieg!« begrüßten ihn die Freunde: und Teja und Hildebrand meldeten, daß auch bei Ticinum und Verona das
Landvolk sich gegen die Byzantiner erhobenund ihnen geholfen habe, die Belagerer zu überfallen und, nach Zerstörung ihrer Werke, zum Abzug zu zwingen. Aber bei diesem
Bericht lag doch in Tejas Auge und Stimme noch tiefere, als die gewohnte Schwermut.
»Was hast du neben dieser Freude Trauriges zu künden?« fragte Totila.
»Des besten Mannes schmähliches Verderben!«, und er winkte Wachis, welcher nun die Leiden und den Tod des Königs und seines
Weibes erzählte.
»Im Röhricht des Flusses«, schloß er, »war ich den Pfeilen der Hunnen entgangen. So leb’ ich noch. Aber nur zu dem
einen
Ende, meinen Herrn, meine Herrin zu rächen an ihrem Verräter und Mörder, dem Präfecten.«
»Nein, mir ist des Präfecten Haupt verfallen!« sprach Teja.
»Das nächste Recht auf ihn«, sagte Hildebrand, »hast du, Totila. Denn einen Bruder hast du an ihm zu rächen.«
»Mein Bruder Hildebad!« rief Totila, »was ist mit ihm?«
»Schändlich ermordet ist er, Herr«, sprach Thorismuth, »von dem Präfecten! Vor meinen Augen! Und ich konnt’s nicht wenden.«
»Mein starker Hildebad tot!« klagte Totila. »Rede!«
»Der Held lag mit uns in der Burg Castra Nova bei Mantua. Das Gerücht vom schmählichen Untergang des Königs hatte uns erreicht.
Da forderte Hildebad beide, Belisar und Cethegus, zum Zweikampf. Bald darauf erschien ein Herold, meldend, Belisar habe die
Forderung angenommen und erwarte deinen Bruder zum Kampf auf der Ebne zwischen unserem Wall und ihrem Lager. Frohlockend eilte
dein Bruder hinaus, wir Reiter alle folgten. Wirklich ritt aus dem Zelte in seiner goldnen Rüstung, mit geschlossnem Helm
und weißem Roßschweif, mit dem runden Buckelschild, uns allen wohlbekannt, Belisarius. Nur zwölf Reiter folgten ihm. Allen
voran auf seinem Rappen Cethegus, der Präfect. Die andern Byzantiner hielten vor ihrem Lager – Hildebad befahl mir, mit elf Reitern ihm in gleichem Abstand zu folgen. Die beiden Kämpfer begrüßten sich mit dem Speere:
die Tuba tönte, und Hildebad sprengte auf seinen Gegner los. Im Augenblick flog dieser durchstoßen vom Pferd. DeinBruder, völlig unverletzt, sprang ab, mit dem Ausruf: ›Das war kein Stoß des Belisar!‹ und öffnete dem Sterbenden den Helm.
›Bessas!‹ rief er und sah, ergrimmt über den Betrug, gegen die Feinde. Da winkte der Präfect. Die zwölf maurischen Reiter
schleuderten ihre Speere – und schwer getroffen stürzte dein Bruder zusammen.«
Totila verhüllte sein Haupt. Teja trat ihm teilnehmend näher.
»Hör zu Ende«, sprach Thorismuth. »Da ergriff uns, die wir den Mord mit angesehn, grimmiger Schmerz. Wütend warfen wir uns
auf die Feinde, welche, auf unsre Entmutigung hoffend, aus dem Lager gedrungen waren. Nach wildem, heißem Kampf schlug sie
unser Ingrimm in die Flucht. Nur seines Höllenrappens Schnelligkeit hat den von meinem Wurfspeer an der Schulter verwundeten
Präfecten gerettet. Mit leuchtenden Augen sah dein Bruder noch unsern Sieg. Er ließ sich die Truhe, die er aus Ravenna entführt,
vom Schloß herabbringen, öffnete und sprach zu mir: ›Kronhelm, Schild und Schwert Theoderichs. Bring sie
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