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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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meinem Bruder!‹ Und
     mit letztem Atem sprach er: ›Er soll mich rächen und das Reich erneuen. Sag ihm,– ich hab’ ihn sehr geliebt!‹ Damit fiel er
     zurück auf seinen Schild, und seine treue Seele war dahin.«
    »Mein Bruder! o mein lieber Bruder!« klagte Totila.
    Er lehnte sich an die Säule. Tränen brachen aus seinen Augen.
    »Wohl ihm, der noch weinen kann!« sprach Teja leise.
    Eine Pause des Schmerzes trat ein.
    »Gedenke deiner Eidpflicht!« rief endlich Hildebrand. »Er war zwiefach dein Bruder! Du mußt ihn rächen!«
    »Ja«, rief Totila aufspringend:– und unwillkürlich riß er das Schwert aus der Scheide, dessen Griff ihm Teja hinreichte.
    »Ich will ihn rächen!«
    Es war das Schwert Theoderichs.
    »Und das Reich erneuen!« sprach feierlich, sich hochaufrichtend, der alte Hildebrand und drückte fest die Krone auf Totilas
     Haupt.
    »Heil dir, König der Goten!«
    Totila erschrak. Er griff rasch mit der Linken nach dem goldnen Reif.
    »Was tut ihr?«
    »Das Rechte! Der Sterbende hat Weissagung gesprochen. Du wirst das Reich erneuen. Drei Siege rufen dich, den Kampf aufzunehmen.
     Gedenke des Bluteids. Noch sind wir nicht wehrlos. Sollen wir die Waffen aus der Hand legen? sie vor Verrat und Tücke strecken?«
    »Nein«, rief Totila, »das wollen wir nicht! Und wohlgetan ist’s, einen König wählen, als Zeichen neuer Hoffnung! – Aber hier
     steht Graf Teja, würdiger, bewährter denn meine Jugend. Wählt Teja.«
    »Mich als Bürgen der Hoffnung! Nein!« sagte dieser, das Haupt schüttelnd. »Erst trift die Reihe dich! Dir hat der Bruder sterbend
     Schwert und Krone gesendet. Trage sie glücklich. Ist dies Reich zu retten – wirst du es retten. Ist es nicht zu retten,– so
     muß noch ein Rächer übrig sein!   –«
    »Jetzt aber«, fiel Hildebrand ein, »jetzt gilt es, Siegeszuversicht in alle Herzen schimmernd ausstreuen. Das ist dein Amt,
     Totila. Sieh, leuchtend taucht der junge Tag empor. Der Sonne früheste Strahlen brechen in die Halle und küssen glänzend deine
     Stirn. Das ist ein Götterzeichen. Heil König Totila – du sollst das Gotenreich erneun.«
    Und der Jüngling drückte sich den Kronhelm fest auf das goldene Lockenhaupt und schwang das Schwert Theoderichs blitzend der
     Morgensonne entgegen.
    »Ja«, rief er, »wenn Menschenkraft es mag – ich will dies Reich erneuen.«

Zweites Kapitel
    Und König Totila hat sein Wort gehalten. Noch einmal hat er die Macht der Goten, deren ganzer Halt in Italien bei seiner Erhebung
     zusammengeschrumpft war auf drei kleine Städte mit wenigen Tausenden von Bewaffneten, gewaltig aufgerichtet: gewaltiger, als
     sie zur Zeit Theoderichs gewesen. Er vertrieb dieByzantiner aus allen Städten der Halbinsel: mit
einer
verhängnisvollen Ausnahme. Er gewann die Inseln Sardinien, Sicilien, Corsica zurück. Ja, noch mehr: siegreich überschritt
     er die alten Grenzen des Reichs und, da der Kaiser hartnäckig die Anerkennung des gotischen Reiches und Besitzstandes verweigerte,
     trugen, ihn zu zwingen, des Gotenkönigs Flotten bis tief in die Provinzen des oströmischen Reiches Schreck und Zerstörung.
    Italien aber gewann unter seinem milden Scepter, unerachtet des nie völlig erlöschenden Krieges, eine Blüte wie in den Tagen
     Theoderichs. Und es ist bezeichnend, daß die Sage der Goten und Italier den glücklichen König bald als einen Enkel des Numa
     Pompilius oder des Titus oder Theoderichs, bald als dessen zur Wiederherstellung und Beglückung seines Reiches in jugendlicher
     Gestalt auf die Erde zurückgekehrten Genius feierte. Wie der Aufgang der Morgensonne aus dunklem Nachtgewölk, Licht und Segen
     bringend und unwiderstehlich, wirkte seine Erhebung. Die finstern Schatten wichen Schritt für Schritt vor seinem Nahen: Glück
     und Sieg flogen vor ihm her, und die Tore der Städte, die Herzen der Menschen erschlossen sich vor ihm fast ohne Widerstand.
    Die Genialität des Feldherrn, des Herrschers und des Menschen, welche in diesem blonden Jüngling geschlummert hatte, die nur
     von einzelnen, von Theoderich und Teja, geahnt, von niemand in ihrem ganzen Umfang erkannt war, entfaltete sich nun glänzend,
     da sie vollen Flügelraum erhalten. Das Heiter-Jugendliche seines Wesens war in den schweren Prüfungen dieser Jahre, in den
     Schmerzen, die er zu Neapolis, vor Rom erduldet, in der fortwährenden Entbehrung der Geliebten, welche ihm jeder Sieg der
     Byzantiner ferner rückte, zwar nicht ausgelöscht, jedoch in ernstere

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